Die bulgarische Regierung hat nach der Störung eines Flugs von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen durch sogenanntes GPS-Jamming Vorwürfe gegen Russland erneuert.
Ministerpräsident Rossen Scheljaskow sprach bei einem Auftritt in der Hafenstadt Burgas am Schwarzen Meer von elektronischer Kriegsführung und nannte als Hintergrund den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Störungen dieser Art passierten täglich – „von Helsinki über das Schwarze Meer … bis nach Tripolis“.
Nach Angaben von Scheljaskow wird es deswegen auch keine eigenen Ermittlungen zu dem Vorfall mit dem Flugzeug mit von der Leyen an Bord geben. Flutlotsen hätten laut Protokoll keine Fehler gemacht, erklärte er. Störungen wie diese würden „nicht als hybride Bedrohungen oder Cyberbedrohungen“ eingestuft.
Der Zwischenfall auf dem Flug von der Leyens von Polen nach Bulgarien war am Montag von der EU-Kommission bestätigt worden. Nach Angaben einer Sprecherin kam es zu einem sogenannten GPS-Jamming. Zudem teilte die Sprecherin mit, dass die bulgarischen Behörden vermuteten, dass Russland hinter der Attacke stecke.
Was ist GPS-Jamming?
Beim GPS-Jamming werden Signale des satellitenbasierten Navigationssystems GPS gezielt gestört oder blockiert. Das Flugzeug kann die satellitengestützte Navigation dann nicht mehr nutzen. Von solchen Vorfällen berichten viele Piloten, die im Ostseeraum unterwegs sind, ebenso Schiffskapitäne und sogar Landwirte in Ostfinnland, deren Maschinen GPS-gesteuert werden.
Mutmaßlicher Verursacher ist das russische Militär. Seit Beginn des Ukrainekriegs haben die Störungen erheblich zugenommen. Auch anderswo treten sie in Krisenregionen gehäuft auf, etwa im östlichen Mittelmeerraum oder an der indisch-pakistanischen Grenze. Einen aktuellen Überblick liefert die Online-Karte „GPSJAM“.
Für Ursula von der Leyen (66) und die anderen Mitreisenden endete der Zwischenfall glimpflich. Ihr Charter-Flugzeug konnte demnach am Ende sicher in der Stadt Plowdiw landen. Von dort aus fuhr die Kommissionspräsidentin zu einem Treffen mit Ministerpräsident Rossen Scheljaskow und besuchte das größte staatliche Rüstungsunternehmen. Der Trip war Teil einer mehrtägigen Tour von der Leyens in Länder im Osten und Norden der EU.
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Als ein möglicher Hintergrund der Attacke wurde in Brüssel genannt, dass es bei den politischen Gesprächen auf der Tour vor allem um Abschreckungs- und Verteidigungsinitiativen gegen Russland gehen sollte. Bulgarien spielt zudem auch als Waffenlieferant für die ukrainischen Streitkräfte eine Rolle. Nach Angaben von der Leyens kamen zu Beginn des russischen Angriffskrieges ein Drittel der Lieferungen aus dem Land am Schwarzen Meer.
Im damaligen kommunistischen Ostblock galt Bulgarien als Moskaus treuster Verbündeter und noch heute gibt es Unterstützer. Vor der Ankunft von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen protestierten Anhänger prorussischer Parteien gegen ihren Besuch.
Vorfälle auch in anderen Ländern
Die Sprecherin der EU-Kommission sagte zu dem GPS-Jamming, Vorfälle wie dieser stärkten nur die Entschlossenheit, die Verteidigungsfähigkeiten auszubauen und die Unterstützung für die Ukraine zu verstärken. Man sei sich bewusst, dass Drohungen und Einschüchterungen ein regelmäßiger Bestandteil von Russlands feindlichem Vorgehen seien.
Zum genauen Ablauf des Angriffs gab es von der EU-Kommission zunächst keine genauen Angaben. Nach einem Bericht der „Financial Times“ musste der Charter-Jet mit von der Leyen wegen der Störung rund eine Stunde länger als geplant in der Luft bleiben. Dann habe der Pilot die Entscheidung getroffen, manuell mit Hilfe analoger Karten in der Stadt Plowdiw zu landen, hieß es.
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Die Störung der GPS-Satellitennavigation durch Russland ist grundsätzlich nicht neu. So bestellte Estland bereits im vergangenen Jahr deswegen den Geschäftsträger der russischen Botschaft in Tallinn ein. Damals hatten GPS-Störungen sogar dazu geführt, dass zeitweise der Flugverkehr zwischen Finnlands Hauptstadt Helsinki und Estlands zweitgrößter Stadt Tartu eingestellt werden musste. (dpa)