Das Bundesinnenministerium hat den Vorschlag Nordrhein-Westfalens, in der Kriminalstatistik nun auch doppelte Staatsbürgerschaften bei Verdächtigen und Opfern zu erfassen, gelobt. Das sei „nachvollziehbar und sinnvoll“, sagte eine Sprecherin.
„Die Erfassung sämtlicher Staatsangehörigkeiten führt zu mehr Transparenz“, sagte das Haus von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU). Ob und wann das in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) des Bundes eingeführt werden könnte, scheint aber offen: „Um entsprechende Daten in der Bundes-PKS erfassen zu können, ist die Abstimmung mit allen Ländern notwendig“, so die Sprecherin: „Hierfür bedarf es einer konsensualen Entscheidung im Kreis aller Länder und des Bundes, was in der Vergangenheit bei anderen Kriterien teilweise erhebliche Zeit in Anspruch genommen hat.“
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte diese Woche angekündigt, dass rückwirkend zum 1. Juli doppelte Nationalitäten erfasst werden sollen. „Wer die Realität sehen will, muss sie auch messen. Darum müssen wir Mehrfachstaatsangehörigkeiten künftig in der Kriminalstatistik berücksichtigen“, sagte Reul der Rheinischen Post. Zudem könnten mehrere Staatsangehörigkeiten im Hinblick auf Haftgründe Anhaltspunkte für eine eventuelle Fluchtgefahr und für Fluchtmöglichkeiten sein.
Tatsächlich ist NRW bisher das einzige Bundesland, das Mehrfach-Nationalitäten für die Kriminalstatistik erhebt. Bisher werden in der bundesweiten Kriminalstatistik deutsche Verdächtige mit einem weiteren Pass als deutsche Tatverdächtige geführt. Aus dem bayerischen Innenministerium hieß es, das sei ein interessanter Ansatz. „Wir werden uns, sobald erste Ergebnisse aus dem Vorgehen in Nordrhein-Westfalen vorliegen, diese genauer anschauen“, sagte eine Sprecherin.
„Deutscher oder Deutsche ist, wer die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt“
Kritik am Vorgehen von Reul kommt derweil aus Niedersachsen. Sie sehe nicht, worin der Erkenntnisgewinn oder der Mehrwert für die Polizeiarbeit liegen solle, sagte Innenministerin Daniela Behrens (SPD) dem Spiegel. Auch politisch halte sie „die Richtung dieser Debatte für grundfalsch“. Deutscher oder Deutsche sei, wer die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, da gebe es und da dürfe es keine Abstufungen geben.
In Niedersachsen werde daher nichts an der bisherigen Praxis geändert. Im Rahmen der Innenministerkonferenz habe das Thema der generellen Erfassung mehrfacher Staatsangehörigkeiten in der Polizeilichen Kriminalstatistik bisher keine Rolle gespielt.
© Lea Dohle
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Zuvor äußerten sich auch die Grünen kritisch, die mit Reuls CDU in NRW regieren. Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Julia Höller, hatte sich von dem Erlass an die Polizeibehörden klar distanziert: Das Vorgehen bringe „keinerlei Erkenntnisgewinn für die Arbeit der Polizei und zahlt ein aufs Konto der völkisch denkenden AfD.“ Auch die Gewerkschaft der Polizei in NRW hatte die Neuerung kritisiert.
Gemäß den Richtlinien der Polizeilichen Kriminalstatistik obliegt es den Landeskriminalämtern, die statistischen Daten jeweils zu erfassen, aufzubereiten und an das Bundeskriminalamt (BKA) zu übermitteln. „Entscheidungen zur bundeseinheitlichen PKS-Erfassung bei allen Verbundteilnehmern werden in der Kommission PKS getroffen“, sagte ein BKA-Sprecher auf Anfrage.