Bildungsverwaltung
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Senat verbessert Finanzierung von Privatschulen
Di 02.09.25 | 14:49 Uhr | Von Sebastian Schöbel
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Audio: rbb24 Inforadio | 02.09.2025 | Sebastian Schöbel | Bild: dpa/Gaertner
Private Schulen in Berlin sollen künftig mehr Zuschüsse für die Beschulung von Kindern mit höherem Bedarf erhalten. Zugleich gibt es ab dem Schuljahr 2027/28 eine verpflichtende Schulgeldtabelle. Kritiker fürchten Finanzlücken in anderen Bereichen. Von S. Schöbel
Der Berliner Senat hat am Dienstag beschlossen, die Finanzierung von Privatschulen zu verbessern. Die Schulen sollen demnach höhere Zuschüsse für die Beschulung von Kindern mit sozialpädagogischem Bedarf oder aus einkommensschwachen Familien bekommen. Das soll helfen, die Schülerschaft auch an Privatschulen stärker zu durchmischen.
Gleichzeitig wird ab dem Schuljahr 2027/28 eine verpflichtende Schulgeldtabelle eingeführt, die gestaffelt nach Einkommen festlegt, welche Zusatzbeiträge von den Privatschulen verlangt werden dürfen. Gleichzeitig können neu gegründete Privatschulen die Zuschüsse schon deutlich früher erhalten als bisher, nämlich zwei statt fünf Jahre nach Gründung.
Gestaffeltes Schulgeld nach Einkommen
Die neue Schulgeldtabelle legt fest, dass Kinder aus Familien mit einem Bruttojahreseinkommen von weniger als 30.000 Euro maximal 35 Euro Schulgeld pro Monat zahlen müssen – wobei Kinder, die auch von Lernmittelkosten befreit sind, nur 10 Euro monatlich zahlen müssten.
Das Schulgeld steigt dann mit dem jeweiligen Bruttojahreseinkommen: 65 Euro monatlich sind es bis zu einem Jahreseinkommen von 42.000 Euro, 160 Euro bis zu einem Jahreseinkommen von 55.000 Euro, 250 Euro bis zu einem Jahreseinkommen von 68.000 Euro, und schließlich 350 Euro bis zu einem Jahreseinkommen von 81.000 Euro.
Die Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen Berlin (AGFS) zeigte sich zufrieden mit der geplanten Gesetzesänderung. „Wichtig ist, dass die Inklusion gefördert wird“, sagte Torsten Wischnewski, Referent für Schule beim Paritätischen Wohlfahrtsverband. Die Lage vieler Freier Schulen durch die stark gestiegenen Kosten sei prekär.
„Einige Schulen sind wirklich in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet“, so Wischnewski. Die Novelle des Schulgesetzes helfe, den finanziellen Unterschied zu den staatlichen Schulen etwas zu verringern. Der Abstand betrage im Schnitt 60 Prozent, weil Privatschulen nur für Personalkosten Zuschüsse erhalten. Deswegen hätten sich die freien Träger erhofft, so Wischnewski, dass auch die gestiegenen Kosten für Sachmittel, Sozialarbeit und Schulbau bei der Berechnung von Zuschüssen mit einbezogen werden.
42.000 Schüler auf 170 freien Schulen
Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) bezeichnete die Novelle als „deutliche Stärkung und Anerkennung der Schulen in freier Trägerschaft“. Auf diese wolle Berlin nicht verzichten, zudem seien sie verfassungsrechtlich fest verankert. Viele der freien Schulen hätten es angesichts stark gestiegener Kosten und der bislang „in Stein gemeißelten“ Zuschüsse schwer, wirtschaftlich stabil zu bleiben. „Deswegen war es dringend notwendig, auch mehrere tausend Schulplätze zu sichern.“
Die rund 170 Schulen in freier Trägerschaft beschulen aktuell rund 42.000 Kinder. Die Mehrkosten der Reform beziffert die Bildungsverwaltung auf rund 10 Millionen Euro im kommenden Jahr, mindestens 16,5 Millionen Euro im Haushaltsjahr 2027 und mindestens 31,6 Millionen Euro im Jahr darauf.
Kritik an Günther-Wünschs Reform kommt von den Grünen. Zwar sei es richtig, auf diesem Weg mehr soziale Durchlässigkeit und mehr Inklusion an freien Schulen zu erreichen. Allerdings spiele die Senatorin zur Finanzierung des Vorhabens einzelne Gruppen gegeneinander aus. „Sie streicht in der allgemeinen Schulsozialarbeit, bei der Inklusion, in der Kitasozialarbeit, der Kinderarmutsbekämpfung, bei Sportangeboten, der Demokratiebildung und in der wichtigen Familienarbeit.“ Es dürfe nicht sein, so Burkert-Eulitz, „dass Reformen für freie Schulen mit Kürzungen bei den Ärmsten erkauft werden“.
Linke sieht Finanzlücken in anderen Bereichen
Die bildungspolitische Sprecherin der Linken, Franziska Brychcy, begrüßte vor allem die Einführung einer verpflichtenden Schulgeldtabelle. Zwar seien Freie Schulen ein wichtiger Teil der Berliner Bildungslandschaft, wenn sie sich an die Vorgaben zur sozialen Durchmischung halten.
„Die Praxis zeigt jedoch, dass dies nicht flächendeckend der Fall ist und viele Freie Schulen nachweislich die Segregation im Bildungsbereich verschärfen.“ Auch Brychcy wirft dem Senat vor, die erhöhten Zuschüsse für Freie Schulen durch Kürzungen in anderen Bereichen zu finanzieren, unter anderem bei der Lehrkräfteausbildung, der Brennpunktzulage und der Praxisplätze für Schüler:innen, deren Abschluss gefährdet ist. „Die Reform der Finanzierung der Freien Schulen darf nicht auf dem Rücken der bedürftigsten Schüler:innen geschehen.“
Der bildungspolitische Sprecher der AfD, Tommy Tabor, bezeichnete die Reform als überfällig aber sinnvoll. „Angesichts des staatlichen Versagens im Schulwesen sind die Freien Schulen ein Zufluchtsort für die Kinder bildungsinteressierter Eltern“, so Tabor. Er forderte, dass Berlin ein Vollkostenmodell für die Privatschulen einführt und auch an Förderprogrammen des Landes teilhaben lässt.
Sendung: rbb24 Inforadio, 02.09.2025, 13:20 Uhr
Beitrag von Sebastian Schöbel