Was im Nordatlantik derzeit vor sich geht, beschreiben norwegische Militärs als eine Art Katz- und Mausspiel. Jeden Tag seien dort russische U-Boote aktiv, die man versuche zu beobachten. An manchen Stellen, etwa der Bären-Lücke zwischen Spitzbergen und dem norwegischen Festland, oder auch im Bereich der GIUK-Lücke zwischen Grönland, Island und Schottland fällt dieses Beobachten vergleichsweise leicht, da das Meer dort nicht so tief ist.

Schwieriger ist es in den tiefen Meeresgebieten dazwischen. Russlands Aktivitäten nehmen im Nordatlantik seit Jahren zu. Sollte Russland die NATO wie von westlichen Militärs angenommen in wenigen Jahren im Baltikum testen, würde es wohl auch versuchen, Nachschubwege im Nordatlantik zu blockieren. Zugleich steigt die Bedeutung der Region, da aufgrund des Klimawandels Schifffahrtswege und Ressourcen in der Arktis frei werden.

Deswegen rüstet Norwegen im maritimen Bereich nun massiv auf. Seine U-Boot-Flotte verstärkt es mit dem Kauf von vier U-Booten in Deutschland. Schon vor Jahren wurde hier der Grundstein für eine intensive Kooperation gelegt. Die sieht vor, dass beide Staaten Schiffe kaufen, dass die Wartung gemeinsam erfolgt und dass die Besatzungen im Notfall austauschbar sind. Aus Osloer Sicht eine ideale Partnerschaft.

Besonders enge Verteidigungskooperation

Diese will man kopieren im Bereich der Fregatten und hat dafür zuletzt nach einem geeigneten Partner gesucht. Infrage kamen die USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland. Nun hat sich Norwegen entschieden: Die Marine bestellt fünf neue Fregatten vom Typ 26 in Großbritannien, die bei BAE Systems in Glasgow gebaut werden sollen. Die Bestellung soll ein Volumen von umgerechnet rund zwölf Milliarden Euro haben.

Durch den Kauf entsteht eine norwegisch-britische Flotte von dreizehn gleichen Fregatten zur U-Boot-Abwehr im Nordatlantik. Norwegen und Großbritannien pflegen innerhalb der NATO schon viele Jahre lang eine besonders enge Verteidigungskooperation. Das britische Verteidigungsministerium gab an, es handele sich um „den größten Kriegsschiffauftrag“, den britische Werften je im Ausland geschlossen hätten, dies stelle ein „großes Vertrauensvotum“ in die Werftarbeiter und die britische Verteidigungsindustrie dar. Norwegens Ministerpräsident Jonas Gahr Støre sagte, bei der Entscheidung sei es um die Fragen gegangen, wer der beste strategische Partner bei dem Kauf sei und ob dieser eine wettbewerbsfähige Fregatte liefern könne.

Ortung und Bekämpfung von U-Booten

In Oslo war die Entscheidung für Großbritannien erwartet worden. Gegen Deutschland sprach, dass man mit der Bundesrepublik schon beim U-Boot-Bau und -Betrieb intensiv kooperiert und man, wie es in Oslo heißt, „nicht alle Eier in einen Korb“ legen wollte. Gegen die USA sprach wohl die Unsicherheit über die Tragfähigkeit der Partnerschaft, sprich Donald Trump. Der Kauf von Frankreichs Fregatten galt als möglich. Präsident Emmanuel Macron hatte kürzlich eine Charmeoffensive unternommen: Bei einem Staatsbesuch in Oslo warb er für den Kauf französischer Fregatten und versicherte auf Norwegisch: „Ja, wir lieben dieses Land.“ Der Satz ist Titel der norwegischen Nationalhymne.

Dass sich Oslo nun für Großbritannien entschied, hat laut Fachleuten vor allem damit zu tun, dass dieses als Insel sehr ähnliche Herausforderungen in Bezug auf Russlands Vorgehen im Nordatlantik hat. Und dass die britischen Fregatten speziell zur Ortung und Bekämpfung von U-Booten entwickelt wurden.

Norwegen ist Gründungsmitglied der NATO und war im Kalten Krieg potentieller Frontstaat des Bündnisses; seit Langem versucht es sich daher in einer sehr eigenen Mischung aus Abschreckung und Rückversicherung gegenüber Russland. So kooperieren die beiden Staaten etwa weiterhin beim Fischfang. Auch hält Norwegen weiterhin an einigen Vorgaben selbst auferlegter militärischer Zurückhaltung fest, so lässt es etwa keine Übungen von Alliierten in bestimmten Gebieten der Finnmark zu. Zugleich hielt das Land auch nach dem Ende des Kalten Kriegs die Verteidigungsausgaben vergleichsweise hoch. Derzeit sieht Støre Norwegen in der schwerwiegendsten sicherheitspolitischen Situation seit dem Zweiten Weltkrieg.

Hätte eine andere Entscheidung die Bindung zur EU verstärkt?

Norwegische Fachleute kritisierten nun allerdings die Entscheidung der Regierung. Diese sei aus technischer Sicht unklug, sagte etwa Tor Ivar Strømmen, Kapitän zur See an der Seekriegsschule, dem Sender NRK. Die französische Fregatte und teilweise auch die deutsche Fregatte seien leistungsfähiger. Weiterhin wurde in Oslo kritisiert, dass sich der Nicht-EU-Staat Norwegen mit einer Entscheidung für Frankreich enger an die sich rasch entwickelnde europäische Rüstungsindustrie hätte anbinden können. Angesichts der Abkopplung des wichtigsten sicherheitspolitischen Partners USA ringt Norwegen derzeit um einen Ausbau der Beziehungen zur EU. Zudem sei Frankreich in der Lage, die Schiffe rascher zu liefern, hieß es in Oslo.

Die Auslieferung der britischen Fregatten soll 2030 beginnen. Auch Kanada hat 15 Stück bestellt. Durch die insgesamt große Stückzahl erhofft man sich einen schnelleren Bau, niedrigere Preise und eine erleichterte Wartung. Der britische Verteidigungsminister John Healey sagte, das Abkommen zum Bau und Kauf der Schiffe, die in der Ausführung den britischen Fregatten möglichst gleichen sollen, werde dazu führen, dass die Marinen von Norwegen und Großbritannien „zusammen trainieren, operieren, abschrecken und wenn nötig auch zusammen kämpfen“. Das britische Verteidigungsministerium wies darauf hin, dass Russland in der jüngsten strategischen Einschätzung der britischen Streitkräfte, einer Art Weißbuch, als „die bedeutendste Bedrohung der Sicherheit nicht nur Großbritanniens, sondern der gesamten NATO“ eingeschätzt worden sei.

Eine zentrale Waffe in dieser Bedrohung stellten die russischen U-Boote im Nordatlantik dar. Ihr könnten die neuen Fregatten vom britischen Typ 26 begegnen. Von den acht bestellten britischen Fregatten sind bislang zwei vom Stapel gelaufen, sie werden gegenwärtig technisch ausgerüstet und sollen 2028 in Dienst gestellt werden.