Publiziert28. August 2025, 04:34

Deutscher Vorschlag: Idee für Turbo-EU-Beitritt sorgt in Bundesbern für rote Köpfe

Der Vizepräsident des Deutschen Bundestags, Omid Nouripour, möchte der Schweiz einen Turbo-Beitritt zur EU ermöglichen. In Bundesbern stösst er damit aber auf wenig Zustimmung.

Kaspar Andreas Schwarzenbach

  • Seit dem Zollhammer aus Washington fordern insbesondere linke Politiker eine engere Zusammenarbeit mit der Europäischen Union (EU).

  • Jetzt erhalten sie mehr als nur Schützenhilfe: Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour möchte einen Turbo-EU-Beitritt ermöglichen.

  • Im Bundeshaus stösst der Vorschlag auf Widerstand: Parlamentarier von Mitte bis SVP sind einem EU-Beitritt gegenüber skeptisch eingestellt.

  • SP-Aussenpolitiker Fabian Molina erklärt, dass die Schweiz «in der EU gut aufgehoben wäre» – allerdings stehe dies derzeit nicht zur Debatte.

Im Interview mit 20 Minuten erklärt der Deutsche Bundestags-Vizepräsident Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen), dass die Schweiz vor dem Hintergrund des Zollstreits mit den USA über einen Turbo-Beitritt zur EU nachdenken sollte: «Der jüngste Zollstreit mit Donald Trump zeigt deutlich, wie verwundbar kleinere Staaten sind. Eine EU-Mitgliedschaft bietet Sicherheit und Beistand in allen Belangen – politisch, wirtschaftlich und militärisch.»

Der Bundestagsabgeordnete ist überzeugt, dass auch andere EU-Staaten ein beschleunigtes Verfahren für die Schweiz unterstützen würden, wenn sich Deutschland dafür einsetze. Im Bundeshaus stösst der Nouripour-Vorschlag allerdings auf wenig Zustimmung: Politiker von SP bis SVP glauben nicht, dass die Schweiz der EU beitreten sollte – allerdings aus unterschiedlichen Gründen.

SP-Molina: «Schweiz wäre in der EU sehr gut aufgehoben, aber …»

SP-Nationalrat Fabian Molina ist ein lautstarker Befürworter der neuen EU-Verträge – und freut sich über die Idee von Omid Nouripour: «Es ist schön zu sehen, dass wir in Europa viele Freunde haben. Stabile, belastbare und enge Beziehungen mit unseren Nachbarn sind enorm wichtig für die Schweiz.»

SP-Nationalrat und Aussenpolitiker Fabian Molina ist der Ansicht, dass die Schweiz in der EU sehr gut aufgehoben wäre – allerdings stehe dies derzeit nicht zur Debatte, weshalb der Fokus zunächst auf dem Paket zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der bilateralen Verträge liegen müsse. (Archivbild)

SP-Nationalrat und Aussenpolitiker Fabian Molina ist der Ansicht, dass die Schweiz in der EU sehr gut aufgehoben wäre – allerdings stehe dies derzeit nicht zur Debatte, weshalb der Fokus zunächst auf dem Paket zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der bilateralen Verträge liegen müsse. (Archivbild)

20min/Matthias Spicher

Derzeit müsse der Fokus aber auf dem «Paket zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der bilateralen Verträge» liegen, das der Stimmbevölkerung schnellstmöglich zur Abstimmung unterbreitet werden müsse: «Ich bin klar der Meinung, dass die Schweiz in der EU sehr gut aufgehoben wäre. Das steht aber im Moment nicht zur Debatte und würde einen Entscheid von Volk und Ständen bedingen.»

Mitte-Bregy: «EU-Beitritt ausgeschlossen»

«Für die Mitte sind gute Beziehungen mit der EU als wichtigste Handelspartnerin zentral, ein EU-Beitritt ist für die Mitte aber ausgeschlossen», sagt Mitte-Präsident Philipp Matthias Bregy. «Der bilaterale Weg hat sich bewährt und entspricht den Bedürfnissen der Schweiz deutlich besser», erklärt der Walliser

FDP-Michel: «EU-Mitgliedschaft geht für die Schweiz zu weit»

Auch FDP-Nationalrat Simon Michel ist überzeugt, dass eine EU-Mitgliedschaft «viel zu weit» gehe: «Die Schweiz ist ein unabhängiges Land: Mit den bilateralen Verträgen übernehmen wir das EU-Recht, das oft sehr weit geht, nur dort, wo wir profitieren und am EU-Binnenmarkt teilnehmen.» Brüssel habe sich mit diesem «Schweizer Sonderweg» arrangiert – entsprechend sei es im Interesse der Schweiz, am bilateralen Weg festzuhalten.

Damit ist auch FDP-Nationalrat Simon Michel einverstanden und möchte am bilateralen Weg festhalten: «Mit den bilateralen Verträgen übernehmen wir das EU-Recht, welches oft sehr weit geht, nur dort, wo wir profitieren und am EU-Binnenmarkt teilnehmen.» (Archivbild)

Damit ist auch FDP-Nationalrat Simon Michel einverstanden und möchte am bilateralen Weg festhalten: «Mit den bilateralen Verträgen übernehmen wir das EU-Recht, welches oft sehr weit geht, nur dort, wo wir profitieren und am EU-Binnenmarkt teilnehmen.» (Archivbild)

20min/Matthias Spicher

Neben der Aktualisierung von Verträgen biete das neue Paket der Schweiz aufgrund des Schlichtungsmechanismus bereits mehr Rechtssicherheit. Ausserdem sei der bilaterale Weg auch mit Blick auf die Mitspracherechte der Königsweg, da die Schweiz bei allen Dossiers bei der Entwicklung der Rechtsakte in Gremien mitsprechen könne: «Es gibt deshalb keinen Grund für die Schweiz, eine EU-Mitgliedschaft in Betracht zu ziehen.»

SVP-Grüter: «Nur für die EU ein Gewinn»

Noch deutlichere Töne stimmt SVP-Aussenpolitiker Franz Grüter an, der gemeinsam mit der SVP an vorderster Front gegen das neue EU-Vertragswerk kämpft: «Doppelt so hohe Löhne, viel tiefere Inflation und ein Drittel der Mehrwertsteuern – die Schweiz ist das Erfolgsmodell, warum sollten wir uns der Krisen-EU anschliessen?» Ein Schweizer EU-Beitritt wäre nur für die «hoch verschuldete EU» ein Gewinn, die mit Schweizer Milliarden ihren Staatshaushalt sanieren wolle, sagt er.

Noch deutlichere Töne stimmt SVP-Aussenpolitiker Franz Grüter an: Ein Schweizer EU-Beitritt wäre nur für die EU ein Gewinn, betont der Luzerner: Föderalismus, direkte Demokratie und das hohe Wohlstandsniveau in der Schweiz wären nicht mehr möglich – «nicht mit den neuen EU-Verträgen und schon gar nicht mit einer EU-Mitgliedschaft.» (Archivbild)

Noch deutlichere Töne stimmt SVP-Aussenpolitiker Franz Grüter an: Ein Schweizer EU-Beitritt wäre nur für die EU ein Gewinn, betont der Luzerner: Föderalismus, direkte Demokratie und das hohe Wohlstandsniveau in der Schweiz wären nicht mehr möglich – «nicht mit den neuen EU-Verträgen und schon gar nicht mit einer EU-Mitgliedschaft.» (Archivbild)

20min/Matthias Spicher

«Die EU ist nicht demokratisch organisiert – das EU-Parlament kann nicht einmal selbst Gesetze lancieren: Das Machtzentrum ist die EU-Kommission.» In der Schweiz hingegen können Gemeinden und Kantone vieles selbst bestimmen und die Stimmbevölkerung kann Initiativen und Referenden ergreifen, erklärt der Luzerner. «Das wäre alles nicht mehr möglich – nicht mit den neuen EU-Verträgen und schon gar nicht mit einer EU-Mitgliedschaft.»

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  • Die Universität Zürich attestiert 20 Minuten in einer Untersuchung, über Abstimmungen in der Schweiz besonders ausgewogen zu berichten.

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