„Es war ein kalter Novembertag im Jahr des Herrn 1225. Ein feuchter Wind fegte durch das Bergische Land und in den Wäldern raschelte das Laub wie das Flüstern einer kommenden Schuld.“

So unheimlich und düster beginnt ein kurzer Videobeitrag (Youtube: Beyenburg Kurier) einer Andacht von Bruder Dirk, Mönch im Kloster Beyenburg, über die Ermordung von Engelbert, Erzbischof von Köln und Stellvertreter des Deutschen Kaisers Friedrich II. „Er war der zweitmächtigste Mann im Reich“, betont Bruder Dirk. „Diese Geschichte ist im Laufe der Zeit untergegangen“, bedauert er. Daher will er sie wieder ins öffentliche Bewusstsein holen.

Geboren wurde Engelbert 1185 oder 1186 auf Schloss Burg. Sein älterer Bruder übernahm nach dem Tod des Vaters die Grafschaft, Engelbert schlug als Zweitgeborener eine Karriere als Geistlicher ein. Schon früh hatte er hohe geistliche Ämter in Köln, 1217, mit 32 oder 33 Jahren, wurde er Erzbischof von Köln.

Sein Vetter lauert ihm in einem Hohlweg auf

2018 starb sein Bruder. Im Streit um die Nachfolge setzte sich Engelbert durch. Er begann einen Ausbau von Schloss Burg. Außerdem hatte er enge Verbindungen zu Kaiser Friedrich II., wurde von diesem 1220 zum Reichsverweser, also Vertreter des Kaisers in dessen Abwesenheit, ernannt. Als so mächtiger Mann geriet er mit anderen in Konflikt, was in seiner Ermordung endete.

Bruder Dirk ist fasziniert, dass ein Ereignis von dieser Bedeutung ganz in der Nähe Wuppertals passiert ist – und auch eine Berührung mit Wuppertal-Beyenburg hat: Geschehen ist der Mord in einem Hohlweg auf dem heutigen Stadtgebiet von Gevelsberg. Als Engelbert am 7. November 1225 auf dem Weg von Soest nach Köln ist, kommt er dort vorbei und gerät in einen Hinterhalt.

Sein Vetter Friedrich von Isenberg lauert ihm mit mehreren Männern auf. Denn mit ihm und weiteren Adeligen lag Engelbert im Streit. Dabei ging es um die weltliche Verwaltung von Klöstern und Stiften, etwa des Damenstifts in Essen. Die Verwaltung lag in der Hand des Adels, was ihnen auch Einnahmen brachte. Engelbert versuchte dessen Macht einzuschränken, weil sie die Untertanen dabei zu sehr ausnutzten. Bruder Dirk sagt: „Er hat die Klöster beschützt.“ Bei einem großen Treffen in Soest hat Engelbert versucht, eine Einigung mit den Adeligen zu erreichen, was aber scheitert. Daraufhin fassen Friedrich von Isenberg und weitere Adelige den Entschluss zum Überfall: Sie greifen Engelbert in dem Hohlweg an, dessen Begleiter fliehen.

Der Erzbischof wurde so schwer verletzt, dass er starb. Ob das so beabsichtigt war, ist umstritten, möglicherweise sollte er nur entführt werden. Moderne Untersuchungen an den erhaltenen Knochen Engelberts erbrachten 47 Verletzungen, die die Knochen erreichten.

Seine Begleiter kamen später zurück, nahmen den Leichnam mit. Sie trugen ihn zunächst nach Schwelm, wo er eine Nacht aufgebahrt wurde. Die nächste Station war Beyenburg, wo sie eine Rast einlegten. Weiter führte der Weg zu Schloss Burg. Dort ließ man die Leute mit seinem Leichnam nicht ein – Engelbert habe nach seinem Tod kein Recht dazu mehr.

Engelberts Leichnam wurde in den Altenberger Dom gebracht, dann nach Köln, wo bis heute die Gebeine in einem Schrein aufbewahrt werden. Sein Herz blieb als Reliquie im Altenberger Dom, andere Körperglieder sind ebenfalls als Reliquien in verschiedenen Kirchen erhalten.

Um die Person Engelberts bildeten sich Legenden

Nach der Ermordung Engelberts ist Friedrich von Isenberg geflohen, wurde aber 1226 gefunden und in Köln für die Ermordung Engelberts gerädert, das heißt öffentlich brutal hingerichtet. Seine Besitzungen, darunter die Burg Isenberg bei Hattingen, wurden zerstört. Verwandten wurden ihre Ämter genommen.

Um die Person Engelbert bildeten sich Legenden. So soll ein Mann, der seinen Leichnam bewachte, von seinem hinkenden Bein geheilt worden sein. Mehrere Personen sollen an der Stelle seiner Ermordung brennende Kerzen gesehen haben, die nicht durch Wind oder Regen gelöscht wurden. Der mittelalterliche Dichter Walther von der Vogelweide hat ein Lied über Engelberts Tod geschrieben, Annette von Droste-Hülshoff schrieb eine Ballade. Obwohl nicht offiziell anerkannt, wird Engelbert heute als Heiliger verehrt, sein Gedenktag ist sein Todestag, der 7. November. An der Stelle seiner Ermordung wurde ein Kloster gegründet, das wiederum Keimzelle der Stadt Gevelsberg wurde.

Die Stadt Gevelsberg begeht den 800. Jahrestag von Engelberts Tod ausführlich unter dem Motto „Mord verjährt nicht“ mit Vorträgen, Gottesdiensten, einer wissenschaftlichen Tagung, einem mittelalterlichen Engelbertmarkt am 7. und 8. November und einem Musical. (Mehr Infos auf gevelsberg.de).

Bruder Dirk arbeitet mit dem Fotografen und Filmemacher Edvard Lasic an einem Buch über Engelbert. In dem knapp 50-seitigen Werk mit vielen Bildern erzählen sie sein Leben. Das Buch soll in einigen Wochen im Pfarrbüro und im Kloster in Beyenburg erhältlich sein. Die Gemeinde St. Maria Magdalena in Beyenburg plant zudem eine Wallfahrt zum Reliquienschrein im Kölner Dom.