Kremlchef Wladimir Putin hat sich auf bei der Eröffnung des Gipfeltreffens der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) harsche Kritik an Nato-Staaten geübt. Konkret beschuldigte er den Westen, für den Krieg in der Ukraine verantwortlich zu sein. „Diese Krise wurde nicht durch Russlands Angriff auf die Ukraine ausgelöst, sondern ist das Ergebnis eines Staatsstreichs in der Ukraine, der vom Westen unterstützt und provoziert wurde“, sagte der Kremlchef am Montag im nordchinesischen Tianjin.
Der russische Präsident spielte damit auf die pro-europäischen Proteste auf dem Kiewer Maidan-Platz von 2014 an, die zum Sturz des vom Kreml unterstützten damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch führten. Moskau annektierte daraufhin die ukrainische Halbinsel Krim und unterstützte pro-russische Separatisten im Osten der Ukraine, die Teile der Regionen Luhansk und Donezk besetzten.
„Der zweite Grund für diese Krise sind die andauernden Versuche des Westens, die Ukraine in die Nato zu ziehen“, fügte Putin in Tianjin hinzu. Russland hatte zuvor bereits den Nato-Beitritt mehrerer mittel- und osteuropäischer Staaten ab den 1990er Jahren als einen der „tieferen Gründe“ der russischen Militäroffensive in der Ukraine bezeichnet. Der Verzicht Kiews auf einen Nato-Beitritt ist eine der russischen Forderungen für ein Ende von Moskaus Angriffskrieg in der Ukraine.
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Putin betonte, die Welt benötige ein „System, dass die veralteten eurozentrischen und euro-atlantischen Modelle ersetzt“ und die Interessen so vieler Länder wie möglich berücksichtige. Er bedankte sich für die „Bemühungen und Vorschläge Chinas, Indiens und unseren weiteren strategischen Partnern, die darauf abzielen, bei der Lösung der ukrainischen Krise zu helfen“.
Xi Jinping sieht Weltordnung gefährdet
Auch Chinas Staatschef Xi Jinping hielt sich bei der offiziellen Eröffnung des SOZ-Gipfeltreffens mit scharfer Kritik nicht zurück und monierte die gegenwärtige Weltordnung. Der Präsident der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt rief in seiner Rede dazu auf, „sich zu Fairness und Gerechtigkeit zu bekennen“ und „der Mentalität des Kalten Krieges, Lager-Konfrontation und einschüchterndem Verhalten entgegenzutreten“.
Xi nannte die aktuelle Weltlage in Tianjin „chaotisch und verschlungen“. Die SOZ-Mitgliedstaaten sähen sich mit noch größeren Herausforderungen in puncto Sicherheit und Entwicklung konfrontiert. Mit dem „Geist von Shanghai“ seien diese zu bewältigen.
Wer gehört zu den SOZ-Mitgliedstaaten?
Der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit gehören China, Belarus, Indien, der Iran, Pakistan, Russland sowie vier zentralasiatische Staaten an. Weitere 16 Länder sind als Beobachter oder „Dialogpartner“ angegliedert. China und Russland nutzen die Organisation, um ihre Beziehungen zu zentralasiatischen Staaten zu stärken und ein Gegengewicht zu Zusammenschlüssen westlicher Staaten wie der Nato zu etablieren.
Wladimir Putin und Indiens Premierminister Narendra Modi saßen sich beim SOZ-Gipfeltreffen in Tianjin gegenüber.
© AFP/ALEXANDER KAZAKOV
Putin und Modi beim SOZ-Gipfel in Tianjin
Der chinesische Präsident versammelte in Tianjin mehr als 20 Staats- und Regierungschefs. Zunächst stellten sie sich auf dem roten Teppich zu einem Gruppenfoto auf. Zu ihnen zählten der russische Präsident Wladimir Putin und der indische Regierungschef Narendra Modi. Am Sonntag hatte der Gipfel mit bilateralen Treffen von Xi mit seinen Gästen begonnen.
Modi besucht China zum ersten Mal seit 2018. Bei einem Treffen mit Xi zeigte er sich am Sonntag entschlossen, die Beziehungen zwischen Indien und China „auf der Grundlage von gegenseitigem Vertrauen“ zu verbessern. China und Indien, die bevölkerungsreichsten Länder der Erde, sind erbitterte Rivalen. Zuletzt hatten jedoch Unsicherheiten im globalen Handel und in geopolitischen Fragen zu einer Annäherung zwischen Neu Delhi und Peking geführt.
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Bei seinem Treffen mit Putin in Tianjin forderte Modi ein Ende des Ukrainekrieges und eine dauerhafte Friedenslösung. Der Regierungschef habe seine Unterstützung für die jüngsten Initiativen zur Beilegung des Konflikts bekundet, teilte das indische Außenministerium offiziell mit. Putin und Modi trafen sich in der chinesischen Stadt Tianjin beim Gipfeltreffen des Sicherheitsbündnisses Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ).
Wladimir Putin traf Indiens Premierminister Narendra Modi beim SOZ-Gipfeltreffen in Tianjin.
© REUTERS/Vladimir Smirnov
Putin ging in seinen öffentlich gemachten Aussagen nicht auf ein mögliches Kriegsende ein. Dafür betonte er umso mehr die gute und enge Zusammenarbeit. „Russland und Indien unterhalten seit Jahrzehnten besondere Beziehungen – freundschaftliche, vertrauensvolle“, sagte er nach Kreml-Angaben.
Außer dem bilateralen Treffen mit Modi stehen auf Putins Programm für Montag auch Treffen mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan und dem iranischen Präsidenten Massud Peseschkian. Dabei dürfte es um den Ukrainekrieg und das iranische Atomprogramm gehen.
Russlands Präsident Wladimir Putin traf sich am Montag in Tianjin mit Recep Tayyip Erdogan.
© REUTERS/ALEXANDER KAZAKOV
Indien zeigt sich bemüht um neutrale Position zum Ukrainekrieg
Indien hat sich nach eigenem Verständnis bislang neutral zum Ukrainekrieg verhalten. Es hat mehrfach ein Ende der Kämpfe gefordert und Moskau vor einer nuklearen Ausweitung des Krieges gewarnt, aber keine eigenen diplomatischen Initiativen ergriffen. Im Gegenteil: Die südostasiatische Macht wurde zum zweitgrößten Käufer von russischem Öl.
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Modi will mit Putin am Montag ein bilaterales Gespräch führen. Vorab tauschte sich der indische Regierungschef am Samstag in einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj über „die Bemühungen um die Wiederherstellung von Frieden und Stabilität“ aus. Indien unterstütze „alle Bemühungen in diese Richtung uneingeschränkt“, schrieb Modi in Onlinenetzwerken dazu. (AFP, dpa, mira)