Voll erwischt, kann man da sagen. Da hatten mehrere Fraktionen im Stadtrat und auch der Ortschaftsrat Mölkau drauf gewartet, dass es endlich einen Vorschlag der Stadt gibt, die Verkehrsprobleme in Mölkau und Stötteritz zu lösen. Weil man aber keine fertige Lösung hat, sollte es ein Gutachten geben, in dem Fachleute die Gründe für die massive Verkehrsbelastung untersuchen. Und ein Datum gab es dafür auch schon: nämlich im Jahr 2025. So schon vor zehn Jahren beschlossen.

Damals von der Freibeuterfraktion beantragt, denn eine Untersuchung der Verkehrssituation in Mölkau und Stötteritz ist Voraussetzung für die Frage, ob doch noch das Stück Mittlerer Ring an der Bahntrasse in Stötteritz gebaut wird oder nicht. Denn dessen (auf mindestens 60 Millionen Euro kalkulierter) Bau ergibt nur Sinn, wenn es tatsächlich zur Verkehrsentlastung in Mölkau beiträgt. Weshalb der Stadtrat 2015 auch ein zehnjähriges Moratorium für diese Trasse des Mittleren Rings beschloss.

Das Moratorium ist schon längst verlängert

Das Moratorium wäre also 2025 ausgelaufen. Weshalb FDP-Stadtrat Sven Morlok schon in der Märzratsversammlung nachfragte, was nun aus dem Moratorium wird, wenn es noch kein Gutachten gibt. Denn um irgendwie einen genehmigungsfähigen Haushalt hinzubekommen, hatte das Planungsdezernat auch die Untersuchung der Verkehrssituation in Mölkau und Stötteritz aus dem Doppelhaushalt 2025/2026 gestrichen.

Was natürlich Folgen hat. Kein Stadtrat weiß das besser als Sven Morlok, dem das Thema seit über zehn Jahre ein Anliegen ist. Was also tun? Als Morlok in der März-Ratsversammlung nachfragte, wurde ihm bestätigt, dass das Moratorium für den Mittleren Ring bis zur Verkehrsuntersuchung verlängert wurde. Also mindestens bis 2027.

Sven Morlok (FDP, Freie Fraktion). Foto: Benjamin WeinkaufSven Morlok (FDP, Freie Fraktion). Foto: Benjamin Weinkauf

Das ist protokollarisch festgehalten. „Und in diesem Punkt vertraue ich dem Oberbürgermeister“, sagte Sven Morlok am Mittwoch, 27. August, in der Ratsversammlung. Er hätte gar nicht ans Pult gehen müssen. Aber in der AfD-Fraktion hat man ganz offensichtlich wieder mal geschlafen und eine Verlängerung des Moratoriums beantragt.

Variante zu „man hat’s mal wieder verschlafen“ ist nun einmal: Es war wieder nur ein Schaufensterantrag, den AfD-Stadtrat Marius Beyer da vorstellte: So tun, als würde man sich wahnsinnig engagieren für diese Ecke in Leipzig.

Obwohl klar war, dass weder OBM Burkhard Jung noch Baudezernent Thomas Dienberg irgendetwas zur Beauftragung eines Verkehrsgutachtens noch im Doppelhaushalt 2025/2026 würden sagen können. „Ich habe das Geld einfach nicht“, sagte Dienberg in seiner kurzen Stellungnahme zum AfD-Antrag.

Der nun einmal haushaltsrelevant war. Hätte der Stadtrat dem zugestimmt, hätte er Geld ausgegeben, das schlicht nicht im Haushalt vorgesehen ist. Der bis heute nicht genehmigt ist, was erst recht bedeutet, dass Leipzig solche Aufträge nicht auslösen kann.

20.000 Fahrzeuge täglich

Das Planungsdezernat hat die Verkehrsuntersuchung nun in den Doppelhaushalt 2027/2028 verschoben. Das hat Dienberg auch schon im März gesagt. Und natürlich kam das in Mölkau ganz schlecht an, wie Ortsvorsteher Klaus-Ruprecht Dietze in seiner Rede betonte, mit der er um Unterstützung für den AfD-Antrag warb, nachdem der Ortschaftsrat dem sogar einhellig zugestimmt hatte.

Natürlich hat Dietze recht, wenn er sagt, dass man nach über zehn Jahre einfach keine Geduld mehr hat. Denn die Verkehrslast in Mölkau hat sich nicht gemindert. An Wochentagen fahren hier 20.000 Fahrzeuge durch, für die die Straßenstruktur eigentlich nicht ausgelegt ist. Und 2015 verknüpfte der Stadtrat das Moratorium zum Mittleren Ring natürlich mit der Verkehrslösung in Mölkau und Stötteritz.

Und aus Sicht des Planungsdezernats gilt das Moratorium weiter, bis die Verkehrsuntersuchung stattgefunden hat. In seiner Stellungnahme heißt es: „Das mit dem Stadtentwicklungsplan Verkehr und öffentlicher Raum beschlossene zehnjährige Planungsmoratorium bedeutete, dass für diese zehn Jahre keine Planungsaktivitäten angegangen werden. Dieses Moratorium ist defacto verlängert, da die notwendige und für eine endgültige Entscheidung vorgesehene Verkehrsuntersuchung weder in den Vorjahren noch im aktuellen Haushalt 2025/26 verankert werden konnte.

Eine Umsetzung der Verkehrsuntersuchung ist entsprechend des vom Stadtrat beschlossenen Haushalts in 2025/26 auch nicht möglich. Durch die angespannte Haushaltslage waren für den Doppelhaushalt sämtliche Projekte des MTA neu zu priorisieren. Die Verkehrsuntersuchung zur verkehrlichen Entlastung in Stötteritz/Mölkau musste dabei anderen Projekten mit einer größeren Gesamtrelevanz für die Stadt untergeordnet werden.

Eine Anmeldung ist daher erst wieder für den Haushalt 2027/28 möglich und vorgesehen, der Stadtrat entscheidet im Vorlauf über den Rahmenplan zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie mit seiner Prioritätensetzung und abschließend über den Haushalt. Das Planungsmoratorium gilt insoweit und solange weiter.“

Eine Stadt in der Finanzierungsklemme

Die Haushaltsaufstellung ist längst so knapp und eng geworden, dass nicht nur das Baudezernat reihenweise Projekte immer weiter verschieben muss, die der Stadtrat beauftragt hat und die eigentlich längst umgesetzt werden müssten. Zur Nüchternheit der Stadtratsarbeit gehört nun einmal auch, dass man die Haushaltslage der Stadt einfach ernst nimmt. Darauf wies auch die SPD-Fraktionsvorsitzende Anja Feichtinger hin.

Wobei Morlok natürlich auch recht hat, wenn er fragt, warum die Verkehrsuntersuchung nicht schon früher beauftragt wurde, als Leipzig noch finanzielle Spielräume hatte?

Aber im Grunde ist selbst dieser – im Vergleich zum Gesamthaushalt – eher kleine Posten ein Zeichen dafür, wie Städte wie Leipzig geradezu in die Handlungsunfähigkeit getrieben werden, wenn sich die Lastenverteilung in Deutschland nicht baldigst ändert.

Dass das die Stimmung in Mölkau nicht verbessert, da hat Dietze wohl auch recht. Nur ist jetzt schon abzusehen, dass das noch viele weitere Planungs- und Bauprojekte treffen wird, auf die die Leipziger in verschiedenen Teilen der Stadt seit Jahren warten.

Vor dem Hintergrund war eigentlich klar, dass schon Punkt 2 des AfD-Antrages haushaltswirksam geworden wäre, was im Rahmen der aktuellen Haushaltssperre schlicht nicht geht. Aber letztlich wurden beide Punkte aus dem AfD-Antrag mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.