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Die Ukraine beschießt gezielt Russlands Wirtschaftsnerv, Ölraffinerien brennen. Die Benzinpreise klettern auf Rekordniveau. Putin bekämpft die Inflation.
Moskau – Die Ukraine verschärft ihre Angriffe auf das Herzstück der russischen Wirtschaft: In der Nacht zum 28. August trafen ukrainische Drohnen erneut zwei strategisch wichtige Ölraffinerien in Russland. Die Attacken auf die Kuibyshev-Raffinerie in der Region Samara und die Afipsky-Raffinerie in Krasnodar markieren einen neuen Höhepunkt in Kiews systematischer Kampagne gegen Russlands Energiesektor.
Russland-Ukraine-Konflikt: ISW-Bericht offenbart dramatische Folgen für Russlands Wirtschaft
Das Institute for the Study of War (ISW) bewertet diese Angriffe als besonders wirkungsvoll: „Die anhaltende ukrainische Angriffskampagne gegen Russlands Ölraffinerien trägt zu Benzinknappheit in ganz Russland bei, die wahrscheinlich die Inflation anheizt und weitere makroökonomische Instabilität in Russland verursacht“, heißt es in dem aktuellen Bericht. Laut ISW führen die Benzinknappheit und Preissteigerungen zu höheren Verbraucherkosten und steigenden Geschäftsausgaben in verschiedenen Branchen – ein Teufelskreis, der die Gesamtinflation anheizt.
Die Zahlen sind beeindruckend: Die Kuibyshev-Raffinerie verarbeitet jährlich sieben Millionen Tonnen Öl, die Afipsky-Raffinerie 6,25 Millionen Tonnen und spielt laut ukrainischem Generalstab eine „entscheidende Rolle bei der Treibstoffversorgung des russischen Militärs“.
Strategische Angriffe auf kritische Infrastruktur: Russland kämpft mit Benzinknappheit
Der Energiesektor bildet das Rückgrat der russischen Wirtschaft und finanziert maßgeblich Putins Kriegsmaschinerie. Seit Beginn der Invasion im Februar 2022 verdiente Russland über 883 Milliarden Euro mit Öl-, Gas- und Kohleexporten – dreimal mehr als die Ukraine an alliierter Hilfe erhält. Diese gewaltigen Summen machen deutlich, warum die Ukraine bewusst auf diese Schwachstelle abzielt.
Die Ukraine hat ihre Angriffe systematisch intensiviert: Bereits am 24. August, dem ukrainischen Unabhängigkeitstag, traf sie eine Ölraffinerie unweit von St. Petersburg im Ostseehafen Ust-Luga, wie die Tagesschau berichtet, wo Flugbenzin für Russlands Angriffskrieg hergestellt wird. Zuvor hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj angekündigt, verstärkt „Druck auf Russland“ ausüben zu wollen. In den vergangenen Monaten trafen ukrainische Drohnen auch die Lukoil-Raffinerie, die drittgrößte Russlands, sowie Rosnefts Raffinerie Saratow – beide mussten den Betrieb vorübergehend einstellen.
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Die Folgen sind bereits deutlich spürbar: Die russische Regierung verlängerte am 27. August das Exportverbot für Benzin – für Produzenten bis zum 30. September, für Nicht-Produzenten sogar bis zum 31. Oktober. Diese Notmaßnahme soll den heimischen Markt stabilisieren, offenbart aber die Schwere der Versorgungskrise. Bereits seit 2022 verhängt Russland laut ISW intermittierende Exportverbote, um die heimische Nachfrage zu decken.
Die systematischen Angriffe zeigen bereits dramatische Wirkung: In der mehrfach angegriffenen Raffinerie Nowoschachtinsk warten Arbeiter seit über vier Monaten auf ihre Löhne. „Der jüngste Angriff auf das Werk und der darauf folgende Brand haben die Situation verschlimmert“, zitiert der Telegram-Kanal VChK-OGPU eine Quelle aus der Raffinerie. Die Mitarbeiter könnten ihre Familien nicht mehr ernähren.
Die Angriffe auf die Lebensader der russischen Wirtschaft könnten sich als entscheidender Faktor im weiteren Kriegsverlauf erweisen – auf beiden Seiten. © ZUMA Press Wire / SNA / IMAGO Russische Luftabwehr versagt, Inflation steigt: Militärblogger kritisieren Führung
Besonders brisant: Russische Militärblogger kritisieren öffentlich das Versagen der eigenen Luftabwehr. Ein Blogger beklagte laut ISW, dass „die jüngsten ukrainischen Angriffe gegen russische Benzinraffinerien Russlands Öl- und Gassektor zum Kollaps bringen“ und russische Bürger bereits die Auswirkungen in Form steigender Benzinpreise spüren.
Ein kremltreuer Militärblogger warf den „zuständigen Behörden“ vor, die Ziele nicht zu schützen und ukrainische Drohnen nicht abzuschießen. Ein anderer beklagte, dass die russische Regierung niemanden für das Versagen beim Schutz der Infrastruktur vor „langsamen“ ukrainischen Drohnen verhaftet habe.
Die Angriffe verstärken bereits bestehende wirtschaftliche Probleme. Laut der russischen Gewerkschaftsföderation FNPR stiegen die Lohnrückstände im Juli 2025 um 25 Prozent an. Als Hauptursache sehen die Gewerkschaften die hohen Leitzinsen der russischen Zentralbank von 18 Prozent – ein extremer Wert, der Unternehmen vor große finanzielle Schwierigkeiten stellt.
Wirtschaftsverbände wie Opora Rossii und Delovaya Rossiya bestätigen einen Anstieg der „versteckten Arbeitslosigkeit“. Sogar international erregen die Ukraine-Attacken Aufmerksamkeit: US-Präsident Donald Trump zeigte sich „sehr wütend“ über Angriffe auf die russische Druschba-Pipeline, die Öl nach Ungarn und in die Slowakei liefert.
Die systematischen Angriffe auf Russlands Energieinfrastruktur zeigen bereits deutliche Auswirkungen auf die Wirtschaft. Die steigenden Benzinpreise, Versorgungsengpässe und wachsende öffentliche Kritik an der militärischen Führung verdeutlichen: Putins Wirtschaftsmodell gerät unter enormen Druck. Denn für Putin wird es zunehmend schwieriger, sowohl den Krieg zu finanzieren als auch die Versorgung der eigenen Bevölkerung sicherzustellen. (ls)