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Die Polizei räumt am Dienstag das besetzte Haus im Gallus. Die Pro-Palästina-Aktivist:innen hatten das Gebäude seit Juli für ihre Zwecke genutzt.
Update von 16.24 Uhr: Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) bezeichnete die Räumung als „längst überfällig“ und übte scharfe Kritik am Vorgehen der Stadt. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Stadt als Eigentümerin die Besetzung so lange geduldet hat“, erklärte der Minister.
Der Polizeieinsatz dauerte bis zum Mittag und konzentrierte sich auf die Sicherung des Gebäudes sowie weitere Ermittlungen. Nach Angaben eines Polizeisprechers befanden sich keine Personen mehr im relevanten Bereich des Erdgeschosses. Im Anschluss an die Räumung versammelten sich etwa zwei Dutzend Menschen mit pro-palästinensischen Transparenten an einem improvisierten Infostand in der Nähe.
Beamte einer spezialisierten Einheit der Polizei dringen in ein besetztes Haus im Gallusviertel in Frankfurt ein. Seit Mitte Juli war das Haus im Stadtteil Gallus besetzt. © Boris Roessler/dpaInnenminister Poseck: „Fragwürdiges Verhalten der Stadt“ – Baudezernentin Weber reagiert
Poseck warf der Stadt vor, mit ihrer Haltung Antisemitismus und Israelhass den Weg geebnet zu haben. „Das Ladenlokal wurde über Wochen als ‚Internationalistisches Zentrum (IZ)‘ genutzt und unter anderem mit einer Palästina-Flagge, Antifa-Flagge sowie mit mehreren Transparenten ausgestattet, auf denen auch zu lesen war: ‚Palästina darf sich wehren mit Steinen und Gewehren‘“, führte der Innenminister aus. Dies sei „ein erschreckender Vorgang, der nicht nur für die vielen Jüdinnen und Juden, die hier in Frankfurt wohnen, unerträglich ist.“ Das „fragwürdige Verhalten der Stadt“ habe laut Poseck auch der Polizei das Handeln erschwert, da eine Räumung erst nach Stellung eines Strafantrags möglich sei. Dieser sei viel zu spät und erst nach heftiger Kritik sowie öffentlichem Druck gestellt worden.
Baudezernentin Weber reagierte nicht direkt auf die Vorwürfe. In einem gemeinsamen Statement mit Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) räumte sie jedoch ein, dass es kein vertretbarer Zustand sei. „Dass die Stadt im Sinne des Milieuschutzes Immobilien ankauft und diese nicht schnellstmöglich wieder dem Markt zur Verfügung stellt, ist kein vertretbarer Zustand. Die Initiative hat insofern auf einen wichtigen Punkt hingewiesen“, erklärte Weber. Sie betonte jedoch: „Mir geht es allerdings immer darum, Probleme zu lösen, und nicht nur darum, diese schnell wieder von der Tagesordnung zu streichen.“
Erstmeldung von Dienstag, 2. September, 9.03 Uhr: Die Polizei hat am frühen Dienstagmorgen gegen 7.10 Uhr mit der Räumung eines besetzten Hauses in der Lahnstraße 1 im Frankfurter Stadtteil Gallus begonnen. Mehrere Personen hatten seit dem 12. Juli leerstehende Räume im Erdgeschoss des mehrstöckigen Gebäudes besetzt. Die Stadt Frankfurt als Eigentümerin stellte am 26. August Strafantrag wegen Hausfriedensbruch.
Auf dem Kurznachrichtendienst X schrieb die Frankfurter Polizei gegen 8.20 Uhr: „In den besetzten Räumlichkeiten im Erdgeschoss wurden keine Personen angetroffen. Wir bleiben vor Ort bis die Stadt Frankfurt als Eigentümerin das Objekt gesichert hat.“
Das Internationalistische Zentrum belebt die Lahnstraße im Frankfurter Gallus © Rainer Rüffer/Rainer RüfferBeamten setzen bei Räumung von besetztem Haus auf Deeskalation
Zahlreiche Einsatzkräfte sind vor Ort, nachdem der Einsatz nach Polizeiangaben intensiv vorbereitet wurde. Die Beamten setzen nach eigener Darstellung auf eine deeskalierende, kommunikative und transparente Vorgehensweise. Dabei stehe die Sicherheit aller Beteiligten im Mittelpunkt – sowohl der Besetzenden als auch der eingesetzten Polizeikräfte .Im Bereich der Lahnstraße und Kleyerstraße kommt es aufgrund der Räumungsmaßnahmen zu Verkehrsbeeinträchtigungen.
Die Aktivist:innen des „Internationalistischen Zentrums“ (IZ) auf den Leerstand und die Mietpreiserhöhungen in Frankfurt aufmerksam machen. Gleichzeitig wollten sie Platz für einen Palästina-solidarischen Diskurs schaffen. Über diese Motivation gab es unterschiedliche Auffassungen. Bei der „IZ“ ging man davon aus, dass die Räumung politisch motiviert sei.
Stadt Frankfurt will Räume für Quartiersmanagement nutzen
Die Stadt hatte die Besetzung zunächst geduldet, möchte dort nach eigenen Angaben nun aber Räume für das Quartiersmanagment unterbringen. Zudem hatten Unbekannte eine Tür des besetzten Gebäudes von außen in Brand gesetzt. Verletzt wurde bei dem Feuer nach Angaben der Polizei niemand. (esa/dpa)