Süßigkeiten aus Sachsen

Von wegen Schweiz: Milchschokolade wurde in Dresden erfunden

29.08.2025 – 19:26 UhrLesedauer: 2 Min.

Vollmilchschokolade: Von dem Rückruf betroffen ist eine Charge der Marke "Rewe Bio".Vergrößern des Bildes

Vollmilchschokolade (Symbolbild): Sie wurde in Dresden erfunden. (Quelle: Symbolbild; RBOZUK/getty-images-bilder)

Lange Zeit rühmten sich die Schweizer, die erste Milchschokolade der Welt erfunden zu haben. Dabei stellten zwei Dresdner sie schon 36 Jahre früher her.

Wer hat eigentlich die Milchschokolade erfunden? Lange Zeit dachte man, die erste Vollmilchschokolade sei im Jahr 1875 von dem Schweizer Unternehmer Daniel Peter hergestellt worden. Aber: Zwei Dresdner waren 36 Jahre schneller. Das haben Forscher vom Dresdner Wissenschaftlerverein Wimad e. V. im Jahr 2011 herausgefunden.

Die Wissenschaftler entdeckten eine Werbeanzeige vom 22. Mai 1839 im „Dresdner Anzeiger“. Darin ist die Rede von einer „Chocolade mit Eselsmilch präpariert, ohne Gewürz“ – einer Milchschokolade also – sowohl „zum Kochen“ als auch „zum Rohessen“. Diese Anzeige stammt von dem Dresdner Schokoladenunternehmen Jordan & Timaeus.

Gottfried Heinrich Christoph Jordan wurde am 9. Mai 1791 im sachsen-anhaltinischen Hasserode geboren, das heute ein Stadtteil von Wernigerode im Harz ist. In Braunschweig traf Jordan seinen späteren Geschäftspartner August Friedrich Timaeus (1794-1875). 1823 beschlossen die beiden Unternehmer, in Dresden eine Fabrik zu gründen. Diese befand sich zwischen der heutigen Timaeus- und der Jordanstraße.

In ihrer Fabrik stellten Jordan und Timaeus zunächst Kaffee-Ersatz und Nudeln her. Im Jahr 1830 konnten die beiden Unternehmer eine Dampfmaschine aufstellen und zur Schokoladenfabrikation übergehen. Die Firma wuchs und wurde zum größten Unternehmen Dresdens mit mehr als 200 Mitarbeitern. Jordan & Timaeus durfte schließlich auch als Hoflieferant den sächsischen und österreichischen Königshof versorgen.

Die Milchschokolade, die Jordan und Timaeus 1839 auf den Markt brachten, bestand aus 60 Prozent Kakao, 30 Prozent Zucker und 10 Prozent Eselsmilch, welche damals viel verbreiteter war als Kuhmilch. Die Wimad-Forscher versuchten, die Milchschokolade nach dem Rezept aus Dresden herzustellen und fanden heraus, dass sie sich deutlich von dem unterschied, was wir heute als Vollmilchschokolade kennen: Die Kakaomasse war wesentlich gröber gemahlen, was die Schokolade körnig und schwer zu kauen machte. Sie war auch herber und dunkler als heutige Milchschokolade. Da die Milch damals nicht in Form von Milchpulver, sondern in flüssiger Form zum Einsatz kam, waren die Produkte zudem kaum haltbar und zeigten rasch einen grauen Schleier an der Oberfläche.

1853 zog sich Timaeus aus dem Geschäft zurück, Jordan verblieb bis zu seinem Tod 1860 im Unternehmen. Seine Witwe übernahm die Schokoladenfabrik, doch die Wirtschaftskrise ab 1928 besiegelte das Ende von Jordan & Timaeus. 1930 musste das Unternehmen nach hundertjähriger Geschichte schließen.

Die Fabrikantenvilla im Hinterhof der Alaunstraße 71b in Dresden-Neustadt gibt es heute noch. Der Rest des Fabrikareals wurde 1934 abgerissen. Heute tragen die zwei parallel verlaufenden Querstraßen der oberen Alaunstraße die Namen der beiden Erfinder der Milchschokolade.