Der HC Erlangen bleibt der Lieblingsgegner des THW Kiel. Zum Saisonauftakt in der Handball-Bundesliga feierte der deutsche Rekordmeister am Donnerstagabend mit dem 31:29 den 21. Sieg im 21. Spiel gegen die Franken.

Die Dramaturgie des Spiels

Das Wichtigste waren die zwei Punkte. Da waren sich alle Beteiligten des THW einig. In einem Spiel mit Höhen und Tiefen mussten die „Zebras“ bis in die Schlussphase hinein zittern. Nach einem 12:13-Pausenrückstand führten die Gäste zwölf Minuten vor dem Abpfiff schon sicher mit 25:21, ehe es doch noch einmal eng wurde. Erlangen kam beim 26:27 (53.) bis auf einen Treffer heran, ehe sich der THW wieder etwas absetzen konnte und den Vorsprung über die Zeit brachte.

Die Szene des Spiels

Leon Nowottny ballte die Faust und schrie seine Freude heraus. In der 56. Minute hatte der Keeper des THW Kiel einen Wurf von Erlangens Kreisläufer Maciej Gebala gehalten. Es war zwar die einzige Parade Nowottnys – aber eine ganz wichtige. Ein Tor hätte den 28:29-Anschlusstreffer bedeutet und das Spiel wäre vielleicht noch einmal gekippt. „Schön, dass ich der Mannschaft helfen konnte“, freute sich der 20-Jährige, der in der Schlussphase eingewechselt wurde (53.). Weil Kiels Nationaltorhüter Andreas Wolff in den ersten 22 Minuten nach der Pause nur einen Ball halten konnte, beorderte THW-Trainer Filip Jicha den Youngster zwischen die Pfosten. Das war mutig, aber das Vertrauen in Nowottny zahlte sich aus. „Ich bin Filip dankbar, dass er mich gebracht hat.“

Verhinderte gegen Maciej Gebala (Nummer 77) den 28:29-Anschlusstreffer des HC Erlangen: Leon Nowottny (im roten Trikot), der Nachwuchskeeper des THW Kiel.
Foto: Imago/Zink

Verhinderte gegen Maciej Gebala (Nummer 77) den 28:29-Anschlusstreffer des HC Erlangen: Leon Nowottny (im roten Trikot), der Nachwuchskeeper des THW Kiel.Icon MaximizeIcon Lightbox Maximize

SchliessenX ZeichenKleines Zeichen welches ein X symbolisiert

Die Schrecksekunde des Spiels

In der 29. Minute wurde Kiels Lukas Zerbe von Erlangens Sander Överjordet geschubst, fiel zu Boden und fasste sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an den rechten Knöchel. Weil der Rechtsaußen des THW zunächst nicht auftreten konnte, trugen ihn seine Mitspieler Lukas Laube und Harald Reinkind zur Bank, wo er den Rest des Spiels verbrachte. „Das war aber alles halb so schlimm“, gab Zerbe später Entwarnung. „Ich hätte zur Not auch weiter spielen können, wollte aber auch kein Risiko eingehen. Ich denke, bis zum Spiel am Mittwoch gegen Wetzlar sollte ich wieder fit sein.“

Die Szene des Spiels

Tor oder nicht Tor? Das war hier die Frage. Sekunden vor dem Halbzeitpfiff hatte Erlangens Viggo Kristjansson vom eigenen Neun-Meter-Kreis den Ball auf das verwaiste Kieler Tor geworden und getroffen. Doch hatte der Ball noch rechtzeitig die Torlinie passiert? Die Schiedsrichter Thomas Kern und Thorsten Kuschel waren sich nicht sicher und nahmen den Videobeweis. Nach eingehendem Studium der Bilder entschieden sie auf Tor für den HCE, der so mit einer 13:12-Führung in die Pause ging.

Kurios: Mit dem Abpfiff traf Erlangens Milos Kos. Auch hier schauten sich Kern und Kuschel die Szene mehrmals an – und entschieden erneut auf Tor. Das 29:31 war aber nur noch Ergebniskosmetik und änderte nichts am Sieg der Kieler.

Der Spieler des Spiels

Mit acht Toren war Emil Madsen bester Werfer des THW Kiel. Dafür benötigte der Däne allerdings auch 13 Würfe. Doch Madsen übernahm in gewohnter Manier in kritischen Phasen Verantwortung, war vor allem nach der Pause sicher im Abschluss.

Drehte nach der Pause auf: Kiels Emil Madsen (weißes Trikot).
Foto: Imago/Zink

Drehte nach der Pause auf: Kiels Emil Madsen (weißes Trikot).Icon MaximizeIcon Lightbox Maximize

SchliessenX ZeichenKleines Zeichen welches ein X symbolisiert

Das Fazit des Spiels

Das war ein typisches erstes Saisonspiel. Der THW Kiel hat noch reichlich Luft nach oben. Vor allem mit der ersten Halbzeit dürften Trainer Filip Jicha und seine Spieler nicht zufrieden gewesen sein. „Wir haben phasenweise sehr gut gespielt, phasenweise aber auch nicht. So nach 15 Minuten haben wir oft zu früh abgeschlossen, sind immer wieder an Khalifa Ghedbane (Torhüter des HC Erlangen, Anmerkung der Redaktion) gescheitert. Das müssen wir in den kommenden Wochen sicherlich besser machen“, analysierte Kreisläufer Lukas Laube.

Die Stimmen zum Spiel

Viktor Szilagyi (Geschäftsführer des THW Kiel): „Das war ein harter Kampf. Wir mussten alles reinhauen, um hier mit zwei Punkten nach Hause zu fahren. Das war ein klassisches erstes Saisonspiel. Das war aber auch schon so ein bisschen ein Vorzeichen für die ganze Saison, dass es gerade auswärts überall sehr, sehr hart wird.“

Rune Dahmke (Co-Kapitän des THW Kiel): „Erlangen hat nach der letzten verkorksten Saison viel zu beweisen. Man hat gemerkt, dass sie vor eigenem Publikum heiß waren und für eine Sensation sorgen wollten. Wir waren in einigen Situationen zwar fahrig, haben uns aber in der zweiten Halbzeit super zurückgekämpft. Die zwei Punkte sind wichtig, um jetzt erst einmal gut in die Saison zu kommen, der Druck fällt ein bisschen ab.“

Christian Sprenger (Co-Trainer des THW Kiel/vertrat den gesundheitlich angeschlagenen Trainer Filip Jicha auf der Pressekonferenz): „Das war ein intensives Spiel. Diese Punkte waren hart umkämpft. Es hat uns viel abverlangt, die Konzentration hochzuhalten.“

Die Statistik zum Spiel

HC Erlangen: Quenstedt (38.-60., 6 Paraden), Ghedbane (1.-38, 6 P) – Genz (n.e.), Runarsson (4), Kos (4), Nissen, Bialowas (n.e.), Överjordet (2), Scheerer, Firnhaber (n.e.), Bissel (6/4), Metzner (4), Scharnweber (n.e.), Steinert (2), Kristjansson (4/1), Gebala (3)

THW Kiel: Nowottny (52.-60., 1 P), Wolff (1.-52., 6/1 P) – Duvnjak (2), Reinkind, Landin, Överby, Laube (4), Johansson (1), Ankermann (n.e.), Dahmke (1), Zerbe (1/1), Madsen (8), Bilyk (4), á Skipagötu (6), Imre (4/4)

Schiedsrichter: Kern/Kuschel

Zuschauer: 6924

Siebenmeter: 6/5:5/5

Zeitstrafen: 3:2