Im Kern ging es lediglich um die Feststellung von Personalien. Dennoch waren am Donnerstagmorgen rund 700 Polizistinnen und Polizisten im Zusammenhang mit der Durchsuchung des teilbesetzten Hauses in der Rigaer Straße 94 im Einsatz. Die Polizei sollte im Auftrag des Gerichts feststellen, welche Personen aktuell die Immobilie bewohnen.
An der eigentlichen Razzia nahmen jedoch nicht alle 700 Kräfte teil, wie ein Polizeisprecher noch am Tag des Einsatzes betonte: Rund 200 Beamtinnen und Beamte waren direkt vor Ort, weitere 500 an verschiedenen Orten in Bereitschaft, um bei möglichen Gegenreaktionen eingreifen zu können. „Es geht darum, dass wir an anderen Stellen mit Reaktionsverhalten aus dem linken politischen Spektrum rechnen müssen“, sagte der Sprecher dem Tagesspiegel. Man müsse „flexibel auf Einsatzlagen reagieren können“.
Polizeigewerkschaft sieht Großaufgebot kritisch
Tätig geworden ist die Polizei nicht aus eigenem Antrieb: Der Eigentümer der Immobilie hatte die Durchsuchungsbeschlüsse erwirkt. Dieser muss für geplante Räumungsklagen nachweisen zu können, wer in dem Haus wohnt. Das zuständige Gericht stellte in dieser Angelegenheit Amtshilfe bei der Polizei, erklärt Stefan Weh, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Berlin.
Dass dies zu solch einem Aufgebot führt, sieht auch der Polizeigewerkschafter kritisch: „Das ist eigentlich nicht die originäre Aufgabe der Polizei. Wir sind eigentlich dafür da, Straftaten zu verhindern. In diesem Fall ging es jedoch um die Datenerfassung für ein Gerichtsverfahren”, sagt Weh. Inbesondere vor dem Hintergrund steigender Belastungen für die Berliner Polizei müsse man sich fragen, „was Polizei im Kern leisten kann, soll und muss“, so Weh.
Das teilbesetzte Haus in der Rigaer Straße gilt als eine der letzten Bastionen der linksradikalen Szene in Berlin. Die meisten Einsatzkräfte waren laut Polizeipressestelle im Nahbereich des Einsatzortes positioniert, also in Kreuzberg und Friedrichshain. Die befürchtete Gegenwehr blieb jedoch aus: Die Bewohnerinnen und Bewohner leisteten keinen Widerstand, auch weitere Reaktionen hielten sich in Grenzen.
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Am Abend kam es lediglich zu einer spontanen Protestkundgebung in der Nähe der Rigaer Straße. Nach Angaben der Polizei wurden Einsatzkräfte wiederholt vom Dachbereich mit Feuerwerk beschossen, getroffen wurde dabei eine unbeteiligte Person. Sie blieb nach Polizeiangaben unverletzt. Die Versammlung wurde gegen 20.40 Uhr beendet.