Konzert | Alessi Rose im Hole44

Vielleicht bald eine ganz Große?

Di 02.09.25 | 09:08 Uhr | Von Hendrik Schröder

Archivbild: Alessi Rose singt am 23. August 2025 beim Leeds Festival. Am 1. September 2025 trat sie im Hole44 in Berlin auf. (Quelle: Picture Alliance/Photoshot/Mike Gray)

Picture Alliance/Photoshot/Mike Gray

Audio: rbb24 Inforadio | 02.09.2025 | Hendrik Schröder | Bild: Picture Alliance/Photoshot/Mike Gray

Alessi Rose kommt aus Derby. Das ist im britischen Nirgendwo. Im Kinderzimmer bringt sie sich Songwriting bei. Und wird innerhalb kürzester Zeit vom Niemand zur Pop-Hoffung. Kann sie die Erwartungen erfüllen? Von Hendrik Schröder

Die Geschichte von Alessi Rose ist irre und zeigt, wie schnell heutzutage alles gehen kann. Als Minderjährige sitzt sie in ihrem Schlafzimmer, nimmt mit einem uralten Computer und einem Musikprogramm ohne Lizenz kleine Lieder auf und schickt sie Woche für Woche an eine Newcomersendung der BBC in London. Bis sie dort endlich gespielt wird. Und dann nochmal. Und nochmal. Und zack: bekommt sie einen Plattenvertrag. Und ab auf die großen Bühnen. Naja, so zumindest die etwas zusammengeraffte Story.

In rasendem Tempo passiert das alles. Zwischen erster Single und Support Act für Dua Lipa vergehen kaum zwei Jahre. Jetzt ist Alessi Rose 22, hat ein paar EPs draußen – und wie sie so auf der Bühne steht im Hole44 in Berlin- Neukölln, irgendwas zwischen lasziv, überdreht, cool und manchmal sehr kindlich, merkt man ihr an, dass manches vielleicht ein bisschen sehr schnell ging und sie gerade dabei ist, ihre Identität als Künstlerin erst noch zu finden.

  • Archivbild:Die Sängerin Alli Neumann bei einem Auftritt am 03.08.2024.(Quelle:picture alliance/Bonn digital/M.John)

    picture alliance/Bonn digital/M.John

    Geheimkonzerte in Berlin –
    Die Katze im Sack

    Seit einer Weile organisiert der Veranstalter „Rausgegangen“ in Berlin Geheimkonzerte. Wer spielt, erfahren die Zuschauer erst vor Ort. Kann das funktionieren? Von Hendrik Schröder


Körpereinsatz auf beiden Seiten

Mit Band ist Alessi Rose auf diese Tour gekommen. Eine zackige Schlagzeugerin sitzt dort, die auch dann nicht die Ruhe verliert, als die Fußmaschine sich verabschiedet und ein Bühnentechniker minutenlang unter ihr herumkriecht, um das in Ordnung zu bringen. Ein lustiger Basser im Unterhemd ist dabei, ein Gitarrist in Shorts, der sehr präzise spielt. Die Idee mit der Band ist gut, gibt dem ganzen mehr Zusammenhalt, macht es organischer.


Kuscheltiere und Blumen

Alessi Rose turnt derweil sehr respektabel herum, wirft sich auf den Bühne, geht herausfordernd in die Hocke, robbt über den Boden. Schneid hat sie, Power, Verve. Mangelnden Körpereinsatz kann man ihr auch nicht vorwerfen. Ihre Ansagen allerdings sind leider komplett Banane, irgendwas zwischen: „bin ich aufgeregt“, „was liebe ich euch“, „ich liebe Berlin“, „ich liebe Deutschland“, „ich bin auf Tour“, „ich kanns nicht glauben“. Jeder Satz fängt mit „ich“ an, aber das nur am Rande. Aber gute Ansagen können auch wirklich nur wenige und die Fans freuen sich über jeden Satz und halten Papierherzen hoch und verschenken Kuscheltiere und Blumensträuße und so entsteht eine sehr schöne und freundlich-freundschaftliche Stimmung zwischen der Sängerin und dem größtenteils sehr jungen Publikum. Angesetzt war das Konzert für das Huxleys mit seinen ca. 1500 Plätzen, dann wurde es ins kleinere Hole44 verlegt, in dem an diesem Abend aber die Empore gesperrt bleibt. So erleben die Fans gemeinsam mit nur ein paar hundert anderen ihren Star sehr, sehr nah.


Harte Arbeit

Manche der jungen Fans sind dabei teilweise derart euphorisiert, dass sie lauter schreien als es aus den Boxen ballert und dabei springen wie bei den Bundesjugendspielen. Ein Ordner reicht Wasserflaschen, es wird heiß im Hole. Ein paar etwas Ältere am Rand können sich ein Lachen nicht verkneifen, so derartig rasten die jungen Fans wie aus dem Nichts aus. Aber es ist ein wohlwollendes Lachen. Nach dem Motto: Wie schön, dass ihr so viel Spaß habt. Und Alessi Rose ist mit Sicherheit eine respektable Künstlerin. Zwar bleibt von ihren indie, folky poppy Songs leider nicht viel im Ohr hängen. Aber ihre Stimme ist live sehr gut. Und man sieht wie hart sie arbeitet, wie sehr sie das will, was sie da macht. Mit noch ein bisschen mehr Erfahrung und vielleicht einem Produzenten, der sich auch mal traut, ihr 2-3 originellere Songs auf den Leib zu schreiben, könnte Alessi Rose wirklich ne Große werden. Toi Toi toi.

Sendung: rbb24 Inforadio, 02.09.2025, 8:55 Uhr

Beitrag von Hendrik Schröder