Die Berliner Polizei muss sich auf mehrere, teils brenzlige Versammlungslagen am Samstag vorbereiten: Im Sportforum Hohenschönhausen treffen die Fußballvereine BFC Dynamo und SV Babelsberg 03 aufeinander – und damit auch deren verfeindete Fangruppen. Am selben Nachmittag wird zu zwei Pro-Palästina-Demonstrationen aufgerufen. Die größte Versammlung: Um 13 Uhr startet die Techno-Parade „Zug der Liebe“ im Mauerpark. Zum zehnjährigen Jubiläum werden 17.000 Besucherinnen und Besucher erwartet.
Zug der Liebe 2025 in Berlin Route, Anfahrt, Sperrungen – alles Wichtige zur Technoparade
„Die aktuellen Versammlungslagen bringen die Einsatzkräfte ans Limit“, sagt Stephan Weh, Landesbezirksvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Berlin. Die Situation sei belastend, „wir schieben Überstunden ohne Ende“, so Weh. Über 7600 Versammlungen gab es in Berlin im vergangenen Jahr – rund 500 mehr als 2023. Rechnerisch fanden in Berlin also 21 Demonstrationen pro Tag statt. Besonders stark stieg dadurch auch die Zahl der Einsatzstunden bei der Polizei.
Beim Fußballspiel in Hohenschönhausen rechnet die Polizei mit insgesamt 2400 Personen aus beiden Lagern. Die gegnerischen Fangruppen beim Spiel Babelsberg gegen Dynamo sollen getrennte Ankunfts- und Abreisehaltestellen zugewiesen bekommen, erklärte ein Polizeisprecher auf Nachfrage. Beamte werden die An- und Abreise der Fans begleiten.
Zu Konfrontationen zwischen Polizei und Demo-Teilnehmenden kommt es regelmäßig bei Versammlungen mit Nahost-Bezug. Erst am Donnerstag demonstrierte die Pro-Palästina-Szene am Hackeschen Markt, ein Polizist soll einer Teilnehmerin dort ins Gesicht geschlagen haben. Am Sonnabend ist eine Pro-Palästina-Demonstration mit 250 Personen am Potsdamer Platz angemeldet, von 17 bis 20 Uhr.
Die Bundespolizei steht an der Ostgrenze. Wir spüren, dass die uns fehlen.
Stephan Weh, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP)
Eine weitere Versammlung mit Nahost-Bezug startet um 15 Uhr am S-Bahnhof Neukölln. Der Anmelder ist kein Unbekannter: Der Ex-AfD-Politiker Ferhat Sentürk hatte sich im vergangenen Winter zu einer Art Anführer jugendlicher Neonazis aufgeschwungen und mehrere rechtsextreme Demos in Berlin organisiert. Inzwischen behauptet er, der rechten Szene abgeschworen zu haben und setzt sich vermeintlich für Gaza ein.
Gestern Neonazis, heute Palästina
Gruppen aus der Berliner Palästina-Szene hatten sich im Vorfeld von dem ungewünschten Verbündeten distanziert: „Keine Zusammenarbeit mit Faschisten wie Ferhat Sentürk“, hieß es auf einem Sharepic, das von mehreren Gruppen auf Instagram geteilt wurde. Angemeldet sind laut Polizei 600 Teilnehmende. Ob wirklich so viele Personen dem Aufruf des politisch irrlichternden Sentürk folgen werden, ist schwer einzuschätzen, die Demo sei „eine kleine Wundertüte“, heißt es aus der Polizei.
Die Absicherung der Techno-Parade erfordert weiteren Aufwand: „Es gibt eine Vielzahl an Schutzmaßnahmen. Das geht los bei Straßensperren, die verhindern, dass Fahrzeuge durchbrechen können“, erklärt ein Polizeisprecher. Zudem werde es in der „Zustromphase“ bei allen Versammlungen Personenkontrollen geben.
Bundespolizei mit Grenzschutz beschäftigt
Dass solche Versammlungslagen bisweilen schwer planbar sind, verschärft die Belastung für die Polizei, wie Gewerkschafter Weh ausführt. „Grundsätzlich gilt: Ein Dienst sollte nicht länger als zwölf Stunden dauern“, sagt er. In der Praxis kann eine Versammlung und damit auch der Einsatz jedoch deutlich länger dauern, als bei der Planung absehbar war. Dann könne mitunter auch die Ruhezeit von elf Stunden, die zwischen zwei Einsätzen liegt, nicht eingehalten werden.
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Bei Großlagen wird die Berliner Polizei von Einsatzkräften aus anderen Bundesländern und der Bundespolizei unterstützt. Doch da gibt es Probleme: Im Sommer sei es aufgrund von Urlaubszeiten bisweilen schwieriger, Unterstützung aus anderen Bundesländern zu organisieren. „Und die Bundespolizei steht an der Ostgrenze. Wir spüren, dass die uns fehlen“, sagt Weh.
Am Sonnabend sind laut Berliner Polizei auch Kräfte aus Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Beamte der Bundespolizei im Einsatz. Zur Anzahl der eingesetzten Polizistinnen und Polizisten konnte ein Sprecher der Behörde am Freitag noch keine Angaben machen.