Der Kreml erklärte am Freitag, dass die Beziehungen zwischen Russland und China eine privilegierte strategische Partnerschaft darstellten, deren Potenzial noch lange nicht voll ausgeschöpft sei. Moskau wolle wissen, ob es mit weiterer Unterstützung aus China rechnen könne und wie Peking reagieren würde, wenn es von den USA aufgefordert würde, Druck auf Russland auszuüben, um die Kämpfe zu beenden, analysierte Alexander Gabuev vom Carnegie Russia Eurasia Centre im Interview mit dem „Guardian“.
Der Ukraine-Krieg sei „zu einem der wichtigsten Pfeiler ihrer Beziehung geworden“, entsprechend sei eine Abstimmung ihrer Positionen zum Krieg erforderlich. China wurde während des Ukraine-Krieges zudem zum wichtigsten Handelspartner für Russland.
Wirtschaftliche Abhängigkeit, „grenzenlose Freundschaft“
Der bilaterale Handel stieg 2024 auf über 245 Mrd. Dollar (rund 209 Mrd. Euro) – etwa zwei Drittel mehr als vor der Invasion Russlands in der Ukraine 2022. Die Geschäfte werden vor allem in Rubel und Yuan abgewickelt. Vor allem als Hauptabnehmer von russischem Öl und Gas ist China unverzichtbar geworden. Diese Abhängigkeit würde sich Fachleuten zufolge auch nach einem Ende des Ukraine-Krieges fortsetzen.
Daher wird erwartet, dass Putin die wirtschaftliche Tangente thematisiert, um den Trend zurückgehender Ölexporte nach China umzukehren. Auch eine Vertiefung der militärischen Zusammenarbeit ist für Putin relevant. China liefert laut den USA Russland wesentliche Teile für die Kriegsproduktion.
Der Kreml spricht von einem wegen der Länge und des Umfangs an Treffen und Themen bisher beispiellosen China-Aufenthalt Putins. Kommentatoren in Moskau sehen die Reise als neuen Beweis der klaren Abkehr Russlands vom Westen und für die „grenzenlose Freundschaft“ mit China. Moskau und Peking zeigten damit zudem, dass es den USA nicht gelinge, einen Keil zwischen die beiden Nachbarn zu treiben, hieß es. Beide Länder hatten 2022 eine „grenzenlose“ strategische Partnerschaft ausgerufen.
Putin Ehrengast bei Militärparade
Beim SCO-Gipfeltreffen in der nordchinesischen Stadt Tianjin nehmen mehr als 20 Staats- und Regierungschefs teil. Neben dem indischen Premier Narendra Modi und Putin werden auch der iranische Präsident Massud Peseschkian und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erwartet. Die SCO wurde vor 24 Jahren als Organisation für den Kampf gegen Terrorismus und für wirtschaftliche Zusammenarbeit gegründet.
In einem Interview mit der chinesischen staatlichen Agentur Xinhua sprach sich Putin im Vorfeld des Gipfels erneut für ein Ende der US-Vorherrschaft und eine Schwächung des Dollars aus. Symbolisch kann das Großmachtdenken bei der Militärparade am Mittwoch demonstriert werden, anlässlich des 80. Jahrestags der Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg. Putin wird wie schon Xi bei der Siegesparade in Moskau im Mai Ehrengast sein.
Reuters/Sputnik/Mikhail Metzel
Xi (li.) war bereits im Mai Ehrengast bei Putin in Moskau
„Schicksalsgemeinschaft Grundlage für Partnerschaft“
Wasiliy Kaschin vom Institut für Fernoststudien an der Russischen Akademie der Wissenschaften sieht bei Russland und China eine ähnliche Sichtweise auf die Geschichte. Sie sähen sich als Siegermächte des Zweiten Weltkrieges: „Dieses Gefühl einer gemeinsamen Schicksalsgemeinschaft bildet nun die Grundlage ihrer Partnerschaft“, sagte Kaschin gegenüber dem „Guardian“.
Auch Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un erhielt eine Einladung für die Parade. Er wird zum ersten Mal seit sechs Jahren in China erwartet. Außer dem slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico wird kein westlicher Staats- und Regierungschef teilnehmen.
Position der Stärke gegenüber den USA
In den USA wird Putins China-Reise intensiv beobachtet, versucht doch die US-Regierung, Moskau von Peking zu entfernen. Das sei aber unrealistisch, so Kaschin: „Die Beziehungen zwischen Russland und China werden immer eng bleiben.“ Zudem befinden sich beide Länder derzeit in einer Position der Stärke gegenüber den USA.
Obwohl China wie Indien in großem Ausmaß Öl aus Russland bezieht, wurde nur Indien mit US-Strafzöllen deswegen belegt. Putin wiederum hält bisher den Drohungen von US-Präsident Donald Trum stand, Russland zu strafen, sollte es den Krieg nicht beenden.