Viele Arbeitnehmer erleben derzeit, was es heißt, nicht mehr bei einem Großkonzern wie Mercedes-Benz, Porsche, Mahle oder Bosch beschäftigt zu sein. Für Alexander Stanek, Geschäftsstellenleiter beim Personaldienstleister Epos in Stuttgart, zeigt sich das vor allem an einem Punkt: dem Gehalt.

Stanek arbeitet seit mehr als zehn Jahren in der Leiharbeitsbranche. Aktuell betreut er 18 Fachkräfte im kaufmännischen Bereich. Nach eigenen Angaben werden rund 90 Prozent der Menschen, die er vermittelt, später vom Einsatzunternehmen übernommen. Doch nicht alle, die sich bei ihm bewerben, kommen mit den Bedingungen der neuen Arbeitswelt zurecht.

Lieber Arbeitslosengeld als zu niedriges Gehalt

„Vor kurzem kam ein Mann zu mir, der als Vertriebler bei einem bekannten Autozulieferer gearbeitet hatte“, erzählt Stanek. 98.000 Euro Jahresgehalt bei einer 35-Stunden-Woche – das war sein letzter Vertrag. Und genau diese Summe stellte er sich auch für seinen nächsten Job vor. Stanek musste ihm sagen: „Das zahlt bei einer Neuanstellung derzeit keiner mehr.“ Der Mann entschied sich daraufhin, lieber erst einmal Arbeitslosengeld zu beziehen.

Alexander Stanek arbeitet seit zehn Jahren bei dem Personalvermittler Epos in Stuttgart. Er vermittelt kaufmännische Fachkräfte als Leiharbeiter an andere Unternehmen. Foto: Epos GmbH

Solche Fälle seien keine Seltenheit, sagt Stanek. „Viele, die lange bei Bosch, ZF oder Mahle waren, sind riesige Gehälter gewohnt – bei kurzer Arbeitszeit. Die begreifen nicht, dass das nicht mehr der Realität entspricht.“ Ein häufiges Argument lässt er dabei nicht gelten: Wer früher ein hohes Gehalt hatte, hat daraus keinen Anspruch auf ähnliche Summen im nächsten Job. „Der neue Arbeitgeber ist nicht dafür verantwortlich, wenn das Gehalt nicht mehr reicht, um die größere Wohnung zu bezahlen“, sagt er.

Personaldienstleister: Porsche und Co. haben den Markt durch zu hohe Gehälter verzerrt

Auch die Unternehmen hätten seiner Ansicht nach früher mit teils absurden Angeboten den Markt verzerrt. Stanek erinnert sich an eine Controlling-Stelle bei Porsche: 75.000 bis 80.000 Euro für eine 34-jährige Frau. „Ich habe dem Personaler gesagt: Sie sind ja nicht ganz dicht.“ Denn: „Gehälter steigen ja über die Berufsjahre hinweg. Man muss sich mal ausmalen, was die Frau dann in zehn Jahren verdient.“

Heute seien die Erwartungen an Arbeitgeber insgesamt gestiegen – nicht nur beim Gehalt. „Obstkorb, kostenloser Kaffee, Kantine – das ist für viele selbstverständlich“, sagt Stanek. Im Gespräch betone er dann gern: „Im Grundgesetz steht davon nichts.“

Gute Jobs – auch jenseits von Mercedes, Porsche oder Bosch

Doch es gibt auch andere Geschichten. Etwa die eines 58-jährigen Teamleiters, der einst sechsstellig verdiente. Stanek vermittelte ihn an ein Unternehmen, das ihm rund 60 Prozent seines früheren Gehalts zahlte. Der Mann nahm den Job an. „Er war realistisch. Das Haus war abbezahlt, und die neue Arbeit machte ihm Freude.“

Stanek versucht seinen Bewerbern klarzumachen, dass es jenseits von Porsche, Mercedes und Bosch viele gute Arbeitgeber gibt. „Ich sage immer: Nicht nur Porsche ist relevant.“ Doch der Mythos hält sich. „Viele wollen einfach unbedingt da hin. Wer dort arbeitet, ist abgesichert – so die landläufige Meinung.“ Die Realität sei aber: „Die können nicht alle beschäftigen.“