„WW3“ und „Heil Hitler“
–
Steglitz-Zehlendorf will Kanye-West-Songs indizieren lassen
Fr 29.08.25 | 06:11 Uhr | Von Efthymis Angeloudis
Bild: dpa/Evan Vucci
Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf will zwei Songs, in denen Kanye West offen den Nationalsozialismus verherrlicht, auf den Index jugendgefährdender Medien setzen. Doch was heißt das für Streamingdienste wie Spotify und Apple Music? Von Efthymis Angeloudis
Der Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf will zwei Songs des US-Rappers Kanye West, der sich inzwischen Ye nennt, auf den Index jugendgefährdender Medien setzen lassen. Konkret geht es um die Titel „WW3“ und „Heil Hitler“, die antisemitische und nationalsozialistische Inhalte verbreiten. „Wir dulden keinen Antisemitismus – nicht auf der Straße und auch nicht im Streaming“, betont Daniel Eliasson, stellvertretender Fraktionschef der Grünen in der BVV Steglitz-Zehlendorf, im Gespräch mit rbb|24 am Donnerstag.
Auf dem Cover prangt ein Hakenkreuz
Der Antrag hat bereits den Kulturausschuss passiert. In den kommenden Wochen soll er noch im Jugendhilfeausschuss beraten und anschließend in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) beschlossen werden. Ziel ist, dass das Bezirksamt einen Indizierungsantrag bei der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) stellt. „Am Ende trifft natürlich die BzKJ die Entscheidung. Aber wir als bezirkliche Jugendämter sind antragsberechtigt und es gibt keinen Grund, warum wir nicht aktiv werden sollten, wenn wir sehen, dass es dafür Anlass gibt“, erklärt Eliasson.
Besonders im Fokus steht der Song „Heil Hitler“. Am Ende des Stücks ist eine Originalrede Adolf Hitlers zu hören, auf dem Cover prangt ein Hakenkreuz [Deutsche Welle]. Die Songs sind derzeit in abgewandelter Form weiterhin abrufbar. Auf Spotify kursiert etwa eine zensierte Version unter dem Titel „Hallelujah“, in der im Refrain nicht „Heil Hitler“ sondern „Hallelujah“ gesungen wird. „Auf einem Portal hört man aktuell noch ‚Heil Hitler‘ recht deutlich heraus bei einem Chorus-Teil“, sagt Eliasson. „Deswegen erwarte ich auch, dass die BzKJ das prüft und die Plattformen den Titel sperren.“
Indizierung ist keine Garantie für Sperrung
Doch selbst eine Indizierung ist nicht automatisch eine Garantie dafür, dass internationale Streamingdienste die Inhalte in Deutschland auch tatsächlich blockieren. „Eigentlich sind indizierte Inhalte nach deutschem Recht schon heute unzulässig. Internationale Streamingdienste wie Spotify oder Apple Music müssten sich aber nicht daran halten, für die greifen diese Regeln nicht. Aber eigentlich müssen wir darüber reden, was haben wir für Regeln im Jugendmedienschutz, wie müssen wir sie weiterentwickeln und wie können wir das auch verzahnen mit europäischer Gesetzgebung wie dem Digital Services Act?“, sagt Eliasson.
Der Digital Services Act (DSA) ist ein EU-Gesetz, das Online-Plattformen, Suchmaschinen und Streaming-Diensten reguliert, um einen sichereren digitalen Raum für Nutzer zu schaffen und illegale Inhalte zu bekämpfen. Der DSA schreibt aber keine automatische Pflicht zur Löschung bestimmter Inhalte vor.
„Es gibt eben keine Durchgriffsmöglichkeiten gegenüber Spotify oder Apple Music“, sagt Eliasson und verweist darauf, dass derzeit vor allem der gute Wille der Streamingdienste greife. „Am Ende haben wir jetzt gerade vielleicht das Glück, dass wir Anbieter haben, denen auch ihre Reputation wichtig ist und die dann vielleicht auch tatsächlich handeln. Aber wenn morgen Elon Musk einen Streamingdienst aufmacht, dann schauen wir blöd aus der Wäsche.“
Kanye West provoziert mit Nazi-Inhalten
West, der in der Vergangenheit schon durch antisemitische Äußerungen aufgefallen ist, hatte seinen Song auch über die Plattform X (ehemals Twitter) verbreitet. Das Video erreichte dort Millionen Aufrufe, obwohl sein Account zuvor mehrfach gesperrt worden war. Adidas hatte bereits 2022 die Zusammenarbeit mit Wests Modemarke Yeezy beendet.
„Früher habe ich Kanye West selbst gern gehört“, räumt Eliasson ein. Man hätte aber klar gesehen, dass West ein Mensch sei, der unter psychischen Krankheiten leidet und nicht Hilfe von seinem Umfeld bekomme. „Aber inzwischen ist das kein wirres Zeug mehr, sondern ganz brutaler, ganz harter Antisemitismus und NS-Verherrlichung.“
Eine Verbannung aus den Streamingdiensten berge aber auch die Gefahr, diese Inhalte noch attraktiver zu machen, so Eliasson: „Die einzige Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, ist Bildung. Es braucht Bildungsprogramme an Schulen, die lebensnah und an aktuellen Entwicklungen entlang arbeiten.“ Eliasson kritisiert aber, dass die Berliner Bildungsverwaltung zuletzt Projekte im Bereich Antisemitismus-Prävention gekürzt habe.
„Diesen Antrag zu unterstützen kostet nichts. Und deswegen bin ich mir sicher, dass auch der Berliner Senat das begrüßen wird“, sagt Eliasson. „Wenn es aber um Maßnahmen geht, die auch Geld kosten, muss sich der Senat an seinen Taten messen lassen – und da habe ich bisher nichts Gutes gesehen.“
Beitrag von Efthymis Angeloudis