„Unser Leben ist jeden Augenblick bedroht“: In einem Brandbrief an Kanzler Merz bitten 210 Afghanen um Hilfe. Sie waren bereits für die Aufnahme in Deutschland vorgesehen – jetzt leben sie nach eigenen Angaben versteckt und in ständiger Angst.

Hunderte Afghanen, die mit ihren Familien von Pakistan in ihr von den Taliban beherrschtes Heimatland deportiert wurden, haben sich am Montagabend mit einem Brandbrief an Bundeskanzler Friedrich Merz, Außenminister Johann Wadephul (beide CDU) und Innenminister Alexander Dobrindt gewandt (CSU). Insgesamt 210 Betroffene, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben wollen, schreiben, sie seien am 15. August 2025 „unter Missachtung aller humanitären und ethischen Standards“ von Pakistan nach Afghanistan abgeschoben worden. Dabei seien sie Opfer schwerer Misshandlungen durch die pakistanische Polizei geworden.

Die Afghanen melden sich laut eigenen Angaben aus einem „sicheren Haus“ in der afghanischen Hauptstadt Kabul, das die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und andere Partner organisiert haben. „Unser Leben ist jeden Augenblick bedroht“, heißt es in dem Brief.

In dem Schreiben weisen die Betroffenen darauf hin, dass alle in der Gruppe c und in Abstimmung mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit in die pakistanische Hauptstadt Islamabad gebracht worden seien.

Man habe erwartet, dass innerhalb von sechs Monaten die Visaerteilung und der Umzug nach Deutschland abgeschlossen sein würden, so die Absender. Stattdessen hätten sie teilweise Jahre in Pakistan in Unsicherheit gelebt.

Die Gruppe fordert unter anderem ihre Rückführung nach Pakistan und anschließende Umsiedlung nach Deutschland sowie sofortige Verhandlungen mit den pakistanischen Behörden, um weitere Verhaftungen und Abschiebungen anderer anerkannter Antragsteller nach Afghanistan zu verhindern.

Flieger mit 45 Afghanen landete in Deutschland

Am Montag war eine Gruppe von 45 Afghanen mit Aufnahmezusage mit einem Flieger in Deutschland angekommen. „Es handelt sich hierbei ausschließlich um Personen, die über Gerichtsverfahren die Vergabe von Visa erwirkt haben“, teilte das Innenministerium mit. „Unter diesen Personen sind keine Ortskräfte.“ Es hätten jedoch alle „das Aufnahmeverfahren und die Sicherheitsprüfung vollständig durchlaufen“.

Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD vereinbart, Aufnahmeprogramme weitgehend einzustellen. Gerichte hatten aber den Aufnahmeanspruch von Menschen mit verbindlicher Zusage festgestellt. Vergangene Woche hatte die Bundesregierung angekündigt, einzelne nach Pakistan geflohene Afghanen doch noch aufzunehmen.

Das Auswärtige Amt geht nach Angaben vom Montag davon aus, dass noch rund 2300 Afghanen auf Ausreise nach Deutschland warteten. 2100 von ihnen seien in Pakistan, der Rest in Afghanistan.

Die radikalislamischen Taliban hatten im August 2021 die Macht in dem Land übernommen. Seither gibt es dort schwere Menschenrechtsverletzungen, von denen insbesondere Frauen betroffen sind.

ceb