Stand: 27.08.2025 21:55 Uhr
Am Freitagabend bittet der HSV den FC St. Pauli zum ersten Hamburger Stadtderby in der Fußball-Bundesliga seit 2011, das damals der Kiezclub mit 1:0 gewann. Die Gastgeber setzen auf ihre Fans im ausverkauften Volksparkstadion als zwölften Mann und die Aufstiegseuphorie, haben aber viel Respekt vor dem Gegner, der zuletzt Borussia Dortmund ein Remis abtrotzte.
Als sich beide Hamburger Fußball-Proficlubs am 16. Februar 2011 bis dato zum letzten Mal in Deutschlands Beletage gegenüberstanden, hing im Volksparkstadion noch die legendäre Stadionuhr, auf der die Erstliga-Zugehörigkeit des damaligen Bundesliga-„Dinos“ zu lesen war. Und die HSV-Hymne war seinerzeit noch „Hamburg meine Perle“ von Lotto King Karl, in der andere (weitaus erfolgreichere) Teams verspottet werden. „Wenn du aus Leverkusen kommst, dann lass den Torwart gleich zu Hause“, heißt es da zum Beispiel.
Vergangenheit. Die Uhr wurde nach dem Abstieg 2018 abgehängt und die Hymne ausgetauscht. Nun singen die HSV-Fans vor jeder Partie den Song „Mein Hamburg lieb ich sehr“ von der Band Abschlach! aus vollen Kehlen mit.
Und am Freitagabend (20.30 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) vor dem Duell mit St. Pauli wird es ganz bestimmt noch einmal etwas lauter als sonst werden. Denn: „Wir werden am Freitag nicht elf gegen elf spielen. Sondern wir sind mindestens 50.000 HSVer, die alles dafür geben werden, dass wir den Derbysieg holen. Und das gibt mir ein sehr gutes Gefühl“, sagte Trainer Merlin Polzin.
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Polzin: „Der HSV ist für mich Hamburg“
Für den gebürtigen Hamburger, der als Jugendlicher selbst in der Kurve des Volksparkstadions stand, ist es sein erstes Stadtderby als Chefcoach. Als Co-Trainer hat der 34-Jährige schon einige miterlebt – allerdings in Liga zwei. Ob es nun etwas Besonderes für ihn sei, als Verantwortlicher in diesem stets elektrisierenden Duell an der Seitenlinie zu stehen, wurde Polzin am Mittwoch auf der Pressekonferenz gefragt.
„Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht“, antwortete der Aufstiegscoach. Er war bemüht, seine eigene Rolle herunterzuspielen. Dass die Partie für den Verein, die Anhänger und das Team nicht ein Spiel wie jedes andere ist, verhehlte der Fußballlehrer aber nicht: „Der HSV ist für mich Hamburg, Der HSV ist auch für mich der Norden. Und natürlich ist die Überzeugung bei uns auch da, dass wir dieses Spiel gewinnen können.“
HSV-Coach hofft auf friedliches Derby
Die nach der holprigen Vorbereitung und dem Beinahe-Aus im DFB-Pokal überraschend ordentliche Vorstellung zum Bundesliga-Auftakt am vergangenen Sonntag bei Borussia Mönchengladbach (0:0) trägt ihren Teil dazu bei, dass Polzin und seine Mannschaft sehr selbstbewusst in das Stadtderby gehen.
„Die Jungs sind sehr, sehr bereit für dieses Spiel“, versicherte der Coach. Zugleich betonte der 34-Jährige mehrfach, wie anerkennend er auf den Stadtrivalen blicke. „Wir haben großen Respekt davor, was der FC St. Pauli in den vergangenen Jahren geleistet hat“, sagte Polzin, um dann jedoch kämpferisch zu ergänzen: „Aber der volle Fokus liegt an uns.“
Dem Trainer, der als Jugendlicher eingefleischter HSV-Fan war und das Team auch auf Auswärtsreisen begleitete, war es auch wichtig, einen Appell an die Fans zu richten. Neben aller Rivalität sollte es darum gehen, „dass es sehr friedlich abläuft, was das Stadion angeht, was die An- und Abreise angeht“, so der Coach, das „sollte für uns alle in Hamburg an oberster Stelle stehen.“
Mit einem Remis in Mönchengladbach ist der HSV in seine erste Bundesliga-Saison seit sieben Jahren gestartet. Am Freitag kommt der FC St. Pauli.
HSV-Anhänger treffen sich in Altona, St.-Pauli-Ultras bitten zur „Fanfahrt“
Bei den vergangenen Zweitliga-Derbys hatte die Polizei die Lage jeweils gut im Griff. Auch am Freitag wird sie vor dem Hochrisikospiel im Volkspark wohl wieder mit erhöhter Präsenz versuchen, die Anhänger beider Clubs voneinander fernzuhalten.
Dabei werden die Ordnungshüter natürlich auch die angekündigten Fanmärsche zum Stadion begleiten. Die Anhänger des HSV treffen sich um 15 Uhr am Platz der Republik in Altona, um gemeinsam zum Volkspark zu gehen. Die Ultras des FC St. Pauli haben zu einem Marsch ab 16.15 Uhr vom Millerntorstadion aufgerufen. Dabei handelt es sich genau genommen allerdings eher um eine Fanfahrt. Denn die Bitte der Ultras lautet, mit einem Fahrrad oder Roller zur Arena auf dem Kiez zu kommen.
St. Pauli will Derby-Bann brechen
Im Volksparkstadion werden die Anhänger des Teams von Coach Alexander Blessin – St. Pauli bekam rund 6.000 Tickets – dann klar in der Unterzahl sein. Was sie aber gewiss nicht davon abhalten wird, sehr laut zu sein. Und überhaupt wird und braucht sich St. Pauli beim HSV nicht zu verstecken.
„Es ist ein geiles Ding. Das sucht deutschlandweit seinesgleichen.“
Alexander Blessin, Trainer des FC St. Pauli
Schließlich ist der Kiezclub bereits ein Jahr länger zurück in der Bundesliga als der Stadtrivale und zeigte am vergangenen Sonnabend beim 3:3-Spektakel gegen Dortmund, dass sein Kader wohl noch besser ist als in der insgesamt für einen Aufsteiger sehr überzeugenden Vorsaison. Die Vorzeichen scheinen also günstig für St. Pauli, nach zuletzt drei nicht gewonnen Derbys am Freitag im Volksparkstadion den Bann brechen zu können.
Die Hamburger schienen schon geschlagen zu sein, erzielten jedoch in den letzten Minuten der regulären Spielzeit noch zwei Treffer.
Blessins Strategie: „Mit kühlem Kopf und heißem Herzen“
„Es ist ein geiles Ding. Das sucht deutschlandweit seinesgleichen. Dass jetzt selbst mitzuerleben ist eine große Sache. Und darauf freuen wir uns“, sagte Coach Alexander Blessin, für den es das erste Hamburger Stadtderby ist. Dass seine St. Paulianer zuletzt nicht gegen den HSV gewinnen konnten, spielt für den 52-Jährigen in der Vorbereitung auf die Partie keine Rolle. Seine Strategie lautet: „Mit kühlem Kopf und heißem Herzen rangehen.“
Ein wenig spekuliert Blessin möglicherweise auch darauf, dass der HSV vom Erwartungsdruck seiner Fans erdrückt wird oder emotional überdreht. Dann stünden die Chancen wohl noch besser für den Kiezclub, wie 2011 drei Bundesliga-Punkte aus dem Volkspark zu entführen. Doch die Partie von damals ist laut Blessin bei seinem Team kein Thema. „Wir wollen selbst wieder in die Geschichtsbücher eingehen. Wir wollen unsere eigene Geschichte schreiben“, sagte der Coach kämpferisch.
Die Hamburger zeigen in ihrem ersten Erstliga-Spiel seit sieben Jahren eine starke Defensiv-Leistung und entführen verdient einen Zähler aus dem Borussia-Park.