Die Berliner Innenverwaltung will auch in Zukunft mehrfache Nationalitäten von Tatverdächtigen und Opfern in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) nicht erfassen. „Hat eine Person neben der deutschen mehrere Staatsangehörigkeiten, so hat die deutsche den Vorrang“, teilte sie auf Nachfrage mit. Sie verwies auf bundesweit verbindliche Regeln, nach denen die PKS erstellt werde.
Wie am Donnerstag bekannt wurde, will Nordrhein-Westfalen als erstes Bundesland davon abweichen und doppelte Staatsangehörigkeiten in Bezug auf Straftaten gesondert erfassen und auswerten. Innenminister Herbert Reul (CDU) begründete den Schritt mit mehr Transparenz und einer besseren Kriminalitätsbekämpfung.
Aus der Berliner Landespolitik kamen am Freitag gemischte Reaktionen zum Vorstoß aus NRW. Burkhardt Degger, Innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, nannte das Vorgehen einen „erwägenswerten Ansatz“. „Man wird schwerlich vertreten können, dass Erkenntnisgewinne als etwas Schlechtes abzulehnen sind“, sagte Degger weiter. Es werde mehr Transparenz für die Sicherheitsbehörden, aber auch für die Öffentlichkeit geschaffen.
Das ist strikt abzulehnen.
Martin Matz, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, zum Vorstoß von NRW
Dagegen äußerte sich der Koalitionspartner kritisch. „Von dem Vorschlag von Herrn Reul halte ich gar nichts“, sagte Martin Matz, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Die AfD versuche, die Union dahin zu treiben, dass deutsche Staatsangehörige mit zweierlei Maß gemessen werden. „Das ist strikt abzulehnen. Wer die deutsche Staatsangehörigkeit per Geburt oder später erworben hat, zählt in der Statistik als Deutscher“, sagte Matz.
Zudem betonte Matz, dass man eingebürgerte Berlinerinnen und Berliner darauf hinweise, dass der deutsche Pass im Ausland und der ausländische Pass in Deutschland keine Bedeutung habe. So könnten diese bei Straftaten nicht mit konsularischer Unterstützung des anderen Landes rechnen. „Das unterstreicht: In Deutschland sind sie ausschließlich Deutsche“, sagte Matz weiter.
Stephan Weh, Berliner Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), forderte, die Erfassung von doppelten Nationalitäten auch in Berlin umzusetzen. „Bei politischen Straftaten kann die Dokumentation von Mehrfachstaatsangehörigkeiten in bestimmten Fällen von Vorteil sein – zum Beispiel, um internationale Verflechtungen besser zu erkennen oder Fluchtgefahren realistisch einzuschätzen“, sagte Weh.
GdP-Sprecher: „Für Alltagsdelikte ist der Nutzen überschaubar“
Auch im Bereich der politischen und grenzüberschreitenden Kriminalität könne die Erfassung ein Plus sein, weil sie Ermittlern zusätzliche Ansatzpunkte liefere. „Für viele Alltagsdelikte hingegen ist der Nutzen überschaubar“, so Weh weiter.
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Für die Polizei zähle demnach vor allem, ob zusätzliche Daten die Ermittlungen wirklich voranbringen. Gleichzeitig dürfe die Kenntnis über doppelte Pässe nicht dazu führen, dass Menschen pauschal unter Generalverdacht gestellt werden.