Mit der 64. Auflage des Caravan Salons in Düsseldorf öffnet an diesem Freitag die wichtigste Messe für Reisemobile und Wohnwagen wieder ihre Pforten. Mehr als 700 Aussteller aus aller Welt haben sich angekündigt und präsentieren bis zum 7. September ihre Neuheiten. Begleitet wird die Leitmesse mit ungewohnten Vorzeichen: Nach gut eineinhalb Jahrzehnten mit steten, zum Teil kräftigen Zuwächsen, meldet die Branche sowohl bei Reisemobilen als auch bei Caravans Absatzrückgänge.
Aktuellen Zahlen des Caravaning Industrie Verbands (CIVD) zufolge verbucht das Segment der Wohnwagen im ersten Halbjahr 2025 mit 11.409 Neuzulassungen ein Minus von 9,1 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum; im Segment der motorisierten Fahrzeuge bedeuten 44.329 Neuzulassungen ein Minus von knapp zwei Prozent. Lässt die Begeisterung für mobiles Reisen bei der Kundschaft nach?
Vermietermarkt liegt danieder
Daniel Onggowinarso, Geschäftsführer des CIVD, widerspricht: „Die Nachfrage privater Kunden liegt nach wie vor auf hohem Niveau, ist sogar gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Der Rückgang geht vor allem auf das Konto der gewerblichen Zulassungen.“ So verzichteten einige Vermieterfirmen auf eine Erneuerung ihrer Flotten, weil sie wegen der hohen Lagerbestände bei Herstellern und Händlern ihre gebrauchten Fahrzeuge nicht gut abverkaufen konnten. Andere sind ganz vom Markt verschwunden.
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Eine größtenteils von der Branche selbst verschuldete Situation, analysiert Holger Siebert, Vizepräsident des Caravaning Industrie Verbands (CIVD) und Chef des Reisemobilherstellers Eura Mobil aus dem rheinland-pfälzischen Sprendlingen.
Weil alle Hersteller vom Run auf die kompakten Campervans während der Corona-Pandemie profitieren wollten, wurde auf Hochtouren produziert. Und als besonders im Segment der Kompaktmobile ohne Bad und Toilette der Absatz einbrach, kam es zu großen Überkapazitäten, die noch immer nicht vollkommen abgebaut sind. Immerhin durfte sich die Kundschaft dabei auf teils stattliche Rabatte freuen. Abschläge von bis zu 30 Prozent auf Neuwagen waren und sind durchaus drin.
Hersteller weit von Vollauslastung entfernt
Inzwischen scheint das Gröbste überstanden. Siebert zufolge sind die „Riesenbestände“ auf den Höfen der Händler zwar abgeschmolzen, liegen aber immer noch deutlich über Normalniveaus. Zudem kommt, dass die Kreditlimits vieler Händler ausgeschöpft sind, was ein reduziertes Bestellverhalten nach sich zieht. Die Produktionskapazitäten sind bei den meisten Herstellern deshalb noch weit von einer Vollauslastung entfernt. Siebert prognostiziert daher, dass die Branche „dieses Jahr wirtschaftlich schlechter dastehen wird“.
Aktuelle Geschäftszahlen der Unternehmen bestätigen diese Einschätzung. Beim Reisemobilbauer Erwin Hymer Group (EHG) aus Bad Waldsee liegen die Umsätze in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres 2024/25 (31. Juli) mit 2,1 Milliarden US-Dollar (1,7 Milliarden Euro) 13 Prozent unter denen des entsprechenden Vorjahreszeitraums. Das geht aus dem aktuellen Quartalsbericht des US-Mutterkonzerns Thor hervor.
Das Vorsteuerergebnis wurde mit 49,7 Millionen US-Dollar (42,2 Millionen Euro) ausgewiesen – ein Rückgang um 65 Prozent. Ausgeliefert wurden dem Thor-Bericht zufolge nur noch 31.572 Fahrzeuge. Das waren knapp 22 Prozent weniger als von August 2024 bis April 2025.
Umsatzrückgänge und vereinzelt Verluste
Wettbewerber Knaus Tabbert meldete für das erste Halbjahr 2025 einen Umsatzrückgang von 18 Prozent auf 572 Millionen Euro. Unter dem Strich fiel sogar ein Verlust von 4,6 Millionen Euro an, nachdem im ersten Halbjahr 2024 noch ein Gewinn von 30,5 Millionen Euro ausgewiesen wurde. Knaus Tabbert hatte in den vergangenen Quartalen wegen hoher Lagerbestände wiederholt die Produktion stoppen müssen.
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Auch im EHG-Universum wird auf die Produktionsbremse getreten: Der Reisemobilhersteller Dethleffs aus Isny beispielsweise, eine von 20 Marken der EHG, musste wegen hoher Bestände im Handel mehrmals mit der Produktion pausieren. Zuletzt wurden die am 4. August beginnenden Werksferien um eine Kurzarbeitsphase vom 25. August bis zum 12. September verlängert.
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Carthago-Chef Markus Kern prognostizierte vor einigen Wochen, dass es noch ein Jahr dauern werde, bis die Bestände auf den Höfen der Händler ein normales Niveau erreicht hätten. Das Familienunternehmen, das in Aulendorf Reisemobile der Marke Carthago und an den beiden slowenischen Standorten Odranci und Ormož Reisemobile und Campervans der Marke Malibu produziert, tritt deshalb ebenfalls kürzer.
Leitmesse in DüsseldorfTickets und Preise zum Caravan Salon
Die Tageskarte kostet für Erwachsene am Wochenende 20 Euro, werktags 18 Euro. Für Schüler und Studenten kostet das Ticket am Wochenende 18 Euro, werktags 16 Euro. Kinder (sechs bis zwölf Jahre) bezahlten für das Tagesticket am Wochenende und werktags sechs Euro. Darüber hinaus wird von Montag bis Freitag ein Nachmittagsticket für 10 Euro angeboten (von 14 bis 18 Uhr). Die Tickets können ausschließlich online bestellt werden. (sz)
Für das gerade angelaufene Geschäftsjahr 2025/26 (31. Juli) plant Kern mit der Produktion und Auslieferung von 5350 Fahrzeugen. Bei Vollauslastung könnten an den drei Produktionsstandorten bis zu 8000 Fahrzeuge von den Bändern rollen. „Aber wir wollen keine weiteren Bestände aufbauen“, sagt Kern. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2024/25 dürfte eine Produktion von 5300 Fahrzeugen und ein Umsatz zwischen 560 Millionen und 570 Millionen Euro in den Büchern stehen.
Markt ist fundamental intakt – heißt es in der Branche
Fundamental, das betonen die Chefs der Branchenunternehmen, sei der Markt für Reisemobile trotz der aktuellen Durststrecke aber intakt. Das Interesse der Kundschaft sowohl an der Urlaubsform Caravaning als auch an den Produkten sei da. „Laut Statistischem Bundesamt gab es 2024 mit rund 42,9 Millionen Übernachtungen auf deutschen Campingplätzen einen neuen Rekord“, untermauert Messe-Direktor Stefan Koschke diesen Eindruck auch mit Zahlen. „Das sind 1,4 Prozent mehr als im Vorjahr und satte 19,9 Prozent mehr als 2019 vor Corona.“
Die Branchenvertreter erwarten daher, dass der Markt nach der jetzigen Konsolidierung auf den Wachstumspfad zurückkehrt. Mit verändertem Fokus: Klassische Reisemobile, wozu auch die größeren Kastenwagen mit Bad sowie teil- und vollintegrierte Fahrzeuge zählen, sind wieder mehr gefragt. Sie liegen in den aktuellen Zulassungsstatistiken auch im Plus und repräsentieren weiterhin den Kernmarkt.
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Ein deutliches Zeichen dieser Entwicklung setzt Bürstner. Der Traditionshersteller aus Kehl am Rhein, seit 1998 Mitglied der EHG, hat sich komplett aus dem Segment der sogenannten Urban Camper zurückgezogen und sein Angebot neu strukturiert. Die Produktion sämtlicher 15 Baureihen mit insgesamt 48 Grundrissen wird eingestellt, kein einziges Modell aus der breiten Produktpalette wird zum Modelljahr 2026 noch angeboten.
Stattdessen nimmt das Unternehmen drei völlig neue Baureihen ins Programm. Das im Herbst 2024 installierte neue Management um Geschäftsführer Hubert Brandl geht den Schritt, weil es die Produktpalette für zu groß und zu beliebig hält.