Hamburg – Nein, an Schicksal glaubt Monica Lierhaus nicht. „Es hat auch niemand etwas falsch gemacht bei meiner Operation. Es war einfach Pech“, sagt die Fernsehmoderatorin mit ihrer trocken-hanseatischen Art zu BILD.

Der Professor, der sie am 8. Januar 2009 in einer Hamburger Klinik wegen eines lebensgefährlichen Hirn-Aneurysmas operierte, tue ihr bis heute leid. „Es war seine allerletzte Operation vor dem Ruhestand, und dann geht alles schief. Der arme Mann.“

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An Fügung glaubt sie schon eher. Beispielsweise, was ihren früheren unerfüllten Kinderwunsch angeht. „Ich wollte erst einmal die Karriere vorantreiben. Als ich mich dann entschlossen hatte, Kinder zu bekommen, klappte es nicht“, erzählt sie. „Im Nachhinein war das gut. Eine Geburt hätte mich mit Sicherheit umgebracht. Der Druck im Kopf bei den Wehen hätte mein Aneurysma garantiert platzen lassen. Damals wusste ich ja noch nicht, dass ich diese tickende Zeitbombe im Kopf habe. Die Ärzte sagten mir im Dezember 2008, ich hätte das Aneurysma wohl schon von Geburt an gehabt. Was niemand ahnte.“

Monica Lierhaus war Superstar im Sport-TV

Bis es „zum großen Knall“ kam, wie Monica Lierhaus sagt, war sie der Superstar in der großen deutschen Sportberichterstattung. Und die erste Frau, die in der Männerdomäne respektiert wurde. Sie moderierte für Sat.1, Sky, Premiere und die ARD die Fußball-Bundesliga, die Tour de France, die Olympischen Spiele und Skisprung und wurde u. a. mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet – als das „Kronjuwel“ der ARD-Sportschau. Die Hamburgerin aus gutem Hause, jüngstes von drei Kindern, verband fachliche Expertise mit souveräner Distanz.

2008: Monica Lierhaus (damals 38) im Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (damals 54)

2008: Monica Lierhaus (damals 38) im Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (damals 54)

Foto: Bongarts/Getty Images

Lierhaus: „Wollte schon als Kind perfekt sein“

Ihr optisches Markenzeichen waren und sind die roten Haare. Sind die echt? Sie schüttelt den Kopf. „Sie entstanden durch einen Zufall. Mein Bruder und ich gingen zum Fasching als Graf und Gräfin Dracula, da war ich vielleicht fünfzehn. Dafür hatte ich mir die Haare schwarz getönt –dachte ich. Es war aber eine Färbung. Damit ich mit meinen eigentlich dunkelblonden Haaren nicht ganz so hart wirkte, färbte ich rot darüber. Seitdem habe ich rote Haare.“

Sie wollte immer perfekt sein, verzieh sich keine Fehler. „Schon als Kind. Wahrscheinlich angestachelt durch meinen Vater. Er war ein brillanter Rhetoriker“, erzählt sie. „Meine Mutter war unglaublich tolerant, großmütig und großzügig. Ich stand beiden gleichermaßen nah. Wobei ich mit meinem Vater eine schwierige Phase über lange Jahre hatte. Er konnte sehr dominant sein. Es krachte immer wieder mächtig zwischen uns. Als er 2011 starb, waren wir versöhnt. Darüber bin ich heute sehr froh. Unsere Mama ist ohnehin ein Schatz.“

2003: Monica Lierhaus (damals 33) und Franz Beckenbauer (1945–2024)

2003: Monica Lierhaus (damals 33) mit Franz Beckenbauer (1945–2024)

Foto: IMAGO

Was Lierhaus als Schulkind im Turnbeutel hatte

Die Familie war schon immer der Fels in der Brandung für Monica Lierhaus – heute, wo sie auf Unterstützung im Alltag angewiesen ist, und auch früher, als sie mit Bruder und Schwester auf dem Tennis- oder Fußballplatz stand. „Wir machten Leistungssport“, erzählt Lierhaus. Vor allem mit Eva, die ein Jahr und fünf Tage älter ist als sie, ist Monica Lierhaus eng verbunden.

Lierhaus weiter: „Zwischen uns passt kein Blatt Papier. Ich wurde sogar ein Jahr früher eingeschult, damit wir in die gleiche Klasse gehen konnten. Wir haben immer alles zusammen gemacht. Das Einzige, was nicht schön war für mich: Wir wurden von unserer Mutter gleich angezogen – wie Zwillinge. Als ich älter wurde, stopfte ich heimlich andere Kleidungsstücke in meinen Turnbeutel und zog mich in der Schule um.“

Weihnachten 1975: Monica Lierhaus (damals 5, l.) mit ihren Geschwistern Eva (damals 6) und Thomas (11)

Weihnachten 1975: Monica Lierhaus (damals 5, l.) mit ihren Geschwistern Eva (damals 6) und Thomas (11)

Foto: privat

Schwester Eva hat im Flugzeug gebetet

Eva Lierhaus sitzt beim BILD-Besuch mit am Tisch. Sie war es, die nach Monicas missglückter Operation Tag und Nacht an ihrem Bett saß, ihr vorlas und mit ihr redete. Es gleicht einem Wunder, dass Monica Lierhaus überhaupt noch am Leben und imstande ist, größtenteils selbstständig ihren Alltag zu bewältigen.

„Die Ärzte hatten meiner Familie nach der Operation gesagt, ich würde nicht mehr aufwachen. Sie sollten sich besser von mir verabschieden. Eva war damals im Urlaub in Florida. Sie kam sofort zurück und hat im Flieger wohl immerzu gebetet. Ich hatte gar keine Chance, zu gehen. Eva hat mich dabehalten.“

Starker Zusammenhalt: Monica Lierhaus (M.) mit ihrer Schwester Eva (56) und ihrer Mutter Sigrid (81)

Starker Zusammenhalt: Monica Lierhaus (M.) mit ihrer Schwester Eva (56) und ihrer Mutter Sigrid (81)

Foto: Niels Starnick/BILD

Lierhaus über die schlimme Diagnose in der Klinik

Die schlimme Diagnose Hirnaneurysma bekam Monica Lierhaus durch einen Zufall. „Ich wollte mir die Augen lasern lassen“, erinnert sie sich. „Ein befreundeter Arzt meinte, ich solle vorher ein MRT meines Kopfes machen lassen, ob da auch wirklich alles in Ordnung sei.“ Pause. „Ich weiß noch wie gestern, was da auf einmal für ein Gewusel war. Ich sah durch die Scheibe des Behandlungszimmers, dass ganz viele Ärzte sich meine Röntgenaufnahmen ansahen und furchtbar aufgeregt waren. Als ich dazukam, meinten sie, es gebe ein Problem. Ich hätte ein Aneurysma im Kopf, das jederzeit platzen könne.“

Der Eingriff war riskant, aber alternativlos. Monica, ihr damaliger Lebensgefährte, die Eltern, ihr Bruder Thomas und ihre Schwester Eva wussten, wie fragil der Moment zwischen Leben und Tod ist. „Ich war mir sicher, es würde gut gehen und Ende Januar wäre ich beim Start der Bundesligasaison wieder vor der Kamera.“ Es kam anders. Das Aneurysma platzte während der Operation, Monica Lierhaus lag vier Monate im Koma – und ihr ganzes Leben veränderte sich.

„Wir wollten sie nicht aufgeben“

Eva Lierhaus erzählt: „Unser Vater rief mich nach der Operation in den USA an. Das war das erste Zeichen, dass etwas schiefgelaufen ist. Eigentlich wollte unsere Mutter mir berichten. Vater nannte mich Eva Maria, was er sonst nie tat. Sein zweiter Satz war: Sie hat ein gutes Leben gehabt. Da dachte ich natürlich, Monica sei verstorben. Ich reichte den Hörer an meinen Mann weiter. Dann kristallisierte sich heraus, dass Monica noch auf der Station im Sterben lag und wir sofort kommen mussten. Wir nahmen den nächsten Flieger, und ab der Landung in Hamburg saß rund um die Uhr jemand aus unserer Familie an Monicas Bett. Wir wollten sie nicht aufgeben.“

An Ostern schlug Monica zum ersten Mal die Augen auf. „Das war brutal, weil Monica erst einmal in einer Art Wachkoma-Phase war. Sie war nicht bei Bewusstsein, aber die Augen gingen schon auf. All die Hoffnungen, die man hat, werden schnell wieder zerstört. Es stellte sich dann heraus, dass sie einen zu hohen Gehirnwasserdruck hatte. Also musste wieder operiert werden. Erst dann fand sie ein wenig zu Bewusstsein. Wir waren alle überglücklich. Das war das Schönste auf der ganzen Welt für uns. Wie eine neue Geburt. Vor allem für unsere Eltern.“

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Monica musste alles neu lernen. Sprechen, laufen, schreiben. Heute, fünfzehn Jahre später, merkt man Monica Lierhaus beim Reden und in ihren Bewegungen noch an, dass sie gehandicapt ist. Auch die Rücken- und Muskelschmerzen werden wohl nie aufhören. Sie arbeitet weiter an sich, macht jeden Tag ihre Übungen. Die Ärzte in der Reha hatten ihr damals prognostiziert, sie werde nie wieder gehen können und müsse ihr Leben im Rollstuhl verbringen. „Da habe ich gedacht: Nein, das kommt für mich nicht infrage. Also trainierte ich wie eine Verrückte und bin auf meinen eigenen Beinen aus der Reha herausmarschiert.“

Lierhaus mit BILD-Showchefin Tanja May

Monica Lierhaus mit BILD-Showchefin Tanja May

Foto: Niels Starnick/BILD

2011 hatte sie ihren ersten öffentlichen Auftritt bei der Verleihung der Goldenen Kamera, 2014 kehrte sie in den Job zurück und interviewte für Sport BILD den damaligen Bundestrainer Jogi Löw. Seit Juni 2023 ist Monica Lierhaus Moderatorin im Sportteam von RTL Aktuell. Ihr neuestes Projekt: Sie ist Botschafterin der ersten sportartenübergreifenden Trainerausbildung für Menschen mit Handicap. Privat hat sie auch noch einen Traum, verrät Monica Lierhaus: „Ich möchte unbedingt nach Australien reisen. Das ist der einzige Kontinent, der mir noch fehlt.“

Drei Fragen, drei Antworten

BILD: Was lesen Sie gerade?

Monica Lierhaus: „Ich habe gerade wieder einmal das Buch „Franz Beckenbauer – Der freie Mann“ von Torsten Körner rausgeholt.“

Was ist Ihr Sonntagsritual?

„Am Sonntag mache ich sehr bewusst gar nichts! – und erhole mich von der Woche – ganz klassisch. Sogar der Computer bleibt aus und unbeachtet.“

Worauf freuen Sie sich in der nächsten Woche besonders?

„Wenn die Frage letzte Woche gekommen wäre, hätte ich sofort gesagt: Auf den Sportbild-Award, bei dem ich immer viele liebe Kollegen und gute Bekannte treffe. Und übernächste Woche wäre es mein Einsatz bei „RTL Aktuell“ gewesen, wo ich den Sport moderiere. Aber in der kommenden Woche gibt es, außer viel Regen, tatsächlich nichts Besonderes.“