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Die Trump-Regierung plant die Übernahme des Gazastreifens und die Umsiedlung der Palästinenser. Ein Zeitungsbericht deckt den gigantischen Plan auf.
Washington, DC – Es ist ein Zeitungsbericht, der Sprengkraft für die US-Politik birgt, und wegweisend für den Kurs sein könnte, den die Regierung unter Präsident Donald Trump im Israel-Krieg wählt. Laut einer exklusiven Recherche der Washington Post plant das Weiße Haus die Kontrolle über den Gazastreifen zu übernehmen. Der Küstenstreifen soll zehn Jahre lang von einer Treuhandgesellschaft der USA verwaltet werden. Die gesamte Bevölkerung von etwa zwei Millionen Menschen soll umgesiedelt werden und Gaza auf unbestimmte Zeit verlassen.
US-Präsident Donald Trump beim Dinner mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. (Archivbild) © imago
Die US-Zeitung beruft sich in ihrem Bericht auf ein 38 Seiten umfassendes Dokument, das in Kreisen der Trump-Regierung die Runde mache. Laut der Washington Post sieht der Gaza-Plan Trumps vor, die dortige Bevölkerung dazu zu bewegen, das Gebiet „freiwillig“ zu verlassen und in andere Länder umzusiedeln. Jeder Palästinenser, der bereit sei, den Gazastreifen zu verlassen, solle 5.000 Dollar (rund 4.280 Euro), und ein Jahr lang Lebensmittel erhalten, hieß es weiter. Es wird dort aber auch die Option erwähnt, die Menschen in abgesperrte Zonen zu bringen, während die Wiederaufbauarbeiten laufen.
Trump will Gaza übernehmen und in „Riviera des Nahen Ostens“ verwandeln
Nachdem die Bevölkerung den Gazastreifen verlassen hat, sieht Trumps Plan offenbar vor, die Infrastruktur in dem rund 365 Quadratkilometer großen Gebiet, das nach über zwei Jahren Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas nahezu vollständig zerstört ist, wieder aufzubauen. Finanziert von öffentlichen und privaten Investoren sollen Autofabriken, Rechenzentren und Strandresorts entstehen.
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Ein solches Vorhaben hatte Donald Trump selbst bereits vor einigen Monaten angedeutet. Während eines Besuchs in Israel sprach der US-Präsident an der Seite von Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu Anfang Februar davon, man könne den Gazastreifen übernehmen, um ihn dann in eine „Riviera des Nahen Ostens“ zu verwandeln. Seine Vision vom neuen Gaza zeigte Trump darüber hinaus in einem bizarren KI-Video, das den Küstenstreifen als Touristenparadies zeigte – inklusive eines Hochhauses namens „Trump Gaza“ und einem gut gelaunten Elon Musk.
Trumps Gaza-Plan hat schon einen Namen: GREAT Trust
Damals hatten das Video wohl nur die wenigsten ernst genommen. Nun aber scheint Trump Fakten im Israel-Krieg schaffen zu wollen. Unterstützung erhält er dabei wohl aus Jerusalem. Man sei „mit mehreren Ländern im Gespräch“, um umgesiedelte Bewohner des Gazastreifens aufzunehmen. Das sagte laut der Washington Post Regierungschef Netanjahu. Als Optionen genannt werden Äthiopien, Indonesien, Libyen, Somaliland und der Südsudan. Bis auf Indonesien, das vor kurzem seine Bereitschaft erklärt hatte, vorübergehend einige Tausend Menschen aus dem Gazastreifen aufzunehmen, liegen all diese Länder auf dem afrikanischen Kontinent und haben dort mit eigenen Konflikten und Notlagen zu kämpfen.
Sogar einen einprägsamen Namen für seinen Gaza-Plan soll Trump bereits haben: GREAT Trust (Gaza Reconstitution, Economic Acceleration and Transformation Trust). Der dürfte aber die zu erwartende internationale Kritik an dem Vorhaben nicht verhindern können. International dürfte Trumps Plan zur Deportation der gesamten Bevölkerung des Gazastreifens auf wenig Zustimmung treffen. Fachleute warnen laut der Nachrichtenagentur DPA vor den destabilisierenden Faktoren von massenhaften Umsiedlungen. Von Fragen der Logistik und der Finanzierung eines solchen gigantischen Vorhabens ganz abgesehen. Die Bundesregierung hat EU-Sanktionen gegen Israel kürzlich erst abgelehnt. Einer massenhaften Umsiedlung der Palästinenser dürfte aber auch Friedrich Merz kaum zustimmen können.
Trumps Gaza-Plan wird zum Zündstoff in den eigenen Reihen
Doch auch innerhalb der eigenen Reihen könnte Donald Trumps Plan zum Zündstoff werden. Innerhalb der Republikaner mehren sich die kritischen Stimmen gegenüber Netanjahu und seiner Regierung. Als großer Fürsprecher Israels im engsten Kreis von Trump gilt dagegen Jared Kushner. Der Ehemann von Trumps Tochter Ivanka Trump hatte sich in der ersten Amtszeit seines Schwiegervaters im Nahostkonflikt engagiert und zur Unterzeichnung der „Abraham-Abkommen“ beigetragen, die die Beziehungen zwischen Israel und mehreren arabischen Staaten normalisieren sollen. Kushner gilt als bestens vernetzt in der Region, unter anderem mit dem saudischen Königshaus. Doch auch dürften die jetzigen Pläne der Trump-Administration kaum auf Zustimmung treffen.
Die Abraham-Abkommen erklärt
Die Abraham-Abkommen sind ein multilaterales Abkommen, das am 15. September 2020 im Weißen Haus unterzeichnet wurde. Es soll die Beziehungen Israels und der arabischen Welt verbessern und in einem ersten Schritt diplomatische Beziehungen etablieren. Als Chefberater von US-Präsident Donald Trump war Jared Kushner maßgeblich an den vier Verhandlungsrunden beteiligt.
Mittlerweile wurde es von Israel, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Bahrain, den USA, Marokko und dem Sudan unterzeichnet. Die Abraham-Abkommen führten dazu, dass diese arabischen Länder – als erste seit Jordanien 1996 – Israel formal anerkannten. Außerdem vereinbarte man wirtschaftliche und sicherheitspolitische Kooperationen, die bislang aber nicht umgesetzt wurden. Die zweite Trump-Administration befindet sich laut eigenen Aussagen in Verhandlungen mit Saudi-Arabien, Syrien und dem Libanon, um sie zur Unterzeichnung der Abraham-Abkommen zu bewegen.
Dasselbe gilt für einen großen Teil von Trumps treuesten Unterstützern. Die Basis seiner MAGA-Bewegung selbst gilt seit jeher als eher israelkritisch. Der hatte Trump versprochen, die USA aus den ewigen Kriegen zu ziehen und ihr Geld nicht mehr für Projekte im Ausland auszugeben. Sein Plan für Gaza spricht aber eine andere Sprache.