Tanz-Company „Flying Steps“: Künstlerische Wunderkerzen funkeln durch das Wintergarten-Varieté

Ein Artist hängt mit seinem ganzen Körper in einem Metallrad, einem sogenannten Cyr-Wheel. Damit wirbelt er elegant, mal kreuz und quer, mal senkrecht, mal in der Diagonalen, so rasant über die Bühne, dass einem beim Zuschauen schon schwindlig wird. Er wird mitsamt dem Rad hoch in die Luft gezogen, schwingt hin und her, von den Seiten blitzen blaue Laserstrahlen, hinter ihm flimmert ein leuchtender Sternenhimmel über die Leinwand.

Es scheint, als fliege der Cyr-Wheel-Artist Jeka Dehtiarov schwerelos durchs All. Das ist nur eine von vielen Illusionen, die die Kombination aus Licht und Bewegung erzeugen können. Die Show „Flying Lights“ lotet mit einem wahren Ideen-Feuerwerk aus, was die Fusion alles möglich macht.

Zum Beispiel eine Art „Fliegenden Robert“, der vor einer Wand aus Lichtregen scheinbar gegen den Sturm ankämpft und mitsamt Regenschirm fast in die Horizontale gepustet wird. Oder eine Tänzerin, die von Männern im weißen Arztkittel Lichtspritzen verabreicht bekommt und sich im Streetdance-Style in einen mechanisch tanzenden Roboter verwandelt. Gruselig futuristisch wirkt das. Es sind Nummern wie diese, die in unglaublicher Fülle zweieinhalb Stunden lang auf die Zuschauer niederprasseln und manchmal auch den Atem stocken lassen. Wie dann, wenn einer der beiden Segura Brothers seinen Bruder auf dem Rücken liegend mit den Füßen in die Luft katapultiert und der oben noch einen Salto nach dem nächsten hinlegt, als wäre sein Körper aus Gummi. Wie geht das?!

Wintergarten-Regisseur Rodrigue Funke und Vartan Bassil von den Flying Steps haben zusammen mit dem Choreografen Jeffrey Jimenez eine Show auf die Beine gestellt, in der auf fast wundersame Weise urban Breakdance, Akrobatik, Musik und Lichtkunst auf der Varieté-Bühne zu einer Einheit verschmelzen. Geradezu atemlos gehen die Show-Einlagen ineinander über: Fliegender Wechsel in „Flying Lights“. Eingebettet wird das Ganze in eine aus dem Off erzählte Geschichte des Lichts. Wo wir auch erfahren, dass Edison das Licht nicht erfunden hat. Nein – es war tatsächlich schon immer da. Er hat es nur „in ein Glas gesperrt“.

Urkomisch und zugleich berührend wird es, als ein Clown zum Seifenblasen-Magier wird: Im Zeitlupentempo jongliert er mit seinen Seifenblasen und zaubert auch noch eine schillernde Seifenblase in die andere. Passend musikalisch untermalt von einem Akkordeon, während kraftzehrende Akrobatik-Kunststücke von treibenden Elektro-Beats begleitet werden und manchmal auch ein live gespieltes Cello zum Einsatz kommt.

Dass die Premiere im Wintergarten Varieté von ein paar Pannen begleitet wird, fällt nicht weiter ins Gewicht. Live ist live. Wenn man sich im Dunkeln meterhoch und meterweit entfernt voneinander leuchtende LED-Jonglier-Keulen zuwirft, kann schon mal die eine oder andere auf dem Boden landen. Und dass der eigentliche Höhepunkt der Show, bei dem drei Motorradfahrer durch eine Gitterkugel mit nur knapp vier Metern Durchmesser rasen, aus technischen Gründen nicht stattfinden kann und stattdessen „nur“ zwei Biker durch die überdimensionale Discokugel düsen: Geschenkt. Die „Flying Lights“-Show ist ein multimediales Spektakel, in dem das Wintergarten Varieté seine künstlerischen Wunderkerzen zum Funkeln gebracht hat.

Sendung: rbb24 Inforadio, 29.08.2025, 7:55 Uhr

Beitrag von Silke Mehring