Mitten in München gibt es das größte Volksfest der Welt im Kleinen. Und zwar ganz kommod auf einer Etage: mit Fässern und Schlegel für den Anstich, Biermadln und Rössern. Wenn die Blasmusik aufspielt, dann höchstens so laut, dass man sich noch gepflegt unterhalten kann. Um einen Platz muss man nicht rangeln, abgezockt wird keiner, und es besteht auch nicht die Gefahr, dass einem ein Promilleopfer vor die Füße speit. Kurzum: Das Oktoberfestmuseum ist der perfekte Ort für erklärte „Wiesn“-Hasser – und überzeugte Anhänger.

Selbst die Leidenschaftslosen haben Anregendes vor sich, denn in den beiden oberen Stockwerken an der Sterneckerstraße 2 wird genauso die Geschichte des Bieres erzählt. Von den frühen Brauern im alten Babylon, wo 2400 vor Christus eine der ersten Rezepturen aus Weizen, Malz und vergorenem Gewürzbrot in eine Steinplatte geklöpfelt wurde, über die sehr hopfenaffinen Klosterbrüder bis in die Hauptstadt des Gerstensafts mit sechs Großbrauereien. Das sind die bekannten Marken, die auch das überwiegend im September gefeierte Oktoberfest dominieren.

Museum im ältesten Bürgerhaus der Stadt

Dass das Museum mit der Augustiner-Brauerei zu tun hat, merkt man nicht, da die Konkurrenz ebenso von der Partie ist, ob durch die Porträts der Münchner Bierbarone oder die schönen alten Emaille-Werbeschilder. Unten in der Gaststube, respektive im Museumsstüberl wird es dann offenkundig. Aber so weit sind wir noch nicht, denn selbst das gerade arg gehypte alkoholfreie Augustiner Helle will verdient sein, das Knödelgröstl oder der Schweinsbraten sowieso. Und vom Automaten mit den Eintrittskarten geht es hinterm Schankraum auch gleich steil und ziemlich weit die sogenannte Himmelstreppe hinauf.

Auf diesem Werbeschild wird Bier von der Krankenschwester serviert.Bild vergrößern

Auf diesem Werbeschild wird Bier von der Krankenschwester serviert. (Foto: Christa Sigg)

Sie ist der mittelalterlichen Bauweise geschuldet, das Museum befindet sich seit 2005 im ältesten Bürgerhaus der Stadt, einige Holzbalken verweisen auf das Jahr 1340. Der Ankauf durch die Edith-Haberland-Wagner-Stiftung vor 25 Jahren hat das Anwesen vor dem Verfall bewahrt. Oder vor einer Luxussanierung. Die Stiftung ist Mehrheitseignerin der Brauerei und – das darf man ruhig sagen – unterstützt zahlreiche kulturelle und soziale Projekte in und um München.

Im Rausch von Hopfen und Malz

Ein Bier- und Oktoberfestmuseum lag bei diesem Hintergrund fast auf der Hand, und die Lage zwischen Marienplatz, Viktualienmarkt und Isartor ist ideal. Für die Einheimischen wie die Touristen. Durch die Neugestaltung vor drei Jahren ist alles luftiger und heller geworden, Vitrinen sind sparsam eingesetzt, Wandtafeln vermitteln nur so viel wie nötig. Einiges ist ja auch selbsterklärend, gerade wenn man historische Objekte aus der Bierherstellung zeigen kann. Und manche Traditionen haben sich über die Jahrhunderte und noch länger gehalten. So galt Bier bereits im alten Ägypten als Grundnahrungsmittel, neben Brotrationen sind damit die Arbeiter beim Pyramidenbau entlohnt worden.

In den Klöstern im Mittelalter galt Bier als Grundnahrungsmittel.Bild vergrößern

In den Klöstern im Mittelalter galt Bier als Grundnahrungsmittel. (Foto: Christa Sigg)

Es ist überhaupt amüsant, welche Verrenkungen immer wieder unternommen wurden, um die Wichtigkeit des Hopfen- und Malzgebräus zu unterstreichen. Im Rausch ist der Steinzeitsüffler den Göttern nah, und wenn Mönche mit einem Vaterunser auf den Lippen den Sud rühren, dann heiligt das ohnehin schon das Ergebnis. Wobei der Trinkgenuss und das ganze Drumherum die schönsten Szenen beschert. Ewigdurstige Bierdimpfel, heimlich pichelnde Patres, explodierende Fässer und zweimal sechs Maß stemmende Kellnerinnen sind einfach eine Schau.

Das wird in der Etage weiter unten nur noch von einer Hochzeit übertroffen: Fünf Tage lang sind der bayerische Kronprinz Ludwig (der spätere König Ludwig I.) und Therese von Sachsen-Hildburghausen im Oktober 1810 mit einem Volksfest gefeiert worden. Beendet wurde das Spektakel mit einem Pferderennen – vor den Toren der Stadt auf der heutigen Theresienwiese. Die Landeskinder huldigten dem Paar in ihren jeweiligen Trachten, jetzt huldigt man dem Bier und den Hendln und den Fahrgeschäften, von denen es ein paar herrliche Details in die Ausstellung geschafft haben. Hinter Gucklöcher tun sich Miniaturen von Teufelsrad oder Hexenschaukel auf, und spätestens vor dem Zerrspiegel ist auch der heftigste „Wiesn“-Hasser weich geworden wie ein Obazder in der Sonne.

Bier- und Oktoberfestmuseum, Sterneckerstraße 2 in München, geöffnet: Mo.-Sa. 11-19 Uhr. Mehr auf: www.bier-und-oktoberfestmuseum.de, Gruppenführungen mit Bierverkostung möglich unter www.museumsstueberl.com