An einer katholischen Schule in Minneapolis sind zwei Kinder im Alter von acht und zehn Jahren erschossen worden. Wie ein anonymer Mitarbeiter des US-Justizministeriums mitteilte, seien bei dem Vorfall an der Annunciation Catholic School insgesamt drei Menschen getötet worden, darunter auch die Schützin, die sich nach aktuellem Ermittlungsstand selbst tötete. Die Polizei geht aktuell von einer Einzeltäterin aus.

Zunächst war in Berichten von einem Schützen die Rede gewesen. Später wurde bekannt, dass es sich um eine trans Person handelte.

17 weitere Menschen seien verletzt worden, darunter drei Erwachsene, teilte der Polizeichef der Stadt Minneapolis, Brian O’Hara, mit. Er gehe davon aus, dass alle Verletzten überleben werden. Bei den Erwachsenen handelt es sich demnach um Senioren, die als Gemeindemitglieder an einer Messe teilnahmen. Die Kinder wurden nach Angaben der Schule in Sicherheit gebracht, an einer Sammelstelle trafen sie auf ihre Angehörigen. 

Suizid: Werther-Effekt

DIE ZEIT geht behutsam mit dem Thema Suizid um, da es Hinweise darauf gibt, dass bestimmte Formen der Berichterstattung zu Nachahmungsreaktionen führen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nennen dieses Phänomen Werther-Effekt, in Anlehnung an Goethes Roman Die Leiden des jungen Werthers, nach dessen Veröffentlichung sich eine Reihe junger Männer das Leben nahm.

Nachdem der deutsche Nationaltorwart Robert Enke 2009 sein Leben beendet hatte, nahm die Zahl der Suizide auf Bahnstrecken in Deutschland zu. Markus Schäfer und Oliver Quiring von der Universität Mainz berichten, dass in den ersten vier Wochen nach Enkes Tod in Deutschland 133 Suizide mehr verzeichnet wurden, als laut der amtlichen Todesursachenstatistik für diesen Zeitraum zu erwarten gewesen wäre (Schäfer & Quiring, 2013).

In der Psychologie gibt es verschiedene Erklärungsansätze für den Werther-Effekt. Als anerkannt gilt vor allem die Theorie des Modelllernens des Psychologen Albert Bandura, die besagt, dass sich Menschen Verhaltensweisen aneignen, die sie zuvor bei anderen Menschen beobachtet haben – besonders wenn sie sich mit der Person identifizieren können.

Berichterstattung

Untersuchungen legen nahe, dass bestimmte Formen der Berichterstattung ein besonders hohes Identifizierungspotenzial bieten und deshalb vermieden werden sollten (Ziegler & Hegerl, 2002). Eine umfassende Untersuchung von Forschern der New Yorker Columbia University hat gezeigt, dass häufige, prominente und reißerische Berichterstattung über Suizide Jugendliche zur Nachahmung motiviert (Gould et al., 2014). Es ist wahrscheinlich, dass soziale Medien den Werther-Effekt noch verstärken, untersucht wurde das bislang nicht.

Die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention rät dazu, keine Fotos oder Abschiedsbriefe der betreffenden Person zu veröffentlichen und heroisierende oder romantisierende Beschreibungen des Suizids zu vermeiden. Das Motiv für die Selbsttötung dürfe höchstens allgemein, aber nicht als nachvollziehbar dargestellt werden. Der Deutsche Presserat empfiehlt ebenfalls Zurückhaltung. Dies gelte insbesondere für die Nennung von Namen und die Schilderung näherer Umstände wie Ort und Methode der Selbsttötung.

Völlig ausklammern wird ZEIT ONLINE das Thema Suizid nicht, da es gesellschaftlich relevant ist und viele Menschen betrifft, etwa schwer an Depressionen Erkrankte oder Angehörige.

Hilfe holen

Suizidgedanken ähneln einem Teufelskreis, der unausweichlich scheint, sich aber durchbrechen lässt. Häufig sind sie eine Folge psychischer Erkrankungen wie Psychosen, Sucht, Persönlichkeitsstörungen und Depressionen, die mit professioneller Hilfe gelindert und sogar geheilt werden können.

Betroffene finden zum Beispiel Hilfe bei der Telefonseelsorge unter den Telefonnummern 0800 1110111 und 0800 1110222. Die Berater sind rund um die Uhr erreichbar, jeder Anruf ist anonym, kostenlos und wird weder von der Telefonrechnung noch vom Einzelverbindungsnachweis erfasst. Direkte Anlaufstellen sind zudem Hausärztinnen sowie auf Suizidalität spezialisierte Ambulanzen in psychiatrischen Kliniken, die je nach Bundesland und Region unterschiedlich organisiert sind. Eine Übersicht über eine Vielzahl von Beratungsangeboten für Menschen mit Suizidgedanken gibt es etwa auf der Website der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.

Suizidgefahr erkennen

Wer den Verdacht hegt, dass ein Freund oder Angehöriger an Suizid denkt, sollte ihn zunächst darauf ansprechen und dabei unterstützen, professionelle Hilfe zu suchen. Wichtig sei es, auf Warnsignale zu achten und diese ernst zu nehmen – etwa 80 Prozent aller Selbsttötungen werden zuvor angekündigt.

Besorgniserregend seien nicht nur klare Suiziddrohungen und -ankündigungen, sondern auch indirekte Äußerungen der Hoffnungslosigkeit wie „Es hat alles keinen Sinn mehr“ oder „Irgendwann muss auch mal Schluss sein“. Zudem könnten bestimmte Verhaltensweisen auf Suizidgedanken hindeuten. So wollen suizidgefährdete Menschen häufig ihre Angelegenheiten ordnen, also zum Beispiel Wertgegenstände verschenken oder ihr Testament aufsetzen. Auch stimmt der Entschluss zur Selbsttötung manche Menschen mit Depressionen ruhiger und weniger verzweifelt, was häufig als Besserung des psychischen Zustands missinterpretiert wird.

Hilfe für Angehörige bietet neben der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention auch der Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker unter der Rufnummer 0180 5950951 und der Festnetznummer 0228 71002424 sowie der E-Mail-Adresse seelefon@psychiatrie.de.

FBI prüft möglichen Terrorakt

Der Gouverneur des US-Bundesstaats Minnesota, Tim Walz, bestätigte die Berichte über die Schüsse auf X und sprach von einem „schrecklichen Akt der Gewalt„. US-Präsident Donald Trump teilte in den sozialen Netzwerken mit, er sei über die Tat informiert und die Bundespolizei FBI sei vor Ort. Als Trauerbekundung ließ er die US-amerikanische Flagge auf halbmast setzen.

FBI-Chef Kash Patel kündigte derweil an, seine Behörde prüfe die Tat derzeit auf einen möglichen Terrorakt. Gegenwärtig werde untersucht, ob es sich um Inlandsterrorismus und ein Hassverbrechen gegen Katholiken handele, schrieb Patel bei X.

© Lea Dohle

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Die Tat hatte sich gegen 8.30 Uhr Ortszeit während eines Gottesdienstes zum Beginn des neuen Schuljahres ereignet. Eine in Schwarz gekleidete Person „in den frühen Zwanzigern“ habe mit mehreren Waffen durch die Fenster der Kirche geschossen und dabei mehrere Kinder und andere Gottesdienstbesucher getroffen, sagte O’Hara. 

Polizei spricht von Manifest der Schützin auf YouTube

Die Schützin hatte nach Polizeiangaben drei Waffen bei sich, die sie legal erworben hatte. In Wohnhäusern, die in Verbindung mit der Schützin stehen sollen, seien weitere Schusswaffen sichergestellt worden. Die Polizei sprach auch von einem Manifest auf der
Videoplattform YouTube. Dieses schien sie demnach am Tatort zu zeigen
und
habe „beunruhigende Texte“ beinhaltet. Informationen über etwaige Vorstrafen der Schützin liegen laut Polizei derzeit nicht vor. 

In den USA kommt es immer wieder zu tödlicher Schusswaffengewalt. Allein in der Stadt Minneapolis hat es seit Dienstagnachmittag laut Angaben der Polizei drei weitere Fälle von Waffengewalt mit insgesamt drei Toten und sieben Verletzten gegeben. Daten der K-12 School Shooting Database zufolge ist es im Jahr 2025 bereits zu 146 Fällen von Schusswaffengewalt an US-Schulen gekommen.

Die regelmäßig an Bildungseinrichtungen auftretenden Vorfälle lösen immer wieder Debatten über eine Verschärfung des Waffenrechts aus. Reformen scheitern jedoch nicht zuletzt am Widerstand der Republikaner und der einflussreichen Waffenlobby. Auch US-Präsident Donald Trump stellt sich strikt gegen eine Verschärfung des Waffenrechts.

Hinweis der Redaktion: In ersten Berichten war noch von einem männlichen Täter die Rede gewesen, inzwischen wurde bekannt, dass es sich um eine trans Person handelt. Wir haben unsere Meldung entsprechend aktualisiert.

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