Stand: 29.08.2025 18:01 Uhr

Zölle, Sanktionen, Staatsbeteiligungen – US-Präsident Trump fährt wirtschaftspolitisch schwere Geschütze auf. Dabei geht es ihm um mehr als ein starkes Amerika. Er will eine neue Wirtschaftsordnung.


Claudia Wehrle

US-Präsident Donald Trump versteht es, mit dem, was er tut und wie er es tut, für viel Wirbel zu sorgen. Als Ziel hat er ausgegeben: „Make America Great Again“, Amerika wieder groß und stark zu machen.

Das Tempo, das er dabei vorlegt, könnte einem den Atem verschlagen – vor allem, wenn man bedenkt, dass es dabei nicht nur um ein besseres Wirtschaften in den USA geht, sondern auch um eine Neugestaltung der globalen Handelsbeziehungen, so der Ökonom Rolf Langhammer vom Kiel Institut für Weltwirtschaft.

„Trump hat bisher – und das war auch in seiner ersten Amtszeit so – immer nach dem Prinzip verfahren, wir verlieren zwar alle. Aber die USA verlieren am wenigsten“, so Langhammer. „Also eine Art Negativ-Summenspiel. Und dann bin ich der Gewinner.“ 

Importzölle und Sanktionen

Gewinner zu sein – wichtige Instrumente dazu sind für den amerikanischen Präsidenten das Verhängen von Importzöllen oder Sanktionen. Er greift zu solchen Mitteln, wenn sich beispielsweise Staaten nicht so verhalten, wie sie das seiner Meinung nach sollten.

Indien etwa kauft immer noch russisches Öl und finanziert damit indirekt Russlands Krieg gegen die Ukraine. Zur Strafe werden Zölle auf Importe aus Indien auf 50 Prozent verdoppelt. Ein anderes Beispiel ist China. Trump droht mit Strafzöllen bis zu 200 Prozent, sollten die Chinesen die Vereinigten Staaten nicht zuverlässig mit seltenen Erden beliefern. Seltene Erden sind für den Bau von Smartphones, Windanlagen oder E-Autos unverzichtbar. 

Exportbeschränkungen für US-Konzerne

Die USA verhängen ihrerseits auch Export-Beschränkungen – etwa für Chips nach China. Ziel ist es, dass die Chinesen die Amerikaner in technischer und technologischer Hinsicht nicht überholen. Solche Maßnahmen treffen vor allem die eigene Industrie.

Der Chip-Entwickler Nvidia bekommt das zu spüren. Der Konzern baut Hochleistungschips, die für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz gebraucht werden. „Lange Zeit galt ja die Exportrestriktion des Weißen Hauses, so dass man dort nur minderwertige Ware an den Mann bringen konnte“, so Chris-Oliver Schickentanz von der Capitell AG. „Mittlerweile hat man jetzt wieder die Genehmigung, zumindest die speziell für den chinesischen Markt designten Hochleistungschips zu exportieren.“

Für Nvidia bedeutet das vor allem eines: Eine große Unsicherheit. Der Konzern hat sich bereits sehr zurückhaltend zu den eigenen Geschäftsprognosen geäußert. 

US-Regierung will überall mitmischen

Schon jetzt wird deutlich, dass US-Präsident Trump dabei ist, nicht nur sein eigenes Land zu verändern, sondern durch Zölle, Sanktionen und Exportbeschränkungen auch das internationale Handelssystem – also die Handelsordnung, so, wie sie Jahrzehnte lang funktioniert hat – zu zerstören. Der Experte Langhammer vom Kiel Institut für Weltwirtschaft spricht von einen „fragmentierten Handelsmarkt mit Zersplitterungen, die überall nur Kosten hervorrufen“.

Und noch etwas wird immer deutlicher. Amerika galt lange Zeit als Hort der freien Marktwirtschaft. Die Einflussnahme des Staates bei Unternehmen oder Institutionen war unvorstellbar oder wurde zumindest nur in äußersten Notfällen zugelassen.

Doch auch das ändert sich gerade. Jetzt steigt die US-Regierung beim angeschlagenen Chipkonzern Intel ein. Auch beim Rüstungskonzern Lockheed Martin will der Staat künftig mitmischen. Dann ist da noch der massive Druck, den Trump auf die US-Notenbank ausübt, weil er möchte, dass die Zinsen in den USA gesenkt werden. Die horrenden US-Schulden sollen finanzierbar bleiben.

Attacken auf die Geschäftswelt

Trump ist bei seinen Attacken nicht gerade zimperlich. Intel-Chef Lip Bu-Tan hat er zum Rücktritt aufgefordert, wegen dessen Verbindungen zu chinesischen Firmen. Apple-Chef Tim Cook musste sich Kritik anhören, weil er in den USA verkaufte iPhones im Ausland herstellen lässt.

Trump beschimpfte auch die Investmentbank Goldman Sachs und verlangt, dass der deutsche Chefvolkswirt Jan Hatzius geht. Er wirft dem Geldhaus vor, mit einer Prognose falsch gelegen zu haben. Trump hat auch der Zentralbank-Gouverneurin Lisa Cook gekündigt. So etwas hat noch nie ein US-Präsident gemacht.  

 

„Europa muss sich von Amerika emanzipieren“

Der Ökonom Martin Lück beobachtet all das mit Sorge. „Wir reden hier von der größten Volkswirtschaft der Welt, wir reden von der größten Militärmacht der Welt, wir reden auch von einer Gesellschaft, die eine ungeheure Softpower hat.“ Über Jahrzehnte hätten die besten Köpfe aus Europa, aus Asien in die Vereinigten Staaten gewollt, um dort Karriere zu machen, so der Experte. „Und diese Gesellschaft implodiert gerade.“  

Die Finanzmärkte reagieren. Immer wieder geraten Aktienindizes auf der ganzen Welt unter Druck. Der US-Dollar hat an Wert verloren. Für die USA wird es teurer, sich am Kapitalmarkt Geld zu leihen.

Die Situation könnte sich in den kommenden Monaten weiter zuspitzen, wenn die Folgen von Trumps Maßnahmen immer deutlicher zu Tage treten. Für viele Ökonomen gibt es daraus nur eine Schlussfolgerung: Europa muss sich von Amerika emanzipieren und auf seine eigenen Stärken konzentrieren.