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Henni Nachtsheim stellt sein Buch »Eintracht Frankfurt – Eine Liebeserklärung« im Eintracht-Museum (Haupttribüne im Stadion) vor. © Red
Henni Nachtsheim stellt sein viertes Buch über Eintracht Frankfurt im Waldstadion vor – und berichtet von der „schönsten Achterbahnfahrt der Welt“.
Seiner großen Liebe begegnet Hendrik Nachtsheim, als er 14 Jahre alt ist. Damals ist der heute 68-Jährige zum ersten Mal im Frankfurter Waldstadion. Als Bewunderer von Wolfgang Overath, der bei den gegnerischen Kölnern kickt. 90 Minuten später hat sich das Blatt gewendet, verschwendet der in Wuppertal geborene, aber im Rhein-Main-Gebiet aufgewachsene Teenager keinen Gedanken mehr an die Gäste. Jürgen Grabowski und Bernd Hölzenbein haben sein Herz mit ihrem leichtfüßigen Spiel auf dem Rasen erobert, ihn für immer eingenommen für den Verein, für den er nun schon mehr als 50 Jahre lang brennt: Eintracht Frankfurt.
Badesalz-Comedian Henni Nachtsheim berichtet im Buch von Liebe zu Eintracht Frankfurt
»Die schönste Achterbahn der Welt«, so fasst der als Henni Nachtsheim bekannte Comedian und Musiker am vergangenen Donnerstag im Eintracht-Museum zusammen, was er dabei durchmacht, einen Fußballklub zu begleiten, der als »Diva« gelte, bei dem Erfolg und Enttäuschung näher beieinanderliegen als bei jedem anderen. »Freu dich net zu früh«, so heiße es allenthalben, wenn’s gerade mal gut aussehe für den deutschen Meister von 1959. Diese Unvorhersehbarkeit aber sei reizvoll.
Die Zuneigung des Künstlers zu dem Verein ist bekannt; den Song »Herz rot-schwarz gestreift«, das Bühnenstück »Adlerherzen« und vier Bücher hat Nachtsheim über die SGE geschrieben. Das jüngste, »Eintracht Frankfurt – Eine Liebeserklärung«, stellt er an diesem Abend vor. Trotz kurzfristiger Einladung ist der Raum proppenvoll.
Er habe das Buch gar nicht angehen wollen, verrät Nachtsheim. Sein erster Roman »Aller Kidnapping ist schwer«, der am 18. September erscheint, sollte ihm für ein Kalenderjahr genügen. Doch da die »Liebeserklärung« zu einer Reihe des Ullstein Verlags zählt, die alle Bundesligisten umfassen soll, habe er sich gedacht: »Wenn ich das nicht schreibe, dann tut es jemand anderes.« Dazu sollte es keinesfalls kommen.
Persönliche Erlebnisse vermischt Nachtsheim mit Anekdoten um Pokalsiege und Traumata, die ihm Zeitzeugen wie Eintracht-Urgestein Rainer Falkenhain erzählten, der ab 1985 in verschiedenen Positionen im Verein angestellt war. Nachtsheim schildert sein erstes Treffen mit Grabowski, dem »Mann, der im Fußball für mich immer das Maß aller Dinge war«, und wie er diesen dazu überredete, bei einem Konzert zusammen mit Alexander Schur und Uwe Bindewald den Background-Chor für sein Eintracht-Lied zu bilden. Dass das Publikum »total ausflippte«, kommentierte die Legende später nur trocken mit: »War net schlecht.«
Die in der Realität in ihrem Ausmaß schon kaum glaubhafte Verrücktheit der Frankfurter »Fußballprimaten«, O-Ton aus der Nachbarschaft, spiegelt sich in Storys über fliegende Stühle oder einem in gegnerischen Farben angemalten Krokodil im Zoo wider. Aber auch in den Dialogen der Fantasiegestalten Manni und Walter. Sich einen siebten Tabellenplatz schönzureden, weil die Zahl Vollkommenheit symbolisiert, ist umso witziger, wenn Nachtsheim die beiden in breitem Hessisch und mit den verstellten Stimmen diskutieren lässt, die man aus seinen Rollen beim Comedy-Duo »Badesalz« kennt.
Dem Sketch »Anthony Sabini«, mit dem er und sein Partner Gerd Knebel 1991 rassistische Äußerungen zum Ghanaer Anthony Yeboah kommentierten, ist auch ein Kapitel gewidmet. Als Nachtsheim daraus zitiert, schlägt er ernste Töne an. Was damals die betroffenen Anhänger nachdenklich stimmte, sie sich später schämen ließ, würde heute vielleicht nicht mehr funktionieren. Es sei früher leichter gewesen, mit so einer Darstellung Diskriminierende zu entblößen. »Satire tut sich heute schwer«, sagt Nachtsheim. »Ironie wird oft eins zu eins genommen« und damit völlig falsch verstanden.