K-Pop-Tänze sind in den sozialen Medien weit verbreitet und werden häufig von Fans imitiert. Um den koreanischen Trend näher kennenzulernen, hat Volontärin Svea Carlsen einen Selbstversuch bei einem K-Pop Kurs Level I in der Tanzbühne Bramsche gemacht und einfach mitgetanzt.
Als ich an diesem Freitag um 18 Uhr die Tür zum Tanzstudio öffne, dringt Musik nach draußen. Eine Gruppe junger Mädchen tanzt zu einem Popsong mit viel Bass. Das Tanzstudio ist länglich, die linke Seite besteht aus lauter Spiegeln. Der Vorraum füllt sich mit Mädchen unterschiedlichen Alters – ich bin mit etwas Abstand die älteste hier.
Erfahrungen im Hiphop-Tanzen bringe ich mit, die liegen allerdings schon einige Jahre zurück. Könnte jedoch von Vorteil sein, denn im K-Pop verbinden sich auch Elemente aus dem Hiphop wie das Popping. Ich habe eine gewisse Vorstellung von dem, was auf mich zukommt, doch auf dem neusten Stand bin ich nicht wirklich.
Offene Haare gehören zum K-Pop dazu und sind Teil einer ausdrucksstarken Choreografie.
Foto: Christian Senft
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Ein Auftritt wie ein K-Pop-Star
„Beim K-Pop liegt der Fokus auf der Performance“, erzählt mir Trainerin Shirley Jil Wehmann zu dem Tanzstil. Es gehe darum, mit Mimik und Körpersprache dem Tanz Ausdruck zu verleihen. Dazu wird auch Lip-Sync benutzt, also lautloses Mitsingen der Liedtexte. Shirley trainiert seit vier Jahren die K-Pop-Kurse Level I und II für jeweils eine Stunde jeden Freitag, von 18 bis 20 Uhr. „Beim Tanzen ist man in dem Charakter des K-Pop-Stars und fühlt sich auch so“, sagt die 23-Jährige.
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Das sehe ich auch an den Outfits der Tänzerinnen. Die wenigsten tragen Sporthosen. Stattdessen: Weite Jogginghosen, Baggy Jeans-Shorts oder auch kurze Hosen-Röcke. Einige Mädchen im Kurs haben sich aufwändig geschminkt, inklusive der Trainerin Shirley. Ich fühle mich in meiner Sportleggings etwas underdressed, aber das verfliegt schnell.
Bis zu 25 Teilnehmer in den verschiedensten Outfits hat der K-Pop Level I Kurs jeden Freitag.
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Bis zu 25 Teilnehmer sind normalerweise im K-Pop Kurs, bei der sommerlichen Hitze mit 27 Grad fehlen an diesem Freitag ein paar. Die Ventilatoren und eine Klimaanlage geben ihr Bestes, den Raum auf „Tanz-Temperatur“ zu kühlen. Alle stellen sich versetzt in Reihen auf, sodass jeder Trainerin Shirley sehen kann. Wir fangen an, die heutige Choreografie zu lernen.
Bei schnellem Tempo kommt es auf Genauigkeit an
Der K-Pop Song „Dirty Work“ von der Girlgroup Aespa ertönt in voller Lautstärke aus der Musikanlage. Mir fällt direkt auf: Das Tempo ist sehr schnell. Um mich herum erkennen einige Mädchen den Song. Der Teil des Lieds, zu dem wir tanzen, wird komplett auf Englisch gesungen, sodass ich den Text verstehen kann, anders als die koreanischen Sätze am Anfang.
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Shirley erklärt in Abschnitten die einzelnen Schritte, wobei wir zwischendurch die gelernten Teile mehrfach wiederholen. All das langsam und zunächst ohne Musik. Einige Basic-Schritte sind mir bekannt, den Rest lerne ich währenddessen.
Nach einer Drehung bin ich als Erste fertig, weil ich einen Schritt ausgelassen habe, um vermeintlich mitzuhalten. Ich bemerke, dass nicht alle Bewegungen schnell hintereinander folgen, sondern auf die genaue Zählzeit geachtet werden muss. Es ist nicht egal, ob auf „eins“ oder „eins und“ der Schritt gemacht wird.
Die Tanzschritte passend zur Musik auszuführen, erfordert Konzentration.
Foto: Christian Senft
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Individuelle Ausführung mit fliegenden Haaren
Die Schritte sind auf Worte oder Sounds im Lied abgestimmt und Shirley weist darauf hin, an welchen Stellen passende Kopfbewegungen dazugehören. „Ihr müsst die nicht alle gleich machen, sondern so, wie es sich für euch zur Musik richtig anfühlt“, sagt sie.
Getanzt wird mit offenen Haaren, denn die Choreografie beinhaltet Kopfbewegungen, bei denen die Haare fliegen sollen. Das verleiht dem Tanz mehr Ausdruck. In der Hitze gestaltet sich das allerdings schwer, denn statt zu fliegen, kleben mir die Haare an der Stirn fest.
Die Schritte werden Stück für Stück gelernt und danach wiederholt.
Foto: Christian Senft
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Bei dem ersten Durchlauf mit Musik wird glücklicherweise das Tempo verlangsamt. Die Mädchen vor mir in der ersten Reihe sind erprobt, der erste Durchlauf mit Musik läuft reibungslos und den Ausdruck haben sie auch drauf. Eine von ihnen ist Michelle Lorenz. Die 19-Jährige tanzt seit Beginn der K-Pop Gruppe 2021 mit und lernt in ihrer Freizeit selbst Tänze über TikTok und postet Videos von sich.
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Sie stieß über ein Lied im Radio der bekannten Boygroup BTS auf K-Pop. Das hat ihr Interesse geweckt und sie meldete sich beim K-Pop-Tanzkurs an. Zu der Zeit hat sie bereits in der Tanzbühne Hiphop getanzt. Zwischenzeitlich gab es sogar eine Gruppe, die an Contests teilgenommen hat, doch die hat sich aufgelöst.
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Im Gegensatz zu den anderen funktioniert es bei mir nicht direkt. Als wir mit der Hüfte wackeln, bin ich genau entgegengesetzt zur Gruppe. Einige Schritte tanze ich zu hektisch, zwischendurch lasse ich etwas weg. Immerhin komme ich trotzdem mit.
Nach zahllosen Wiederholungen werden die Bewegungsabläufe besser und ich verinnerliche, welcher Schritt nach dem anderen kommt. Zum Abschluss teilt sich die Gruppe in der Hälfte auf, eine tanzt vor und die andere schaut zu.
Mein Fazit zu K-Pop
Meine Hiphop-Erfahrung hat sich immerhin ausgezahlt, denn ich konnte die Schritte schnell lernen und Fehler direkt korrigieren. Meine Ausführung war nicht auf dem Niveau eines K-Pop-Stars, doch Spaß gemacht hat es auf jeden Fall. Was ich gelernt habe: Es geht nicht darum, die Schritte möglichst akkurat nach zu tanzen, sondern die Musik zu fühlen und die Rolle des K-Pop-Stars einzunehmen. Dazu gehört eine ausdrucksstarke Mimik und das lautlose Mitsingen der englischen Textabschnitte.
Der passende Ausdruck im Gesicht gehört zur Verkörperung der K-Pop-Stars dazu.
Foto: Christian Senft
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Jeder kann dabei seinen eigenen Stil einfließen lassen, denn lockere Schritte lassen Raum für Interpretation. Von einer Performance bin ich noch weit entfernt. Als wir lässig zur Seite laufen, denke ich schon an die nächsten Schritte. Meinem Gesicht kann man die Konzentration ablesen – von „locker“ und „lässig“ fehlt jede Spur. Zu sehen, wie die anderen Tänzerinnen all das mit Leichtigkeit abliefern beeindruckt mich.
Sechs von ihnen bleiben nach der Tanzstunde noch für den Level II Kurs, dort werden anspruchsvollere Choreos getanzt. Häufig werden dazu Lieder von Boygroups verwendet, da die noch schneller sind, erzählt mir Michelle Lorenz. Das, was ich gelernt habe, zähle zu den einfacheren Tänzen. Während mir noch der Kopf schwirrt, geht die Musik mit dem nächsten K-Pop-Lied an und motiviert tanzen die Mädchen weiter.