Um die Zuschauer in die Kinosäle zu locken, setzten Filmproduzenten seit jeher auf technische Gimmicks. Dreidimensionale Bilder kamen hierbei mehrfach in Mode, vor allem bei sommerlicher Popcorn-Ware.

Wenn etwas beim ersten Mal erfolgreich, aber nicht von langer Dauer war, dann versucht man es bei passender Gelegenheit eben noch einmal damit. Und danach noch einmal. Zumindest dann, wenn man optimistisch gesinnt und in eine bestimmte Idee vernarrt ist – und vielleicht auch etwas Sturheit hinzukommt. Oder gar Verzweiflung.

Ein Ort, an dem diese Vorgehensweise häufig praktiziert wird, ist Hollywood. Alte Konzepte aus der Schublade zu holen, um sie mit neuen technischen Möglichkeiten zu recyceln und dann in neuem Gewand zurück auf die Leinwand zu bringen, war und ist in der amerikanischen Filmmetropole seit jeher an der Tagesordnung. So führte die Einführung des Tonfilms ab 1928 zu einer Welle von Remakes der Stummfilme, die erst wenige Jahre zuvor in den Kinos zu sehen waren.

Mit dem Aufkommen des Farbfilms ab Mitte der 1930er-Jahre wiederholte sich das Ganze: Nun wurden Schwarz-Weiß-Klassiker in bunten Versionen neu verfilmt. Und für ein weiteres multiples Déjà-vu in Hollywood sorgte die 3D-Technik. Dreimal setzten diverse Filmproduzenten im Wettstreit miteinander und in Konkurrenz zu anderen Medien auf dreidimensionale Bilder, um das Publikum in die Kinosäle zu locken: in den 1950er-Jahren, in den 80ern und dann noch einmal ab den späten Nullerjahren. Aber alle drei Male ebbte die Welle an 3D-Filmen nach einem kurzen Boom bald ab, und das nicht ohne Grund. Doch der Reihe nach.

Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts war das Stereoskop populär, das der britische Erfinder Charles Wheatstone erdacht hatte: Ein handlicher Apparat mit zwei Gucklöchern, durch die man mit einer Doppelkamera aufgenommene Fotos betrachten konnte. Dem linken und dem rechten Auge wurden dabei zwei in der Perspektive leicht verschobene Teilbilder vorgesetzt, sodass ein dreidimensionaler Seh-Eindruck entstand. Danach experimentierten auch Filmemacher immer wieder mit stereoskopischen Verfahren für bewegte Bilder und führten entsprechende Kurzfilme vor, die aber technisch noch wenig ausgereift waren.

Erst zu Beginn der 1950er-Jahre war 3D kinotauglich (zumindest einigermaßen), und als der Low-Budget-Abenteuerfilm „Bwana, der Teufel“ (im Original „Bwana Devil“) 1952 trotz vernichtender Kritiken ein enormer Hit an den Kinokassen wurde, stürzten sich diverse Hollywood-Produzenten förmlich auf die Technik. Denn just zu dieser Zeit waren die Filmstudios in Bedrängnis geraten: Die Konkurrenz des neuen Mediums Fernsehen hatte zu einem massiven Zuschauerschwund in den Filmtheatern geführt, sodass die Filmemacher händeringend nach Möglichkeiten suchten, um das Publikum wieder weg von der heimischen Couch zu locken. Das führte zur Einführung von imposanten Breitbildverfahren wie CinemaScope und Cinerama, besseren Tonsystemen – und zum 3D-Boom.

Dutzende 3D-Filme wurden nun in rascher Folge produziert, und zunächst schien die Rechnung aufzugehen. 1953 kamen die Zuschauer in Scharen, um den Thriller „Mann im Dunkel“ („Man in the Dark“) des Studios Columbia, den Horrorfilm „Das Kabinett des Professor Bondi“ („House of Wax“) von Warner Bros., Paramounts Kostümfilm „Sangaree“ oder den Science-Fiction-Schocker „Gefahr aus dem Weltall“ („It came from Outer Space“) der Universal Studios zu sehen.

Neben aufwendiger produzierter Ware kam eine Flut so hastig wie billig hergestellter Streifen eher unbekannter Regisseure in die Kinos. Darunter der berühmt-berüchtigte Reißer „Robot Monster“, der in nur zwei Wochen heruntergekurbelt und vom kleineren Studio Astor Pictures vertrieben wurde. Bis heute schafft es dieser (damals höchst profitable) Film regelmäßig auf Listen der schlechtesten Filme aller Zeiten.

Aber auch die ganz Großen konnten sich dem Hype nicht entziehen: So bestand Produzent Jack Warner 1953 darauf, dass Alfred Hitchcock seinen neuen Film „Bei Anruf Mord“ („Dial M for Murder“) für dessen Filmstudio in 3D drehen sollte – obwohl der Meisterregisseur dies nicht wollte. Denn die Technik hinderte ihn daran, die Standorte und Winkel der Kamera frei zu bestimmen, worauf er großen Wert legte. „Hitchcock fühlte sich furchtbar behindert und frustriert, weil er den Film in 3D drehen musste“, erinnerte sich Hauptdarstellerin Grace Kelly später. Die Größe der Kamera war „gigantisch“ und ein steter Quell von Frustration. Obwohl zum Drehen des auf einem Theaterstück basierenden Thrillers nur eine Studiodekoration verwendet wurde, musste Hitchcock die Hälfte der Dreharbeiten mit Proben zubringen, die wegen des schwierigen technischen Verfahrens notwendig wurden.

Als sich der Regisseur für die Titelsequenz die Großaufnahme einer Hand wünschte, die eine Telefonnummer wählt, winkten die Techniker ab: Mit der stereoskopischen Farbkamera war eine solche Detailaufnahme nicht scharf zu bekommen. Doch Hitchcock bestand auf dieser Aufnahme, also mussten die Ausstatter kreativ werden und eine riesige Telefon-Wählscheibe mitsamt einem enormen hölzernen Finger bauen.

Das Publikum hatte sich schnell „sattgesehen“

Als der Film 1954 schließlich in den Kinos anlief, wurde er vielerorts ironischerweise gar nicht in 3D gezeigt, sondern in herkömmlichen 2D-Fassungen. Denn nicht nur die Filmemacher, auch die Kinobetreiber waren zunehmend genervt von der komplizierten und fehleranfälligen Technik. Zwei Projektoren waren zum Vorführen eines 3d-Films notwendig, die absolut synchron laufen mussten – was nicht immer gelang. Waren die Geräte nur geringfügig aus dem Takt, war das Filmbild ein Garant für Augen- und Kopfschmerzen beim Publikum.

Letzteres hatte sich zu dieser Zeit hinsichtlich 3D ohnehin schon „sattgesehen“. Der Reiz des Neuen war verflogen, und viele Zuschauer mochten es nicht, beim Filmgenuss eine spezielle Brille tragen zu müssen. So schnell wie der 3D-Boom begonnen hatte, so rasch implodierte er auch wieder. Zwar entwickelten Techniker und Filmemacher in den Jahren darauf neue Verfahren und produzierten entsprechende Filme, aber 3D führte nun wieder ein Nischendasein.

Erst zu Beginn der 1980er war die Zeit dann reif für die zweite 3D-Welle in Hollywood. Eine neue Generation von Filmemachern und Zuschauern war herangewachsen, und einmal mehr setzten die Produzenten – nun in Konkurrenz zu den neuen Videotheken und Kabel-TV-Kanälen – verstärkt auf Schauwerte. Es war die Ära der großen Entertainment-Blockbuster, die von Regisseuren wie Steven Spielberg und George Lucas geprägt wurde.

Vor allem dem Horror-Genre wurde nun vielfach die dritte Dimension verordnet, wobei einmal mehr eher der 3D-Schauwert als eine originelle Handlung im Vordergrund stand, was dem Erfolg zunächst aber keinen Abbruch tat. So brachte das Studio Embassy Pictures 1982 den Reißer „Der Killerparasit“ („Parasite“) heraus, der für nur einige Hunderttausend Dollar produziert worden war, an den Kinokassen aber mehrere Millionen einspielte.

Spielbergs Horror-Klassiker „Der weiße Hai“ (Jaws) von 1977 wurde nach dem mäßigen Sequel des Regisseurs Jeannot Szwarc aus dem Jahr 1978 jetzt ein zweites Mal wiederverwertet: 1983 veröffentlichte Universal den dritten Teil des Hai-Schockers, gedreht von Regisseur Joe Alves in 3D. Die Kritiker waren entsetzt, ordentlich Kasse machte der Film dennoch. Genauso wie die Horror-Sequels „Und wieder ist Freitag der 13.“ („Friday the 13th Part III“) von Paramount Pictures und „Amityville 3-D“ von Orion Pictures. Doch wie zuvor in den 1950ern trat das dreidimensionale Kino bald wieder weitgehend in den Hintergrund, Mitte der 1980er war der Spuk erneut vorbei, auch wenn etwa IMAX-Filmtheater weiterhin auf 3D setzten, um vor allem Dokumentarfilmen neben ihrem übergroßen Filmformat einen zusätzlichen Schauwert zu verleihen.

Zwei Jahrzehnte später war es die Digitalisierung, welche die Filmindustrie wie auch viele weitere Branchen und Lebensbereiche umkrempelte, und sie sorgte dabei auch für die dritte große 3D-Filmwelle. Zwar setzen bis heute einige Traditionalisten unter den Filmemachern auf das althergebrachte Zelluloid, aber das Gros der Filmindustrie stieg ab den Nullerjahren um. Digitales Drehen und Projizieren der Filme brachte ein schärferes Bild ohne Verschleißerscheinungen, es vereinfachte Herstellungs- und Distributionsprozesse und senkte für die Studios die Kosten. Und es brachte eine deutlich bessere 3D-Technik, die nun auch nicht mehr so störanfällig war.

James Camerons 3D-Fantasy-Epos „Avatar“, produziert von 20th Century Fox, wurde 2009 zum bis heute erfolgreichsten Film aller Zeiten, eine Flut von 3D-Ware folgte. Doch wie zuvor ebbte diese bald ab. Zwar erscheinen bis heute einige Blockbuster weiterhin dreidimensional, darunter Camerons „Avatar“-Sequels, aber der Boom ist vorbei. Ein Hauptgrund dabei ist weiterhin, dass die Zuschauer genervt von den 3D-Brillen sind. Daher forscht man in Hollywood an einem brauchbaren Verfahren, das die lästigen Sehhilfen überflüssig macht. Sollte dies gelingen, dann folgt womöglich bald die vierte große 3D-Welle.

Martin Klemrath ist Managing Editor bei WELTGeschichte. Zu seinen Themenschwerpunkten zählen die Geschichte der USA, Technikgeschichte, Kulturgeschichte und Zeitgeschichte.