Erschütternde Dokumente von Krieg, Krisen und dem Leid unzähliger Menschen. Wer diese Ausstellung besucht, darf auf Erbauliches nicht hoffen. Tut er in der Regel auch nicht. Daran hat sich in den letzten 70 Jahren nichts geändert. Seit 1955 schon werden beim Wettbewerb „World Press Photo“ die jeweils weltbesten, preisgekrönten Arbeiten des Fotojournalismus und der Dokumentarfotografie ausgestellt. Sie zeigen nicht nur Bilder, sondern auch die Kraft, die hinter dem visuellen Journalismus steckt.

Dazu muss man nicht zwingend nach Mailand, London oder New York reisen. Als einziger Ort in Schleswig-Holstein zeigt das Robbe & Berking Museum am Harniskai in Flensburg noch bis zum 5. Oktober die 42 besten aus fast 60.000 eingereichten Werken. „120 Fotografen ließen im letzten Jahr ihr Leben – überwiegend in Gaza“, erklärte Mariana Rettore Baptista und ließ als Repräsentantin der Foundation einige der 141 krisengeschüttelten Länder Revue passieren, in denen die Aufnahmen unter atemberaubenden, zum Teil lebensgefährlichen Bedingungen entstanden sind.

Ein Rundgang durch die Ausstellung

Gleichwohl sei es wichtig, betonte sei, dass diese Fotos gemacht wurden. „Sie sind ein Spiegel unserer Geschichte.“ Und es sei besonders jetzt nicht die Zeit, komplexe Zusammenhänge zu vereinfachen. Hausherr Oliver Berking ergänzte, dass sich der Betrachter mit Blick auf die heute über die Menschen hereinbrechende Bilderflut einmal in Ruhe mit den einzelnen Motiven beschäftigen könne.

Bei einem Rundgang durch die Ausstellung erläuterte Mariana Rettore Baptista die Hintergründe, die besonderen Umstände, die sich hinter jedem der gezeigten Fotos verbergen. Und so wurden die Gäste mit unendlichem Leid, Brutalität und Blutvergießen konfrontiert – aber auch mit Zeichen der Resilienz, des Aufbegehrens, des Widerstands.

Luis Tato etwa fing die die Jugendrevolte in Kenia ein, als junge Menschen zur treibenden Kraft des Protests gegen Korruption und Polizeigewalt wurden. Sein Foto zeigt im Gesicht des Protagonisten mit dem pinken Farbspray Verzweiflung und trotzige Wut zugleich.

Kenias Jugendrevolte.
Foto: Luis Tato

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In Myanmar musste der sechsjährige Ye Aung Thu den Militärputsch von 1988 miterleben. Als sein Sohn genauso alt wurde, wiederholte dich die Geschichte. Seitdem, so heißt es in der Bildbeschreibung, „dokumentiert er Widerstandsgruppen, deren Entschlossenheit ein Hoffnungsschimmer in dunklen Zeiten ist“.

Myanmar – eine Nation im Konflikt.
Foto: Ye Aung Thu

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Von bedrückender Ästhetik ist das Motiv des Ausstellungsplakats – Teil einer Fotoserie: Ein Mann ist dort mit dem Rücken zur Kamera zu sehen, nackter Oberkörper, ein Strohhut gegen die gleißende Sonne, zwei Plastiktüten in der Hand. Er ist umgeben von unendlicher Weite, der Dürre im Amazonasgebiet. Er bringt seiner Mutter Lebensmittel ins Dorf – die er einst noch mit dem Boot transportieren konnte.

Dürre im Amazonasgebiet.
Foto: Musuk Nolte

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Pfade verzweifelter Hoffnung erleben wir auch in Kolumbien: Flüchtlinge vor der Bedrohung durch Gewalt, Ausbeutung und wirtschaftliche Not haben eine unvorstellbar riskante Route durch den tückischen Dschungel vor sich. Das Ziel: ausgerechnet die USA. Auch El Salvador wird thematisiert, ein Land, in dem mit der Verhängung des „Ausnahmezustands mehr als 80.000 Menschen verhaftet wurden – ohne jede Erklärung: Sie mussten Folter und Misshandlungen über sich ergehen lassen, viele von ihnen starben.

John Moore hat chinesische Migranten bei der illegalen Überquerung der Grenze zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten begleitet. Tatsächlich geben Tutorials im Internet detaillierte Auskunft darüber, wie man es schaffen kann. Und natürlich darf in diesem Kontext der Attentatsversuch auf Präsident Donald Trump nicht fehlen – der Wendepunkt im Wahlkampf. „Fight, Fight, Fight“, schreit der Präsident medienwirksam, als er von Leibwächtern aus der Schusslinie gebracht wird.

Mariana Rettore Baptista aus Brasilien führt Besucher durch die Ausstellung; hier vor dem weltbekannten Foto des Attentatsversuchs auf US-Präsident Donald Trump.
Foto: Gunnar Dommasch

Mariana Rettore Baptista aus Brasilien führt Besucher durch die Ausstellung; hier vor dem weltbekannten Foto des Attentatsversuchs auf US-Präsident Donald Trump.Icon MaximizeIcon Lightbox Maximize

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„Bisweilen denkt man vielleicht, das ist nicht meine Welt“, sagt Oliver Berking. „Doch es ist die gleiche Welt, in der wir leben.“