DOMRADIO.DE: Das Marienfeld liegt außerhalb von Köln in Kerpen. Trotz einer Busverbindung war das ein ziemlicher Fußmarsch, oder?

Marianne Bauer (Leiterin des Fachbereichs Geistliches Leben, Bibel und Liturgie im Erzbistum Köln): Ja, es war wirklich ein sehr langer Weg. Das Marienfeld grenzt nicht direkt an eine Straße, sondern man musste noch ein großes Stück über Feldwege gehen. Wir waren eine ganze Weile unterwegs.

DOMRADIO.DE: Erinnern Sie sich noch an das Gefühl, als Sie 2005 als junge Erwachsene auf dem Marienfeld standen?

Bauer: Es war schon gigantisch, allein die Ausmaße von diesem Feld. Man muss bedenken, dass die Woche davor schon sehr intensiv war, weil viele Gäste in all unseren Pfarrgemeinden waren. Während der Woche selber hat man wenig mitbekommen, weil man ständig damit beschäftigt war, zu organisieren. 

Dieses Wochenende dann selber als Teilnehmerin oder Teilnehmer erleben zu dürfen, war ein sehr bewegendes Gefühl. Es war ein Riesenausmaß von Gruppen, die kamen und von allen Seiten dazu strömten. Das war ein krönender Abschluss.

Marianne Bauer

„Das ist ein Gefühl, das kann man kaum in Worte fassen.“

DOMRADIO.DE: Samstagabend war die Vigil mit eucharistischer Anbetung und Lichterprozession. War das mit der Masse an Menschen möglich? War es still?

Bauer: Ich habe mehrere Weltjugendtage erlebt und die Vigil ist immer der beeindruckendste Höhepunkt der Weltjugendtage. Wenn man das selber nicht erlebt hat, glaubt man kaum, wie andächtig, still und berührend gerade diese Vigilfeier sein kann. 

Eine Million Menschen waren zusammen und haben sich letztlich versenkt in der Anwesenheit des Herrn. Dann brennen nur die Kerzen und es ist dunkel. Man sieht die Monstranz leuchten, beziehungsweise die Altarbühne auf dem Marienfeld. Alles ist total konzentriert. Das ist ein Gefühl, das kann man kaum in Worte fassen.

DOMRADIO.DE: Was hat Sie mehr berührt, die vielen Jugendlichen in Stille oder der neue deutsche Papst, der oben auf dem Hügel stand?

Bauer: Es war schon beides. Ich habe mehrere Weltjugendtage erlebt, insofern war die Vigil keine neue Erfahrung für mich, aber es ist immer wieder beeindruckend. 

Es war aber auch eine Riesenwelle der Begeisterung, wenn man bedenkt, dass Papst Benedikt erst kurz vorher zum Papst gewählt worden war. 

Ich weiß gar nicht genau, wer es war, aber ich glaube, Kardinal Meisner war es, der sagte, es sei ein Weltjugendtag mit zwei Päpsten. Einer, der eingeladen hat und der vom Himmel zuschaut. Der andere ist hier bei uns auf der Erde. Ich kann mich erinnern, dass es eine große Welle war, sowohl als er in Köln mit dem Schiff ankam als auch auf dem Marienfeld. Es war der deutsche Papst bei einem deutschen Weltjugendtag.

Marianne Bauer

„Die Leute waren hungrig, den Leuten war kalt, die Nacht war kurz, und trotzdem hat der Glaube hindurch getragen.“

DOMRADIO.DE: Die Vigil ging bis Mitternacht und die Jugendlichen schliefen auf dem Feld. Am Sonntagmorgen um 10 Uhr war die Abschlussmesse. Wie anstrengend war die Messe nach dieser kurzen Nacht?

Bauer: Die war sehr anstrengend, zumal die Nacht nicht nur kurz, sondern auch sehr kalt war. Das ist etwas, woran sich viele erinnern. Mitten im August hatte man mit anderen Wetterverhältnissen gerechnet. 

Die Leute waren hungrig, den Leuten war kalt, die Nacht war kurz, und trotzdem hat der Glaube hindurch getragen. Das ist schon faszinierend.

Marianne Bauer

„Auch die Dankbarkeit, die Fröhlichkeit der Gäste und die Unkompliziertheit des Glaubens bleibt in Erinnerung.“

DOMRADIO.DE: Erinnern Sie sich gerne an diese Erlebnisse auf dem Marienfeld?

Bauer: Absolut. Es ist eine Sache, mit einer Gruppe in ein anderes Land zu fahren, um den Weltjugendtag zu erleben. Es ist eine andere Dimension, selber dabei zu sein, mitzudenken, mitzuplanen, mitzuorganisieren, Gastgeber zu sein und dann so einen Abschluss zu erleben. 

Auch die Dankbarkeit, die Fröhlichkeit der Gäste und die Unkompliziertheit des Glaubens bleiben in Erinnerung. Es ist nichts passiert, sowohl während der Woche als auch im Marienfeld. Außer, dass die Leute müde waren und die Wege lang. Der Rückweg war gefühlt noch mal viel länger. Das ist etwas, glaube ich, das kaum ein anderes Großereignis dieser Welt von sich behaupten kann.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Weltjugendtag

Der Weltjugendtag (WJT) wird von der katholischen Kirche ausgerichtet und geht auf eine Initiative des heiligen Johannes Paul II. (1978-2005) zurück. Seit 1985 lädt das katholische Kirchenoberhaupt jährlich junge Christen aller Erdteile zu einem Treffen unter einem bestimmten Motto ein. Der erste offizielle Weltjugendtag fand in Rom statt. 

Ziel des internationalen Großtreffens ist es, jungen Menschen die Gelegenheit zu geben, das „junge und aktuelle Geheimnis der Kirche im gemeinschaftlichen Erlebnis von Pilgerfahrt, Gebet, Meditation und Gottesdienst zu entdecken“.