Chemnitz (Sachsen) – Jahrelang hetzte Sven Liebich (53) auf rechtsextremen Demos im Osten, schimpfte über „Gender-Gaga“ und „linksgrüne Ideologie“. Jetzt sollte Liebich weggesperrt werden – nach einer Geschlechtsänderung beim Amt als Frau im Frauengefängnis. Doch statt die Strafe anzutreten, kam es offenbar zur Flucht ins Ausland!
Am Freitag wollte sich „Marla-Svenja“ Liebich, wie der neue Name lautet, eigentlich in der JVA in Chemnitz melden. Das Gerichtsurteil wegen Volksverhetzung lautete: 18 Monate hinter Gittern. Doch auf dem X-Account hieß es am späten Abend stattdessen: „Niemand wusste von meinem Entschluss – kein Anwalt, keine Familie. Was folgt? Ein internationaler Haftbefehl“, dazu „Liebesgrüße aus Moskau“.
Polizei: Flucht wohl „in ein Drittland“
Die Polizei bestätigte gegenüber BILD: Man gehe davon aus, dass Liebich abgetaucht sei. Das leite man aus einer Sprachnachricht ab, die bei Telegram von Rechtsextremen geteilt wurde. „Darin wird mitgeteilt, dass die Person, die die Haft antreten sollte, sich unpässlich fühlt und in ein Drittland abgesetzt hat“, sagte ein Sprecher der Polizei am Abend.
Sven Liebich 2018 noch als Mann bei rechtsextremen Protesten in Chemnitz am Mikrofon
Foto: Markus Heine/SOPA Images/Shutterstock
Liebich hatte zuvor einen großen Auftritt vor dem Gefängnis angekündigt. Ein Unterstützer streamte vor den Toren der JVA live auf einem X-Kanal, während die Polizei mit einem Großaufgebot im Einsatz war – auch, weil Rechtsextreme vor Ort demonstrierten. Doch bis zum späten Abend erschien Liebich nicht zum umstrittenen Haft-Antritt.
Darum sollte Liebich in den Frauenknast
▶ Das Bundesland Sachsen ist laut Strafvollzugsgesetz zwar nicht verpflichtet, Frauen im Frauengefängnis und Männer im Männergefängnis unterzubringen, muss Liebich (wohnhaft im Freistaat) aber zunächst in der JVA Chemnitz empfangen, da die Justiz im benachbarten Sachsen-Anhalt dorthin zum Strafantritt geladen hatte. Für die Entscheidung sei das eingetragene Geschlecht maßgeblich gewesen, hatten die Behörden im Vorfeld erklärt.
Möglich machte es das Selbstbestimmungsgesetz, das jedem Menschen ab 14 Jahren erlaubt, sein Geschlecht durch einfache Erklärung zu ändern. So ging Neonazi Liebich nach sei er Verurteilung zum Amt und nennt sich seither „Marla-Svenja“.
Die Justizvollzugsanstalt von Chemnitz ist ein Gefängnis für Frauen. Am Freitag wollte er seine Haft antreten
Foto: Jan Woitas/dpa
Das neue Gesetz – von der Ampel-Regierung für mehr Freiheit und Gleichstellung gedacht – geriet zur Bühne einer grotesken Posse. FDP-Chef Christian Dürr (48) sprach von einem „offensichtlichen Missbrauch“ des Gesetzes, sogar Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling äußerte sich öffentlich zu dem Fall.
Liebich war 2023 noch als Mann rechtskräftig verurteilt worden und mit einer Berufung gescheitert. Eine Verfassungsbeschwerde verhinderte danach nicht den eigentlich für Freitag anberaumten Haft-Antritt.