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Der Transfer-Irrsinn boomt unaufhörlich. Wo Eintracht Frankfurt und der VfB Stuttgart finanziell jubeln, kann Borussia Mönchengladbach nur zuschauen.
Mönchengladbach – 85 Millionen Euro für Omar Marmoush, 95 Millionen Euro für Hugo Ekitiké. Binnen eines halben Jahres hat Eintracht Frankfurt ein Sturm-Duo der Extraklasse für astronomische Summen abgegeben. Seit dieser Woche mischt auch der VfB Stuttgart mit, da Nick Woltemade für bis zu 90 Millionen Euro zu Newcastle United wechseln wird. Was das alles mit Borussia Mönchengladbach zu tun hat?
Gladbachs Sportchef Roland Virkus wartet vergebens auf riesige Millionen-Einnahmen. © IMAGO/Norbert Jansen / fohlenfoto
Die Fohlen waren zwischen 2011 und 2019 der Vorreiter von Vereinen wie der Eintracht, wobei sich der Erfolg im direkten Vergleich in Grenzen hielt. Borussia zog dreimal in die Champions League ein, Frankfurt gewann dafür 2018 den DFB-Pokal und 2022 die Europa League. Was Fans und Verantwortlichen lieber gewesen wäre, liegt auf der Hand.
Gladbach war ein Musterbeispiel für die Bundesliga
Dennoch galt Gladbach unter der Leitung von Ex-Sportdirektor Max Eberl als Paradebeispiel für gelungenes Kadermanagement und Werte-Entwicklung. Die konsequent steigenden Preise auf dem Transfermarkt lassen einen aber auch zur These verleiten, dass die Fohlen ein Jahrzehnt zu früh erfolgreich waren.
Bis heute liegt der Gladbacher Transfer-Rekord bei jenen 45 Millionen Euro, die der FC Arsenal 2016 für Granit Xhaka gezahlt hat – ein halber Woltemade also. Die Top-Fünf komplettieren Thorgan Hazard (25,5 Millionen Euro), Jannik Vestergaard (25 Millionen Euro), Manu Koné (18 Millionen Euro) und Marco Reus (17 Millionen Euro).
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Bei Koné war einst über eine Ablösesumme von bis zu 40 Millionen Euro spekuliert worden, doch dafür hätte Borussia in der Bundesliga wesentlich besser abschneiden müssen. In Bezug auf die übrigen Top-Transfers werden Fans sagen: Damals mag das viel Geld gewesen sein, gemessen an den heutigen Summen ist das aber ein Witz.
Gleichwohl ist Gladbach selbst dafür verantwortlich, keine weiteren Rekorde aufgestellt zu haben. Im Sommer 2020 standen für Denis Zakaria 50 Millionen Euro im Raum, doch von einem Verkauf wurde abgesehen. Als Marcus Thuram 2021 für 35 Millionen Euro zu Inter Mailand wechseln sollte, wurde er trotzdem aufgestellt und verletzte sich in der Bundesliga folgenschwer.
Darüber hinaus ist Gladbach schon zum Ende der 2010er-Jahre von der Eintracht abgelöst worden. Die Hessen nahmen 2019 für Luka Jović und Sébastien Haller kumuliert 113 Millionen Euro ein. Sturm-Stars dieser Kategorie gab es bei Borussia nie, das Geld wurde meist auf anderen Positionen eingespielt.
Früher kassierte meist nur Borussia Dortmund so richtig ab
Nichtsdestotrotz sind Ablösesummen in den vergangenen Jahren exorbitant gestiegen. Bei einem Blick auf die 20 Rekordverkäufe der Bundesliga stammen nur sechs Transfers aus den 2010er-Jahren. Wird der Transfer von Woltemade offiziell, werden es noch fünf sein.
Zudem durfte sich Borussia Dortmund in der Vergangenheit als einziger Bundesligist über derart hohe Einnahmen freuen. Im Jahr 2017 wickelte Schwarzgelb ein 145-Millionen-Paket mit dem FC Barcelona für Ousmane Dembélé ab, 2018 wanderte Pierre-Emerick Aubameyang für 63,75 Millionen Euro zum FC Arsenal ab, 2019 ging Christian Pulisic für 64 Millionen Euro zum FC Chelsea.
Die anderen Spitzentransfers der 2010er-Jahre: Der damalige DFB-Pokalsieger und Vizemeister VfL Wolfsburg verkaufte Kevin De Bruyne für 75 Millionen Euro an Manchester City. RB Leipzig, seit der Gründung gut betucht, gab Naby Keïta 2018 für 60 Millionen Euro an den FC Liverpool ab. Und dann kam 2019 der oben erwähnten Transfer von Jović zu Real Madrid zustande.
Jović war seinerzeit die absolute Ausnahme, heute sind Summen dieser Größenordnung für die Eintracht fast schon Usus. Die Beispiele Marmoush, Ekitiké, Randal Kolo Muani (wechselte 2023 für 95 Millionen Euro zu Paris St. Germain) und nun Woltemade in Stuttgart zeigen: Nicht mehr nur die absoluten Spitzenvereine dürfen sich auf einen warmen Geldregen freuen.
Diesen durfte Gladbach zwar beim Xhaka-Transfer erleben, der Regen fiel aus heutiger Sicht allerdings milde aus. Während die Konkurrenz in ungeahnte Höhen vorgestoßen ist, sind für die Fohlen nach einigen schwerwiegenden Fehlentscheidungen schon zehn Millionen Euro sehr viel Geld. Wer weiß, wohin sich dieser Klub entwickelt hätte, wäre sein Stern erst 2020 aufgegangen …