Es ist die vielleicht wichtigste Deadline für die Sicherheit der Welt! Bis zum 1. September müssen Deutschland, Frankreich und Großbritannien entscheiden, ob sie die Sanktionen gegen den Iran wieder einführen, die vor dem internationalen Atom-Deal mit den Mullahs (2015) in Kraft waren.
Dieser Länder-Club („E3“) muss jetzt festlegen, ob sie den sogenannten „Snapback-Mechanismus“ aktiviert. Der wurde im Atom-Deal (offizieller Name: JCPOA) unter anderem von den damaligen Außenministern Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel (beide SPD) ausgehandelt.
E3 muss jetzt handeln – sonst blockiert Russland
Der Mechanismus sieht ein „Wiedereinschnappen“ der Sanktionen gegen die Mullahs vor – im Einklang mit dem Völkerrecht (Sicherheitsrats-Resolution 2231) und ohne eigene Abstimmung im UN-Sicherheitsrat. Dort würden China und Russland die Strafmaßnahmen höchstwahrscheinlich verhindern.
Sie entscheiden, wie es mit dem Atomprogramm weitergeht: Die Außenminister Jean-Noël Barrot (Frankreich), David Lammy (Großbritannien) und Johann Wadephul (Deutschland) sowie die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas vor einem Iran-Treffen in Genf im Juni
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Der Ball liegt deswegen bei den E3-Ländern, weil die USA die „Snapback“-Sanktionen nicht aktivieren können: Sie sind 2019 aus dem JCPOA ausgetreten (US-Präsident damals: Donald Trump). Die kritische Deadline zum 1. September ergibt sich aus Fristen für möglichen Widerspruch von Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats von insgesamt 40 Tagen. Danach können Sanktionen nur noch über komplizierte Wege und absehbare Blockaden durch Russland (übernimmt im Oktober den Vorsitz im Sicherheitsrat) beantragt werden – mit ungewissem Ausgang.
„Letzte friedliche Option, die Mullahs zu stoppen“
Denn: Am 18. Oktober läuft der JCPOA komplett aus! Dann ist „Sunset“ – „Sonnenuntergang“ für den umstrittenen Atom-Deal und den schnellen Sanktionsweg.
Wie nah der Iran an der Atombombe ist, ist nach dem 12-Tage-Krieg mit Israel vom Juni nicht ganz klar. Klar ist aber, dass die Mullahs mindestens seit 2019 aus Sicht der E3-Länder massiv gegen die Auflagen des Atom-Deals verstoßen haben und sich offenbar auch seitdem weigern, auf ihre Urananreicherung zu verzichten.
Das Iran-Regime verfügt Schätzungen zufolge über erhebliche Mengen – rund 400 Kilogramm – auf 60 Prozent angereichertes Uran. Es blockiert sämtliche Inspektionen vor Ort. Auch die Fernüberwachung durch die UN-Atombehörde IAEA haben sie vor Jahren abgestellt. Heißt: Die Angst wächst, die Mullahs könnten wieder an der Atombombe basteln.
Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) wirbt dafür, dass die Bundesregierung die letzte Möglichkeit für den Snapback nicht verstreichen lässt. „Der Iran hat alle roten Linien überschritten. Mit dem Auslösen des Snapback-Mechanismus kann man den Fehlschlag des Atom-Deals wieder einigermaßen reparieren. Wenn man ihn jetzt nicht stoppt, gibt es danach keine friedlichen Mittel mehr, ihn an den Verhandlungstisch zu bringen“, sagt Beck zu BILD.
Wie der Atom-Deal scheiterte
Der Vertrag habe erhebliche Mängel gehabt, sagt Beck: Er ließ keine unangemeldeten internationalen Kontrollen der iranischen Atom-Anlagen zu und berücksichtigte keine der anderen aggressiven Maßnahmen der Mullahs.
Als Außenminister setzte sich der heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (hier 2016 in Teheran mit dem damaligen Präsidenten der Mullah-Republik Hassan Ruhani) stark für den Atom-Deal ein – heute ist klar: Der Vertrag hat die Expansion der Ultraislamisten im Nahen Osten befördert
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Im Gegenteil habe der Deal eine Aufhebung der damals geltenden Sanktionen bewirkt. Das habe Geld in die Kasse der Mullahs gespült, mit dem sie die ballistischen Raketen entwickelten, die im April 2024 und Juni 2025 auf Israel abgeschossen wurden. Die Islamische Republik finanzierte außerdem ihren „Feuerring“ aus Stellvertreter-Armeen im Libanon, dem Irak, Jemen und Gaza. Sie führten seit Oktober 2023 Krieg gegen Israel.
Snapback-Option wird wohl gezogen
In Genf laufen derzeit Gespräche zwischen iranischen und E3-Unterhändlern. Regierungssprecher Stefan Kornelius sagte am Mittwoch in der Regierungspressekonferenz lediglich, die Snapback-Option liege weiter auf dem Tisch. Die Außenministerien Großbritanniens und Frankreichs äußerten sich nicht.
Der gut vernetzte Journalist Barak Ravid („Axios“) meldet dagegen, dass die Europäer wohl die Snapback-Karte ziehen werden: Ein hochrangiger europäischer Diplomat, der an den Iran-Gesprächen beteiligt ist, habe ihm erklärt: „Die europäischen Staats- und Regierungschefs stehen kurz vor einer Entscheidung über den Beginn des Snapback-Prozesses gegen den Iran. Es bräuchte ein diplomatisches Wunder, um dies zu verhindern.“ Dies bedeute aber noch nicht das Ende der Diplomatie mit der Islamischen Republik Iran.