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Eine Schwachstelle der Nato bei einem Angriff Russlands unter Wladimir Putin wäre die Suwalki-Lücke. Moore und Sümpfe sollen den Moskau-Autokraten abschrecken.
Suwalki – Es ist eine Taktik, die in militärischen Konflikten schon früher angewandt wurde. 1943 überschwemmte die deutsche Wehrmacht die Pontinische Ebene südöstlich von Rom, um die Alliierten auf deren Weg in Richtung Norditalien zu bremsen. Bei der Schlacht um die Schelde diente die Moorlandschaft zwischen dem belgischen Gent, Antwerpen und niederländischer Grenze im Spätherbst 1944 beiden Seiten im Zweiten Weltkrieg als natürliche Hürde.
Rund um die polnische Kleinstadt Suwalki und die nahe litauische Grenze befinden sich etliche kleine Seen sowie teils Sumpflandschaft. Ein Hindernis für Wladimir Putin? © Montage IPPEN.MEDIA / IMAGO / Pond5 Images / SNA
Im Ukraine-Krieg bremste eine überschwemmte Sumpflandschaft die Panzer aus Russland vor Kiew aus. Und auch die Nato bezieht dieses Konzept offenbar bei ihrer Abschreckung gegen das Moskau-Regime von Wladimir Putin in ihre Planungen mit ein. Davon berichtet das US-amerikanische Nachrichtenmagazin Politico. Einmal mehr rückt die Suwalki-Lücke dabei in den Fokus.
Abschreckung gegen Wladimir Putins Russland: Moorlandschaft soll an Suwalki-Lücke helfen
Jener 104 Kilometer lange Landstreifen entlang der polnisch-litauischen Grenze, zwischen dem die Entfernung zwischen russischer Exklave Kaliningrad und Moskaus Verbündetem Belarus am Kürzesten ist. Dem Bericht nach prüfen Nato-Staaten an der Ostflanke des Verteidigungsbündnisses, einst trocken gelegte Moore wieder zu beleben. Dies könne zwei Effekte vereinen. Zum einen würden daraus resultierende Moore und Sümpfe natürliche Barrieren für potenziell feindliche Panzer darstellen.
Zum anderen fangen torfhaltige Moore klimaschädliches Kohlendioxid auf und helfen somit bei der Bekämpfung der Erderwärmung, was eine der maßgeblichen Prioritäten der Europäischen Union (EU) im Rahmen des Klimaschutzes ist. Ausgetrocknete Torfgebiete würden laut Politico stattdessen Treibhausgase freisetzen. Und Panzer versinken dann nicht, sollte ein Ernstfall wirklich eintreten, im Schlamm. So, wie es im Februar und im März 2022 im Ukraine-Krieg nördlich der ukrainischen Hauptstadt mit ihren rund 2,8 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern geschehen ist.
Die Ukrainer hatten den Damm des Irpin-Flusses gesprengt. Vorgelagerte russische Panzer waren durch Überschwemmungen und Schlamm kurzerhand von Nachschub sowie Rückzug abgeschnitten und ein geradezu leichtes Ziel für die vielen eingesetzten Javelin-Anti-Panzerwaffen. Gerade die Landschaft bei der polnischen Kleinstadt Suwalki (etwa 69.000 Einwohnerinnen und Einwohner) und weiter westlich bei Gajewo hat indes etliche kleine Seen, Ufer mit Schilf und Moore zu bieten.
Zur Abschreckung Wladimir Putins: Nato-Staaten setzen an Ostflanke auf die Natur
Also jene Gegend, in der russische Panzer aus Belarus kommend in Richtung Ostsee-Exklave Kaliningrad vorstoßen könnten. So zumindest die Nato-Theorie. Laut Politico erforschen explizit Polen und auch Finnland, ob die Wiederherstellung von Moorlandschaften die Verteidigungsfähigkeit ihrer Länder stärkt. Weitläufige Gebiete entlang der finnisch-russischen Grenze enthielten demnach im Boden einen Torfanteil von bis zu 50 Prozent – oder mehr.
Das Verteidigungsministerium aus Warschau teilte demnach mit, dass durch „Torflandbildung und Aufforstung von Grenzgebieten“, diese auch durch natürliche Maßnahmen stärker befestigt werden sollen. Torf gilt als wirksamer CO2-Speicher in wassergesättigten Lebensräumen. Während die Amerikaner erneut von angeblich „guten Gesprächen“ mit Putins Russland-Regime über eine Ukraine-Waffenruhe berichten und in Deutschland die Debatte über eine Wehrpflicht läuft, setzt so manches Nato-Mitglied in punkto Verteidigung also auf die Natur. (pm)