Wegen Verfahrensfehler
Bundesgerichtshof hebt Urteil im Mordfall Hanna auf

16.04.2025, 20:20 Uhr

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Eine Studentin wird nach einem Besuch eines Clubs im Oktober 2022 tot aus einem Fluss in Bayern geborgen. In einem langen Indizienprozess wird ein junger Mann vor einem Jahr des Mordes schuldig gesprochen. Doch nun muss der Fall neu verhandelt werden.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Urteil des Landgerichts Traunstein gegen einen jungen Mann wegen Mordes an der Medizinstudentin Hanna aufgehoben. Die Karlsruher Richter entschieden, dass der Fall neu verhandelt werden muss, wie der BGH nun mitteilte.

Das Landgericht Traunstein hatte den inzwischen 23-jährigen Sebastian T. im März vergangenen Jahres in einem langwierigen Indizienprozess zu einer Jugendstrafe von neun Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung und Mordes verurteilt. Nach Auffassung der Kammer hatte der damals 20-Jährige die Medizinstudentin am frühen Morgen des 3. Oktober 2022 auf ihrem Heimweg von dem Club „Eiskeller“ in Aschau im Chiemgau aus sexuellen Motiven von hinten angegriffen und dann in einen nahen Bach geworfen.

Die Verteidigung legte Revision ein. Sie sah auch nach mehr als 30 Verhandlungstagen keine Beweise für die Schuld ihres Mandanten und hatte auf Freispruch plädiert. Die Pflichtverteidiger Harald Baumgärtl und Markus Frank sowie die Anwältin Regina Rick hatten die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass die junge Frau, die bei ihrem Tod etwa zwei Promille Alkohol im Blut hatte, ohne fremdes Zutun in den Bach stürzte.

Die 23 Jahre alte Studentin war nach einem Besuch des Musikklubs „Eiskeller“ in Aschau Anfang Oktober 2022 tot aus dem Fluss Prien geborgen worden. Der damals 20-jährige Angeklagte war zur nächtlichen Tatzeit als Jogger vorbeigekommen. Die Vorsitzende Richterin am Landgericht Traunstein sprach damals von einer „Spontantat“ aus sexuellen Motiven. Zu einer Vergewaltigung Hannas kam es jedoch nicht.

Zweifel an Unparteilichkeit geweckt

Der Senat des BGH begründet seine Entscheidung nun mit einem Verfahrensfehler, den auch die Verteidigung im Prozess gerügt hatte. Die Vorsitzende der Jugendkammer hätte an dem Urteil nicht mehr mitwirken dürfen, entschied der BGH. Die Richterin hatte sich Anfang Januar 2024 in E-Mails mit dem Staatsanwalt über die rechtliche Würdigung von Erkenntnissen aus dem Prozess ausgetauscht, die Verteidigung hierüber aber in Unkenntnis gelassen.

Die Verteidigung habe das erst mehr als einen Monat später erfahren, argumentierte der BGH. Die Verteidigung stellte damals einen Befangenheitsantrag, der aber abgelehnt wurde. Dies hielt der Nachprüfung durch den Karlsruher Senat nicht stand. „Mit dem heimlichen Vorgehen konnte beim Angeklagten der Eindruck entstehen, dass die Vorsitzende sich nicht mehr unparteilich ihm gegenüber verhielt“, teilt der BGH nun mit. Nun muss eine andere Jugendkammer des Landgerichts Traunstein den Fall erneut verhandeln. Wann ein neues Verfahren starten könnte, war zunächst offen.