Die Mehrzahl der EU-Staaten will erst nach einem Waffenstillstand ukrainische Soldaten in der Ukraine ausbilden. Bei Beratungen am Freitag in Kopenhagen zeigten sich viele EU-Verteidigungsminister für eine entsprechende Änderung des Mandats der Ausbildungsmission der Europäischen Union offen. Nach Angaben von Teilnehmern machten einige Staaten auch nationale Vorbehalte geltend. Keine Unterstützung fand die Forderung der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas, schon jetzt die Mission in die Ukraine hinein auszuweiten. Sogar Estland und Lettland äußerten sich dazu reserviert. Nur Litauen unterstützte den Vorstoß der früheren estnischen Ministerpräsidentin.
Kallas hatte vor dem Treffen der Zeitung „Welt“ gesagt, die Regierung in Kiew wünsche sich eine Ausbildung auf ihrem Gebiet, „weil dann praxisnäher trainiert werden kann und die dringend benötigten Soldaten nicht mehr für mehrere Wochen außer Landes sind“. Sie sei deshalb für eine Ausweitung des Mandats. Spezialausbildungen für ukrainische Soldaten, etwa im Bereich Logistik, könnten aber weiter auf dem Boden der EU stattfinden. In Kopenhagen gestand sie ein, dass dies nicht ausreichend Unterstützung findet. „Es besteht Interesse an einer Ausbildung, wenn es einen Waffenstillstand gibt“, sagte sie.
Frankreich und Litauen würden eigene Ausbilder entsenden
Die Mission EUMAM Ukraine wurde Ende 2022 eingerichtet und hat seither 80.000 ukrainische Soldaten für den Krieg gegen Russland ausgebildet. Das Mandat der Mission, die bis Ende nächsten Jahres verlängert wurde, sieht eine Ausbildung nur auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten vor. Das könnte nur mit einem einstimmigen Ratsbeschluss geändert werden, wozu auch Deutschland bisher nicht bereit war. Die Staaten könnten aber eine bilaterale Vereinbarung mit Kiew treffen. Frankreich und Litauen zeigten sich mehrmals zur Entsendung eigener Ausbilder bereit, doch blieb es bei Ankündigungen. Inzwischen fassen die Europäer eine Unterstützungstruppe für Kiew ins Auge, die nach einem Waffenstillstand im Westen des Landes stationiert werden soll und dort auch Soldaten ausbilden könnte. Dafür könnte das jetzige Mandat angepasst werden.
Der niederländische Verteidigungsminister Ruben Brekelmans sagte in Kopenhagen, ein Waffenstillstand sei eine „Bedingung“ für die Ausbildung in der Ukraine. Sein belgischer Kollege Theo Francken nannte das Risiko „zu hoch“ unter den jetzigen Umständen, in das Land zu gehen. Hanno Pevkur aus Estland sprach von einer „gewaltigen Operation“, was die Logistik und die Sicherheit angehe: „Zuerst müssen die Ukrainer darauf vorbereitet sein.“ Auch nach einem Waffenstillstand müsse man damit rechnen, dass Russland sich nicht daran halte. Die litauische Verteidigungsministerin Dovilė Šakalienė gestand zwar ein, dass die Lage wegen der russischen Bombardements gefährlich sei. Gleichwohl beteuerte sie: „Wir müssen da sein, wo uns die Ukraine benötigt und wo wir tatsächlich so wirksam wie möglich sein können.“
In Kopenhagen waren nur 17 der 27 Mitgliedstaaten mit ihren Ressortchefs vertreten. Die großen Staaten Deutschland, Frankreich, Italien schickten Staatssekretäre oder Botschafter. Boris Pistorius nahm am Ministerrat in Toulon teil.