Die Ladung, welche die Drohne an der besonders umkämpften Front bei Pokrowsk im Osten der Ukraine abgeworfen habe, sei nur etwas weniger als 20 Kilogramm schwer gewesen, berichten ukrainische Soldaten der „Washington Post“. Was wie ein schwerer Treffer klingt, sei dringend nötig gewesen, weil russische Aufklärungsdrohnen seit Monaten jede Bewegung an der Front registrieren.

Denn die Drohne sei nicht losgeschickt worden, um gegnerische Stellungen zu zerstören, sondern den ukrainischen Frontsoldaten zu helfen: mit Nahrung und Nachschub.

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Die Soldaten sind dem Bericht zufolge auf diese Abwürfe angewiesen, weil sie nur mit Proviant für wenige Tage ausgestattet sind, aber mittlerweile mehr als einen Monat feststecken können. Sie erhielten auf diesem Wege aus der Luft etwa die typisch ukrainische Suppe Borschtsch, Kohlrouladen oder Brathähnchen. Allerdings auch Waffennachschub, Zigaretten und beruhigende Kräuter.

Die Aufgabe der Soldaten an der Front bei Pokrowsk sei ausschließlich, diese Stellungen zu halten und sich nicht zurückziehen zu müssen. Dabei bergen dem Bericht zufolge selbst die Hilfslieferungen immense Gefahren.

Denn: Selbst, wenn sie den Schützengraben verlassen, um die abgeworfene Ladung aufzusammeln, müssten die Soldaten aufpassen, nicht von den russischen Aufklärungsdrohnen entdeckt zu werden, berichtet die „Washington Post“. Russland greife die Frontlinie mehrmals am Tag an, um die exakte Position der Verteidiger zu ermitteln. Deshalb müssten die Soldaten immer, wenn Kameraden beim Aufsammeln der Ladung getroffen würden, diese Verwundeten oder Getöteten zu sich in Deckung ziehen.

Valerii, der nach eigenen Angaben 32 Tage lang in einem solchen Schützengraben ausharren musste, erklärt, dass er an seinem Geburtstag dort nur zwei Wünsche gehabt habe. Zum einen, dass jemand seine Mutter anruft, um ihr zu sagen, dass er lebt. Und zum anderen: ein Stück Schokolade.

„Ich wollte einfach nur etwas Süßes, wenn ich Kaffee trinke. Mehr nicht“, sagt Valerii zur „Washington Post“. Noch am selben Tag sei eine Drohne über ihre Position geflogen und habe Snickers-Riegel abgeworfen – genügend für alle vier Männer im Schützengraben.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

© REUTERS/ROMAN BALUK

  • Im Fall des ermordeten ukrainischen Parlamentsabgeordneten Andrij Parubij hat die Polizei nach der Festnahme des mutmaßlichen Schützen nach eigenen Angaben eine erste Spur zu den Auftraggebern. „Zum heutigen Tag untersuchen wir vorrangig eine russische Spur – ein Auftragsmord von Seiten der Russischen Föderation“, sagte der Chef der Kriminalpolizei, Andrij Njebytow. Mehr dazu hier.
  • Ein Flugzeug mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an Bord ist mutmaßlich Ziel einer absichtlichen Störung des satellitenbasierten Navigationssystems GPS durch Russland geworden. „Wir können bestätigen, dass es GPS-Jamming gab“, sagte eine Sprecherin der Europäischen Kommission in Brüssel über den Vorfall am Sonntag in Bulgarien. Mehr dazu hier.
  • Die Vorsitzenden der beiden Koalitionsfraktionen, Jens Spahn (CDU) und Matthias Miersch (SPD), haben der Ukraine bei einem überraschenden gemeinsamen Besuch in Kiew weitere Unterstützung im Abwehrkampf gegen Russland zugesichert. Beide zeigten sich dafür offen, das in der EU eingefrorene russische Vermögen für die Unterstützung der Ukraine zu nutzen. Mehr dazu hier.
  • Kremlchef Wladimir Putin hat sich auf bei der Eröffnung des Gipfeltreffens der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) harsche Kritik an Nato-Staaten geübt. Konkret beschuldigte er den Westen, für den Krieg in der Ukraine verantwortlich zu sein. „Diese Krise wurde nicht durch Russlands Angriff auf die Ukraine ausgelöst, sondern ist das Ergebnis eines Staatsstreichs in der Ukraine, der vom Westen unterstützt und provoziert wurde“, sagte der Kremlchef am Montag im nordchinesischen Tianjin. Mehr dazu hier.
  • Indiens Ministerpräsident Narendra Modi hat bei einem Treffen mit Putin beim Gipfeltreffen in China ein Ende des Ukraine-Krieges und eine dauerhafte Friedenslösung gefordert. Der Regierungschef habe seine Unterstützung für die jüngsten Initiativen zur Beilegung des Konflikts bekundet, teilte das indische Außenministerium offiziell mit.
  • Kiew hat Peking dazu aufgefordert, sich während des China-Besuchs Putins verstärkt für Frieden in der Ukraine einzusetzen. „Angesichts der bedeutenden geopolitischen Rolle der Volksrepublik China würden wir eine aktivere Rolle Pekings bei der Herbeiführung des Friedens in der Ukraine begrüßen“, erklärte das ukrainische Außenministerium am Montag.
  • Verteidigungsminister Boris Pistorius hat Äußerungen von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen zu militärischen Sicherheitsgarantien für die Ukraine deutlich kritisiert. Er halte es grundsätzlich für falsch, über solche Themen zu reden, bevor man am Verhandlungstisch sitze, sagte der SPD-Politiker beim Besuch eines Rüstungsbetriebs in Troisdorf. Mehr dazu im Newsblog.
  • Die in der Koalition der Willigen zusammengeschlossenen Unterstützerländer der Ukraine wollen am Donnerstag in Paris militärische Sicherheitsgarantien für das von Russland angegriffene Land konkretisieren. Über die beim Ukraine-Gipfel im Weißen Haus erörterten Garantien solle unter dem Vorsitz von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und des britischen Premiers Keir Starmer weiter beraten werden, teilte der Élysée-Palast mit.
  • Wegen der schweren russischen Luftangriffe in der vergangenen Woche hat die Regierung in Kiew den Nato-Ukraine-Rat einberufen. Das Treffen sollte noch am Montag in Brüssel stattfinden, kündigte der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha im sozialen Netzwerk X an. „Moskau muss mehr Druck spüren als Konsequenz, weil es den Krieg verlängert“, schrieb er.
  • Mit dem Großmanöver „Quadriga“ probt die Bundeswehr zusammen mit 13 Partnernationen den Schutz des Ostseeraums unter Krisen- und Kriegsbedingungen. Generalinspekteur Carsten Breuer wies auf die besondere Brisanz hin, da sich Teile von „Quadriga“ zeitlich mit der russischen Übung „Zapad“ in Belarus überschneiden. „Putin schaut auf uns, seine Pläne gehen über die Ukraine hinaus“, sagte er am Montag in Berlin. Mehr dazu hier.
  • Der deutsche Militärhistoriker Sönke Neitzel will zu seiner Aussage, Deutschland erlebe vielleicht den „letzten Sommer in Frieden“, keine Entwarnung geben. Ein Krieg mit Russland könne schneller kommen, als manche denken. Mehr dazu hier.

Hintergrund & Analyse „Putin will uns alle vernichten“ Wie lebt es sich in einer Stadt, die Russland an sich reißen will? Was brachte der Alaska-Gipfel? Putin drückt sich vor Treffen mit Selenskyj – und doch war nicht alles umsonst