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Darmstadts Oberbürgermeister Hanno Benz (SPD) im Interview.Darmstadts Oberbürgermeister Hanno Benz im Interview. © Rolf Oeser

Der Konflikt um die offene Drogenszene in Darmstadt weitet sich aus. Oberbürgermeister Benz lehnt neue Pläne für eine dauerhafte Fläche im Herrngarten ab. Ein Interview von Claudia Kabel

Der Konflikte um die Drogenszene im Darmstädter Herrngarten führt zu Verwerfungen zwischen Oberbürgermeister Hanno Benz (SPD) und Sozialdezernentin Barbara Akdeniz (Grüne). Die Vorwürfe von Seiten der SPD gewinnen an Schärfe. Gleichzeitig gibt es offenbar neue Pläne für den Außenbereich der Drogenhilfseinrichtung „Scentral“, die selbst den OB überraschen.

Herr Benz, Sie haben geäußert, dass Sie notfalls die Dezernentin Akdeniz von der Aufgabe der Drogenhilfe entbinden, wenn sie die Problemlage nicht in den Griff bekommt. Ist das Vertrauensverhältnis gestört?

Man fragte mich nach meinen Optionen, und ich versicherte, Frau Akdeniz bei der Problemlösung voll zu unterstützen. Als sie mich um Hilfe bat, während Kritik und Druck wuchsen, kam ich dem sofort nach. Mit zunehmenden Beschwerden sagte ich zu, an einem Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern teilzunehmen. Ich nehme auch an den Sitzungen der AG Sicherheit und Prävention teil. Diese enge Zusammenarbeit hätte ich mir von Anfang an gewünscht. Ich erwarte, dass Frau Akdeniz als Fachdezernentin bei Problemen auf mich zukommt.

Sie als Dezernent für Stadtentwicklung sind nicht automatisch über Verzögerungen bei Bauprojekten informiert?

Die Darmstädter Stadtentwicklungsgesellschaft, deren Aufsichtsratsvorsitzender ich bin, betreut derzeit Projekte im Gesamtumfang von zirka 700 Millionen Euro, darunter solche wie das Berufsschulzentrum Nord und die Rheinstraßenbrücke. Über diese müsste ich permanent informiert sein. Das kann nicht funktionieren. Erst wenn es Abstimmungsbedarf gibt, wenden sich die Fachdezernenten an mich.

Es gab also keine Information über den Bauschaden, der letztendlich den Konflikt um die vorübergehend im Herrngarten angesiedelte Drogenszene verursachte?

Nein. Ich wurde weder über besagten Bauschaden noch über die sich dadurch verzögernde Fertigstellung des Außengeländes informiert.

Nun soll die offizielle feierliche Eröffnung am 10. September sein?

Ich sehe keinen Anlass zum Feiern und werde die Eröffnungsveranstaltung absagen.

Der Übergangsaußenbereich im Herrngarten sorgt für Ärger.Temporärer Außenbereich der Drogenszene in Darmstadt. © Claudia Kabel

Das klingt nach einem schweren innerstädtischen Konflikt.

In dieser Lage müssen wir zusammenarbeiten, statt die Verantwortung abzuschieben. Ich bedauere die entstandene Situation. Sie wird weder den Bürgern, die sich zu recht beschweren, gerecht, noch hilft sie den Suchtkranken. Ich hätte mir gewünscht, dass wir gemeinsam Lösungen finden und vorher darüber nachdenken.

Wollen Sie die Drogenhilfe jetzt zur Chefsache machen?

Nun gilt es, rasch Lösungen für den fatalen Fehler zu finden, den Außenbereich zum Parkeingang Frankfurter Straße/Landwehr Straße zu verlegen. Die Verschiebung der Zeltstandorte kann aber nur eine temporäre Maßnahme bis zur Fertigstellung der Außenbereiche sein. Über langfristige Lösungen müssen wir noch beraten.

Was sind die größten Streitpunkte?

Ich lehne es ab, Teile des Herrngartens dauerhaft zu umzäunen und dort eine geduldete offene Szene zu schaffen.

Ist das denn geplant?

Man plant, die Zelte nicht nur vorübergehend zu versetzen, sondern dauerhaft einen Teil des Herrngartens abzugrenzen. So kann die Szene sich im Freien aufhalten und den Hof des Scentrals nutzen, um die Angebote der Drogenhilfe wahrzunehmen. Dazu sollen in den denkmalgeschützten Mauern zwei Durchgänge zum Neubau entstehen. Ich lehne dies entschieden ab. So war es ursprünglich auch nicht vorgesehen.

Diese Idee ist neu?

Vergangenen Freitag traf sich die AG für Sicherheit und Prävention. Man sprach über die vorübergehende Nutzung des Herrngartens. Jetzt höre ich, dass eine dauerhafte Lösung geplant ist. Das halte ich für keine gute Idee.

Warum nicht?

Ich bezweifle, dass die Bürgerinnen und Bürger es akzeptieren, den Herrngarten aufzuteilen und einen Bereich für eine offene Drogenszene zu reservieren. Zudem müsste man die medizinische Betreuung bei Notfällen und die hygienischen Bedingungen gewährleisten.

Wie war der Außenbereich ursprünglich geplant?

Bisher erwähnte man nur eine Nutzung des Außenbereichs im Hof für Klientinnen und Klienten, Mitarbeitende sowie eine Durchfahrt. Die ursprüngliche Planung sah keine separaten Flächen für die Szene außerhalb des Scentrals vor.

Wie reagieren Sie darauf?

Ich habe Kontakt mit dem Verein für Arbeit- und Erziehungshilfe Frankfurt e.V. aufgenommen, einem der größten Träger der Drogenhilfe in Frankfurt, und ihn gebeten, eine Einschätzung der Situation in Darmstadt vorzunehmen und uns zu beraten.

Trauen Sie dem Sozialdezernat die Lösung nicht zu?

Meine Erfahrung ist, dass externer Sachverstand, der solche Situationen mit Abstand betrachtet, sehr hilfreich sein kann. Ich habe mit dem VAE vereinbart, dass er bis zum nächsten Treffen der AG Sicherheit und Prävention Ende September die Lage bewertet und uns Ratschläge gibt, wie wir es besser machen können. So gewinnen wir Zeit, um die aktuelle Situation zu bewältigen und eine Lösung parat zu haben, wenn die Außenanlage im November fertig ist. Dabei möchte ich eines deutlich machen: Alle die ursprüngliche Planung verändernden Maßnahmen, insbesondere Konsumräume, müssen der Stadtverordnetenversammlung zur Beschlussfassung vorgelegt werden.