KI in der Arztpraxis
Wenn digitale Assistenten bei der Sprechstunde lauschen

Von Janna Linke
02.09.2025, 15:30 Uhr

Bis 2030 könnte jede vierte Hausarztpraxis wegfallen. Wer kümmert sich dann um Patientinnen und Patienten? Künstliche Intelligenz kann Ärzte nicht ersetzen, aber entlasten. Als digitale Assistenz helfen sie schon jetzt beim Telefonieren, bei der Dokumentation und der Patientenaufnahme.

In deutschen Hausarztpraxen spielt sich gerade ein Zukunftsszenario ab: Während eines Routinebesuchs wird der Blutdruck gemessen, doch das Aufschreiben der Werte übernimmt eine Künstliche Intelligenz. Sie „lauscht“ jeder Sprechstunde, filtert relevante Fakten heraus und erstellt direkt eine Zusammenfassung.

Für Hausarzt Dr. Gilbert Büchner ist das eine echte Erleichterung: „Ich kann mich voll auf den Patienten konzentrieren“, erklärt er. Der Sprechstundenassistent nimmt ihm die lästige Dokumentation ab.

„Mit KI ist das Vergangenheit“

Dieser Fortschritt ist das Ergebnis harter Arbeit. Tobias Wagenführer ist heute bei Doctolib aktiv und hat mitgeholfen, den digitalen Assistenten zu entwickeln. „Wir hatten von Anfang an das Prinzip, die KI nicht für, sondern gemeinsam mit Ärzten zu entwickeln“, sagt er. „Das ist manchmal ein aufwendiger Weg, aber unerlässlich.“

Wagenführer kennt das Geschäft: 2015 gründete er mit Aaron.ai ein Startup und entwickelte einen KI-Telefonassistenten – lange, bevor KI im Gesundheitswesen Mainstream wurde. 2024 übernahm Doctolib die Firma, Wagenführer arbeitet mit seinem Team jedoch bis heute an der Technologie.

Wie vielseitig KI bereits im Praxisalltag eingesetzt wird, zeigt ein weiteres Beispiel: Mit SymptoX unterstützt eine digitale Assistenz die Anamnese. Schon bevor Patienten den Arzt sehen, schildern sie am Terminal ihre Beschwerden und Symptome – digital. Das Feedback wertet die KI aus und gibt die wichtigsten Informationen direkt weiter zum behandelnden Arzt, wie etwa in einer Radiologie-Praxis in Hannover. „Die Anamnese kam früher oft zu kurz“, erklärt Radiologe Tobias Deutsch: „Mit KI ist das Vergangenheit.“

Ein neues Berufsbild

Solche digitalen Helfer sind gefragt, denn laut Bertelsmann-Stiftung könnte bis 2030 jede vierte Hausarztpraxis wegfallen. Die Aufgaben müssen umverteilt werden, KI ist dafür zentral: Sie entlastet das Praxisteam beim Telefonieren, bei der Dokumentation und der Patientenaufnahme.

Gesundheitswesen-Experten wie Jochen Werner sehen hierin einen grundlegenden Wandel: „Große Teile der Diagnostik werden künftig maschinell erledigt, aber die menschliche Zuwendung wird bleiben – vielleicht sogar wichtiger werden. Das Berufsbild Arzt wird sich deutlich verändern.“

Kein Jobkiller, sondern echter Helfer

Kann KI Arbeitsplätze in Arztpraxen ersetzen? „Definitiv nicht“, sagt Hausarzt Büchner. Gerade bei Stress am Tresen, wenn Patientenschlangen drängen und das Telefon unaufhörlich klingelt, sorgt der KI-Assistent für Entlastung. „Ich sehe nur Vorteile – ein angenehmes Arbeitsklima ist wichtiger denn je.“

Künstliche Intelligenz ist längst Alltag in deutschen Arztpraxen. Sie macht sich an der Anmeldung, im Gespräch und bei der Anamnese nützlich. Bald könnte sie aus deutschen Sprechstunden nicht mehr wegzudenken sein.

Mit Tobias Wagenführer sprach Jan-Paul Götze. Das Gespräch wurde zur besseren Verständlichkeit gekürzt und geglättet. Vollständig können Sie es im ntv-Podcast „Startup – jetzt ganz ehrlich“ anhören.

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