Es war nicht nur die 1:2-Niederlage gegen den Tabellenführer Hannover 96, die bei Fußball-Zweitligist Holstein Kiel für mächtig Frust sorgte. Nach der dritten Pleite im vierten Saisonspiel reifte auch die Erkenntnis, dass der Bundesliga-Absteiger derzeit nicht zu den Spitzenteams zählt und als Kandidat für den Wiederaufstieg gesehen werden kann.

„Gegen so einen Gegner wie heute haben wir gesehen, dass wir an Grenzen stoßen“, konstatierte Trainer Marcel Rapp. Dabei waren die Kieler zunächst gut im Spiel, agierten mit dem weiterhin ungeschlagenen Tabellenführer auf Augenhöhe und gingen nicht unverdient durch Phil Harres in Führung (21.). Die überraschende Umstellung vom gewohnten 3-4-2-1-System auf ein 4-3-3 mit Linksfuß John Tolkin als Rechtsverteidiger ging voll auf, nach dem 1:0 spielte im Holstein-Stadion allerdings nur noch Hannover 96.

Hannover 96 zwingt Holstein Kiel mit taktischer Umstellung in die Knie

Das Umstellen der Titz-Elf auf eine Eins-gegen-Eins-Verteidigung über das gesamte Spielfeld nach dem Tor sei maßgeblich für den Einbruch seines Teams gewesen, erklärte Rapp: „Da haben wir keine guten Lösungen gehabt. Die Räume waren da, aber wir haben die Bälle nicht behalten. Wenn wir einen Ball gewonnen hatten, war er sofort wieder weg.“

Enttäuschung nach dem Abpfiff: Niklas Niehoff und Holstein Kiel haben die Partie gegen Hannover 96 trotz einer frühen Führung aus der Hand gegeben.
Foto: imago/Susanne Hübner

Enttäuschung nach dem Abpfiff: Niklas Niehoff und Holstein Kiel haben die Partie gegen Hannover 96 trotz einer frühen Führung aus der Hand gegeben.Icon MaximizeIcon Lightbox Maximize

SchliessenX ZeichenKleines Zeichen welches ein X symbolisiert

Stattdessen dominierte Hannover die Partie und drängte die „Störche“ tief in die eigene Hälfte. Mit Steven Skrzybski, Phil Harres, Alexander Bernhardsson und Jonas Therkelsen hatte Holstein vier Offensivspieler auf dem Platz, doch sie alle wurden fast permanent zu Defensivarbeit gezwungen. Aufgrund der vielen Ballverluste konnten die Kieler kaum einmal für Entlastungsangriffe sorgen.

Keine Torchancen für Holstein Kiel

„Da denkt man schon: jetzt halte doch den Ball mal“, gestand Rapp, wusste aber auch: „Wir haben eben viele junge Spieler, das ist unser Weg, aber die verlieren vielleicht den einen oder anderen Ball mehr. Das muss man ein Stück weit in Kauf nehmen. Daraus müssen die Jungs lernen.“

Dabei hätte die frühe Führung der jungen Holstein-Elf durchaus Rückenwind verleihen sollen, doch im Spiel mit dem Ball funktionierte fast nichts. Die Kieler verloren die Mehrzahl der Zweikämpfe (59 Prozent), leisteten sich viele unnötige Fehlpässe und schafften es nach der Führung nicht, weitere Torraumszenen herauszuspielen.

„Da habe ich auch die Energie vermisst, hier alles rauszuhauen, um gegen den Tabellenführer einen Punkt zu holen.“

Marcel Rapp

Trainer Holstein Kiel

„Wir hatten nach der Führung keine einzige Torchance“, brachte es Rapp auf den Punkt. „Das ist der springende Punkt, wir waren im Ballbesitz in der zweiten Halbzeit nicht gut.“ Auch die Einstellung einiger Spieler bemängelte der 46-Jährige. „Viele Spieler waren heute nicht bei 100 Prozent, trotzdem haben wir lange geführt und hätten hier punkten können. Da habe ich auch die Energie vermisst, hier alles rauszuhauen, um gegen den Tabellenführer einen Punkt zu holen.“

Viel Arbeit für Marcel Rapp und Holstein Kiel in der Länderspielpause

Nach vier Spielen, drei Niederlagen und nur einem Sieg steht Holstein mit nur drei Punkten im unteren Tabellendrittel. Ein Fehlstart, der die Frage aufwirft, ob der Umbruch in der Mannschaft nicht doch etwas zu groß war und ob die Qualität vielleicht nicht reicht, um in dieser Saison im Aufstiegsrennen mitzumischen.

„Wir spielen in der 2. Liga mit einer Mannschaft, die gut ist und viel Potenzial hat, aber man kann nicht davon ausgehen, dass wir alles in Grund und Boden spielen“, erläuterte Rapp. „Wir haben uns gewünscht, dass wir direkt durchstarten, wir wussten aber auch, dass es auch so kommen kann.“

Die Länderspielpause kommt den Kielern nun durchaus gelegen, denn sie gibt Trainer und Mannschaft Zeit, die Defizite im Angriffsspiel aufzuarbeiten. In zwei Wochen reisen die „Störche“ zum FC Schalke 04 mit den Ex-Kielern Timo Becker und Finn Porath.