Die zum Teil spektakulären Fluchtversuche von DDR-Bürgern über die Berliner Mauer und die Landgrenze zur Bundesrepublik sind 36 Jahre nach dem Ende der DDR gut erforscht. Jetzt erscheint dank eines Greifswalder Forscherteams ein Buch zu den bislang wenig untersuchten Fluchtversuchen über die Ostsee.
5600 Fluchtversuche über die Ostsee gewagt
„Bis zur Grenzöffnung 1989 etwa 5600 Personen einen Fluchtversuch über die Ostsee gewagt“, sagte der Greifswalder Politikwissenschaftler Prof. Hubertus Buchstein dem Nordkurier zum Start der Projektarbeit. Rund 80 Prozent von ihnen seien bei dem Versuch verhaftet worden. Vermutlich 913 Menschen, also etwa 16 Prozent, sei die Flucht über die Ostsee gelungen.
Henning Hochstein (l-r) und Jenny Linek haben zusammen mit weiteren Wissenschaftlern der Universität Greifswald tödliche DDR-Fluchten über die Ostsee erforscht. (Foto: Stefan Suer/dpa)
Das Forschungsprojekt der Universität Greifswald, aus dem jetzt das Buch „Tödliche Ostseefluchten aus der DDR 1961-1989“ entstanden ist, widmete sich vorrangig denjenen, die bei ihrem Fluchtversuch ums Leben gekommen sind. „Mindestens 174 Flüchtlinge fanden dabei den Tod“, berichtete Buchstein bereits vor sechs Jahren der Redaktion. Ihre Leichen seien an die Strände zwischen Fehmarn, Rügen und Dänemark gespült oder im Meer in Fischernetzen gefunden worden.
Buch als Gedenken an die gestorbenen Flüchtenden
Die Ostsee war also nicht nur beliebtes Urlaubsziel der DDR-Bürger, sondern auch Schauplatz oft tragischer Fluchtversuche und Ausdruck des perfiden Grenzregimes der SED. Die überwiegend jungen Flüchtlinge, die den extrem gefahrvollen Weg über das Wasser nahmen und dabei zu Tode kamen, flohen aus einer Vielzahl unterschiedlicher Gründe. Ihnen gebührt ein Gedenken, zu dem dieses Buch beitragen soll, heißt es in der Einladung für die Buchpräsentation des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege.
Die Buchpremiere „Tödliche Ostseefluchten aus der DDR 1961-1989“ findet am 23. April 2025 um 18.30 Uhr in der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern Günther Uecker statt. Mit Moderator Jochen Schmidt von der Landeszentrale für politische Bildung diskutieren neben dem Leiter des Forschungeprojektes Prof. Buchstein auch Dr. Jenny Linek, Merete Peetz und Jane Gerhardt, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen im Forschungsprojekt, und Bettina Martin, Ministerin für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten. Es ist keine Anmeldung erforderlich. Der Eintritt ist frei.