Von Rosalin Kuiper
Wir sind wie ‘high’ in Nizza angekommen. Vielleicht noch befeuert von der Müdigkeit. Es war eine sehr kräftezehrende Etappe. Ich wusste, dass wir alles gegeben haben. Wir haben so gekämpft, das war fantastischer Sport! Wir haben um jede Meile gerungen. Ich war danach glücklich und stolz. Es ist tatsächlich ziemlich zufriedenstellend, wenn du alles gegeben hast, um deinen Gegner zu schlagen.
Duell auf höchstem Niveau
Okay, du hast das nicht ganz geschafft, das ist dann ‘c’est la vie’. Das muss man abhaken und stolz sein auf das, was man erreicht hat. Das alles war der Grund, weshalb ich mich nach dem Finale wie ‘high’ gefühlt habe. Team Biotherm ist ein sehr starker Konkurrent. Sie sind für uns mittlerweile so etwas wie eine Obsession (lacht): Wo ist Biotherm? Aber es ist ja eine tolle Situation, dass man mit zwei starken Booten in ähnlichen Bedingungen auf so hohem Niveau so kämpfen kann.
Die Etappe hatte schon Cartagena sehr fordernd begonnen. Die Wettermodelle haben alle unterschiedliche Bedingungen vorhergesagt. Wir wussten also vorher, dass wir nichts wirklich wissen würden. Natürlich haben wir uns auf einige Szenarien vorbereitet, aber wir wussten, dass ständige Wechsel unsere Begleiter sein würden. Dass wir für alles bereit sein müssen. Das Mittelmeer ist so unberechenbar! Es war sehr schwierig, zu antizipieren.
Nach Etappe drei lässt sich sagen, dass unsere Stärken klar sind: Wir haben ein schnelles Boot. Und wir haben als Team sehr schnell eine gute Verbindung miteinander und mit dem Boot aufgebaut. Wir sind ziemlich gut in halbfoilenden Bedingungen. Also in 12, 14 bis 16 Knoten. Wenn wir am Wind segeln, heben wir im Vergleich zu anderen Konkurrenten ziemlich leicht ab. In dieser Art Bedingungen haben wir viel Zeit gewonnen. Unsere Schwächen finden sich eher downwind. Gegner wie TRR, “Arkéa Paprec” und Malizia sind da einfach sehr schnell.
“Ich finde das Ocean Race Europe cool!”
Und ich glaube, dass wir bei den Segelwechseln noch besser sein können. Wir haben das Gefühl, dass wir da immer noch etwas Zeit verlieren. Ich glaube auch, dass wir manchmal ein bisschen spät dran waren mit den Segelwechseln, unsere Gegner etwas früher reagiert haben. Insgesamt glaube ich aber, dass wir konzentriert so weitermachen sollten wie bisher. Wir müssen sicherstellen, dass wir scharf aber auch geduldig bleiben, auf den Punkt arbeiten, wenn es wichtig ist.
Hier geht es zu den Zwischenständen im Ocean Race Europe.
Die zweite Halbzeit im Ocean Race Europe läuft schon. Ich finde das Rennen cool. Es ist sehr intensiv. Es ist toll für die Fans, die Sponsoren und die Medien. Wir kommen in sehr kurzer Zeit in sehr viele Häfen. Aber es ist deswegen auch enorm fordernd. Ich weiß, dass man den Schlafmangel und beschränkte Vorbereitungszeit innerhalb unseres Teams sehen kann. Du kannst es bei allen Teams sehen, weil wir nicht genug Zeit zur genügenden Regeneration haben.
Wir haben jetzt die Halbzeit überschritten. Alle, auch ich, sind sehr müde. Die Müdigkeit ist jetzt ein zentrales Thema. Es wird also auch darauf ankommen, die Basis zu halten. Die Etappenhäfen sind supercool! Es wäre noch cooler, wenn wir hier mehr Zeit hätten, so dass wir den Fans und den Besuchern und Besucherinnen mehr bieten können. Dafür müsste man dann vielleicht weniger Häfen einbauen, damit das ganze Rennen nicht zu lang wird. So können die Stopps besser aktiviert werden und die Segler sich besser erholen.
Was die Wertung im Ocean Race Europe angeht: Da empfinde ich die bei den Wertungstoren zu Beginn der Etappen zu gewinnenden Bonuspunkte als zu große Belohnung (Redaktion: Zwei Punkte gehen bei den Wertungstoren kurz nach den Etappenstarts an das erste, ein Punkt an das zweite Boot). Man kann da zu viele Punkte gewinnen. Ich würde da weniger Punkte vergeben.
Ocean Race Europe: “Wir haben es in uns”
Zu den Aufgaben, die noch vor uns liegen: Wir haben es in uns. Es war jetzt so eng. Wir können gewinnen. Es ist noch nicht vorbei. Wir werden Druck machen! Ich fühle mich gut damit, die vierte Etappe nicht zu segeln. Wir sind fünf Segler und Seglerinnen, haben diesen Plan vorher gemacht: jeder setzt eine Etappe aus. Für mich und das Team ist es die richtige Etappe, die ich aussetze. Alan Roberts kommt frisch rein. Und ich kann mich für die dann kommende längste Etappe nach Boka Bay gut ausruhen.
Es ist die richtige Wahl für mich. Ich werde ziemlich aufgeregt sein, wenn ich das Team heute lossegeln sehe. Aber ich vertraue dem Team total!
Hier geht es zu Rosalin Kuipers Race Blog vom letzten Wochenende.
Platz zwei in Nizza, Platz zwei im Gesamtklassement nach drei von fünf Etappen und dem finalen Küstenrennen im Zielhafen Boka Bay: Team Holcim-PRB will auch auf Etappe vier weiter Druck machen. Hier der Rückblick auf das Finale von Etappe drei: