Stand: 02.09.2025 13:05 Uhr
Nach Druck von Gerichten durften sie nach Deutschland reisen: In Hannover sind am Montag zwei Flugzeuge mit Menschen aus Afghanistan gelandet. Rund 2.300 weitere sitzen trotz Aufnahmezusage noch in Pakistan fest.
Die 47 Afghaninnen und Afghanen aus dem Bundesaufnahmeprogramm kamen nach monatelangem Warten in Pakistan in Deutschland an. Sie alle haben eine Aufnahmezusage und hatten vor deutschen Gerichten geklagt. Nun wurden sie von Islamabad über Istanbul nach Hannover ausgeflogen. Deutsche Behörden hatten die Einreise organisiert. Am Montagnachmittag landete zunächst eine Maschine mit 45 Schutzbedürftigen an Bord – darunter 17 Frauen und 20 Kinder – am Flughafen in Langenhagen. Am Montagabend kamen dann noch zwei weitere Afghaninnen und Afghanen mit dem Flugzeug in Hannover an. Die beiden hatten nach Informationen von NDR Niedersachsen zuvor ihren Flug von Istanbul nach Hannover verpasst.
Hunderte Menschen warten mit Ausreisezusage in Pakistan
Die am Montag in Hannover Gelandeten gehören zu den rund 2.350 Menschen, denen Deutschland nach der Machtübernahme der Taliban im August 2022 Schutz zugesagt hatte. Sie alle gehören zur Zivilgesellschaft in Afghanistan und haben sich für Werte wie Demokratie und Menschenrechte eingesetzt – unter ihnen Frauenrechtlerinnen, Richterinnen, Journalisten und Gynäkologinnen. Nach der erneuten Machtübernahme der Taliban 2021 waren sie deshalb akut gefährdet, daher das Bundesaufnahmeprogramm der damaligen Bundesregierung.
Die neue Bundesregierung hatte das Aufnahmeprogramm trotz bereits erteilter Zusagen gestoppt und vor Gericht verloren.
Festnahmen in Pakistan trotz Aufnahmezusage
Die Lage in Pakistan hatte sich zuletzt dramatisch verschlechtert. Nach Angaben der Bundesregierung wurden in den vergangenen Wochen rund 450 Afghaninnen und Afghanen mit Aufnahmezusage von pakistanischen Behörden festgenommen. Mehr als 200 von ihnen wurden ohne Dokumente nach Afghanistan abgeschoben, darunter auch eine afghanische Gynäkologin mit ihren vier Kindern. Zuvor hatte sie ihre Wartezeit in Pakistan genutzt, um sich und ihren Kindern Deutsch beizubringen. Sie appelliert an die Bundesregierung: „Wir haben uns für Demokratie und Menschenrechte eingesetzt. Bitte lassen Sie uns nicht zurück in die Dunkelheit fallen.“ Viele Schutzsuchende leben unterdessen in Pakistan in ständiger Angst vor Verhaftungen. Am Montag kündigte Pakistan neue Razzien an.
Zehn afghanische Familien dürfen aus Pakistan nach Deutschland ausreisen. Alle haben schon lange Aufnahmezusagen, saßen aber über Monate fest. Am frühen Nachmittag werden sie in Hannover erwartet. Von P. Hornung.
Gerichte sehen Bundesregierung in der Pflicht
Mehrere Verwaltungsgerichte hatten in den vergangenen Wochen entschieden, dass die Bundesregierung rechtlich verpflichtet ist, die erteilten Aufnahmezusagen umzusetzen. In Einzelfällen drohten die Richter sogar Zwangsgelder in Höhe von 10.000 Euro an, sollte das Auswärtige Amt die Visa nicht bis Anfang September erteilen. In einigen Fällen hatte das Auswärtige Amt zunächst beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Beschwerde eingelegt, diese dann aber teilweise zurückgezogen.
Obwohl sie nach der Machtübernahme der Taliban eine Aufnahme-Zusage hatten, saßen sie monatelang fest. Nun dürfen sie einreisen.
Neuanfang für 47 Menschen aus Afghanistan in Friedland
Während die Lage vieler Schutzsuchender in der Region zwischen Islamabad und Kabul weiterhin prekär bleibt, bedeutet für die 47 Afghaninnen und Afghanen die Einreise nach Deutschland Sicherheit und einen Neuanfang. Sie werden nun zunächst ins Grenzdurchgangslager Friedland (Landkreis Göttingen) gebracht und von dort dann weiter verteilt.
02.09.2025 10:38 Uhr
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, dass viele der in Hannover angekommenen Menschen für deutsche Organisationen tätig waren, darunter auch Ortskräfte. Das ist nicht korrekt. Sie alle gehören zur Zivilgesellschaft in Afghanistan und haben sich für Werte wie Demokratie und Menschenrechte eingesetzt. Zudem haben wir die Anzahl der am Montag in Hannover angekommenen Menschen sowie die Gesamtzahl der Menschen, denen Deutschland Schutz zugesagt hatte, korrigiert.
Die deutschen Aufnahmezusagen müssten eingehalten werden, sagte Eva Beyer von der Initiative auf NDR Info. In Pakistan warten noch 2.300 Afghanen auf die Ausreise.
47 Menschen dürfen aus Pakistan nach Deutschland ausreisen. Alle haben schon lange Aufnahmezusagen, saßen aber über Monate fest.
Das entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg im Fall einer Familie, die derzeit in Pakistan lebt.
Das Auswärtige Amt hat eine Frist verstreichen lassen, um Afghanen mit Aufnahmezusage die Einreise zu ermöglichen. Nun müsse das Ministerium damit rechnen, dass das Gericht ein Zwangsgeld verhängt, berichtet die Welt.
Auch Jahre nach der Machtübernahme der Taliban warten tausende Afghanen mit Aufnahmezusagen weiter auf ihre Ausreise nach Deutschland. In Pakistan drohen Festnahmen und Abschiebungen. Ruth Kirchner hat mit Betroffenen gesprochen.
Besonders gefährdete Afghanen können über das Bundesaufnahmeprogramm nach Deutschland kommen. Bisher sind so 860 Menschen eingereist. Andere warten darauf seit Monaten – unter schwierigen Bedingungen. Von Michael Brandt.
Die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts zeigt: Die Regierung bricht nicht nur das Wort gegenüber gefährdeten Menschen, meint Max Bauer. Sie missachtet auch den Rechtsstaat in Deutschland.