Stand: 01.09.2025 19:16 Uhr
Nach Druck von Gerichten durften sie nach Deutschland reisen: In Hannover sind am Montag zwei Flugzeuge mit Menschen aus Afghanistan gelandet. 2.000 weitere sitzen trotz Aufnahmezusage noch in Pakistan fest.
Die 51 Afghaninnen und Afghanen aus dem Bundesaufnahmeprogramm kamen nach monatelangem Warten in Pakistan in Deutschland an. Sie alle haben eine Aufnahmezusage und hatten vor deutschen Gerichten geklagt. Nun wurden sie von Islamabad über Istanbul nach Hannover ausgeflogen. Deutsche Behörden hatten die Einreise organisiert. Am Montagnachmittag landete zunächst eine Maschine mit 45 Schutzbedürftigen an Bord – darunter 17 Frauen und 20 Kinder – am Flughafen in Langenhagen. Am Montagabend kamen dann noch sechs weitere Afghaninnen und Afghanen mit dem Flugzeug in Hannover an. Unter ihnen waren auch die beiden Frauen, die nach Informationen von NDR Niedersachsen zuvor ihren Flug von Istanbul nach Hannover verpasst hatten.
Hunderte Menschen warten mit Ausreisezusage in Pakistan
Die am Montag in Hannover Gelandeten gehören zu den rund 2.300 Menschen, denen Deutschland nach der Machtübernahme der Taliban im August 2021 Schutz zugesagt hatte. Viele von ihnen waren für deutsche Organisationen tätig, darunter Ortskräfte, Übersetzerinnen, Menschenrechtsaktivisten oder Journalistinnen. Während Union und SPD nach Regierungsantritt 2025 vereinbart haben, freiwillige Aufnahmeprogramme weitgehend zu beenden, warten Hunderte Afghanen mit bereits erteilten Zusagen weiter in Pakistan auf ihre Visa. Die heute Eingereisten wurden den Angaben zufolge intensiv durchgecheckt.
Obwohl sie nach der Machtübernahme der Taliban eine Aufnahme-Zusage hatten, saßen sie monatelang fest. Nun dürfen sie einreisen.
Festnahmen in Pakistan trotz Aufnahmezusage
Die Lage in Pakistan hatte sich zuletzt dramatisch verschlechtert. Nach Angaben der Bundesregierung wurden in den vergangenen Wochen rund 450 Afghaninnen und Afghanen mit Aufnahmezusage von pakistanischen Behörden festgenommen. Mehr als 200 von ihnen wurden ohne Dokumente nach Afghanistan abgeschoben, darunter auch eine afghanische Gynäkologin mit ihren vier Kindern. Zuvor hatte sie ihre Wartezeit in Pakistan genutzt, um sich und ihren Kindern Deutsch beizubringen. Sie appelliert an die Bundesregierung: „Wir haben uns für Demokratie und Menschenrechte eingesetzt. Bitte lassen Sie uns nicht zurück in die Dunkelheit fallen.“ Viele Schutzsuchende leben unterdessen in Pakistan in ständiger Angst vor Verhaftungen.
Zehn afghanische Familien dürfen aus Pakistan nach Deutschland ausreisen. Alle haben schon lange Aufnahmezusagen, saßen aber über Monate fest. Am frühen Nachmittag werden sie in Hannover erwartet. Von P. Hornung.
Gerichte sehen Bundesregierung in der Pflicht
Mehrere Verwaltungsgerichte hatten in den vergangenen Wochen entschieden, dass die Bundesregierung rechtlich verpflichtet ist, die erteilten Aufnahmezusagen umzusetzen. In Einzelfällen drohten die Richter sogar Zwangsgelder an, sollte das Auswärtige Amt die Visa nicht bis Anfang September erteilen. In einigen Fällen hatte das Auswärtige Amt zunächst beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Beschwerde eingelegt, diese dann aber teilweise zurückgezogen.
Neuanfang für 47 Menschen aus Afghanistan in Friedland
Während die Lage vieler Schutzsuchender in der Region zwischen Islamabad und Kabul weiterhin prekär bleibt, bedeutet für die 47 Afghaninnen und Afghanen die Einreise nach Deutschland Sicherheit und einen Neuanfang. Sie werden nun zunächst ins Grenzdurchgangslager Friedland (Landkreis Göttingen) gebracht und von dort dann weiter verteilt.
47 Menschen dürfen aus Pakistan nach Deutschland ausreisen. Alle haben schon lange Aufnahmezusagen, saßen aber über Monate fest.
Das entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg im Fall einer Familie, die derzeit in Pakistan lebt.
Das Auswärtige Amt hat eine Frist verstreichen lassen, um Afghanen mit Aufnahmezusage die Einreise zu ermöglichen. Nun müsse das Ministerium damit rechnen, dass das Gericht ein Zwangsgeld verhängt, berichtet die Welt.
Auch Jahre nach der Machtübernahme der Taliban warten tausende Afghanen mit Aufnahmezusagen weiter auf ihre Ausreise nach Deutschland. In Pakistan drohen Festnahmen und Abschiebungen. Ruth Kirchner hat mit Betroffenen gesprochen.
Besonders gefährdete Afghanen können über das Bundesaufnahmeprogramm nach Deutschland kommen. Bisher sind so 860 Menschen eingereist. Andere warten darauf seit Monaten – unter schwierigen Bedingungen. Von Michael Brandt.
Die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts zeigt: Die Regierung bricht nicht nur das Wort gegenüber gefährdeten Menschen, meint Max Bauer. Sie missachtet auch den Rechtsstaat in Deutschland.