Der an der Carl-Bolle-Schule in Mitte gemobbte Lehrer Oziel Inácio-Stech hat nun einen Brief an den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) geschrieben. Darin schreibt er: „Ich wende mich heute an Sie in Ihrer Funktion als Regierender Bürgermeister von Berlin, um Sie um Ihre Hilfe in einer dringenden Angelegenheit zu bitten.“ Er verweist auf das queerfeindliche Mobbing an seiner Schule, worüber der Tagesspiegel mehrfach berichtet hatte.
Er appelliert an Wegner „unabhängig von Ihrer persönlichen Beziehung“ zur Bildungssenatorin
Inácio-Stech beklagt, dass Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch, Parteikollegin sowie Lebenspartnerin des Regierenden Bürgermeisters, „bislang weder für Aufklärung gesorgt noch angemessene Konsequenzen gezogen“ habe. Er kritisiert, dass er nach wie vor „keine Rehabilitierung“ erhalten habe. Queerfeindliche Strukturen seien nicht beseitigt worden.
Und weiter: „Ich bitte Sie daher, in Ihrer Rolle als Bürgermeister und als Vorgesetzter von Frau Günther-Wünsch, unabhängig von Ihrer persönlichen Beziehung, für eine umgehende und gründliche Aufklärung meines Falles zu sorgen. Es geht darum, dass Frau Günther-Wünsch als Bildungssenatorin endlich Verantwortung übernimmt und Maßnahmen ergreift, um queerfeindliche Vorfälle nicht weiter zu vertuschen, sondern offen anzugehen. Ich danke Ihnen im Voraus für Ihr Verständnis und Ihre Unterstützung.“
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Der Fall Inácio-Stech beschäftigt seit Monaten Politik und Medien. Am Mittwoch hatten Linken-Politiker die Bildungssenatorin erneut für den Umgang mit dem Lehrer kritisiert und ihr vorgeworfen, dass sie den Vorfall nicht unabhängig habe untersuchen lassen. In einer Pressemitteilung bezeichneten Bildungsexpertin Franziska Brychcy und der queerpolitische Sprecher Klaus Lederer das Verhalten von Günther-Wünsch als „einzige skandalöse Unverschämtheit und Ausdruck von massiver Ignoranz“.
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Ende Juni hatten Abgeordnete von der oppositionellen Linken, Grünen sowie SPD Akteneinsicht zu den Vorfällen an der Carl-Bolle-Schule genommen und kritisiert, dass es in dem Fall ein strukturelles Versagen gegeben habe, da klare Zuständigkeiten gefehlt hätten und Ansprechpersonen nicht qualifiziert mit der Beschwerde des gemobbten Lehrers umgegangen seien. Die Bildungssenatorin hatte daraufhin eine Überarbeitung der Beschwerdestrukturen in der Bildungsbehörde angekündigt.
Wegner äußerte sich auf Nachfrage des Tagesspiegels nicht zu dem Schreiben des Lehrers. Wie es hieß, sei das Schreiben bislang noch nicht in der Senatskanzlei eingegangen.