Beauty, Gaming, Rap
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Wie die IFA junge Besucher gewinnen will
Mi 03.09.25 | 06:19 Uhr | Von Tabea Schoser
Bild: dpa/Koall
Staubsauger, Backöfen oder Fernseher gehören zur IFA dazu. 2025 will die Berliner Technologiemesse aber auch gezielt ein junges Publikum erreichen – mit Beauty Hub, E-Scootern und der Berliner Rapperin Ikkimel. Von Tabea Schoser
Seit knapp zwei Jahren steht die IFA unter neuer Leitung. Für Geschäftsführer Leif Lindner stehen die drei Buchstaben nicht mehr nur für „Internationale Funkausstellung“, sondern auch für „Innovationen für alle“. Dazu gehöre es auch, eine junge Zielgruppe anzusprechen, sagt Lindner.
Neue Themenfelder für die Generation Z
Zum ersten Mal richtet die IFA deshalb einen Bereich für Schönheit und Pflege ein. Der „Beauty Hub“ gehört zum Themenfeld Gesundheit. Dort werden Neuheiten rund um Haut-, Haar- und Körperpflege gezeigt. Ein Spiegel soll etwa Hauttypen analysieren und Anzeichen für Nährstoffmangel erkennen. Außerdem gibt es Haarpflegeprodukte, die mithilfe Künstlicher Intelligenz die Haarstruktur bestimmen. Ein Föhn kann so automatisch Temperatur und Aufsatz anpassen.
„Wenn man die Gen Z ansprechen möchte, musst du diese Themen spielen. Auch wenn man bei neuen Trends hier und da ins Risiko geht“, sagt IFA-Chef Leif Lindner. Inspiration holt er sich auf Messen in Asien und den USA.
Gaming wird ausgebaut – Mobilität ist neu bei der IFA
Auch der Bereich Gaming soll vor allem junge Menschen ansprechen und wird in diesem Jahr auf der IFA erweitert. Dass das funktioniert, zeigt die große Resonanz auf der Gamescom, der weltgrößte Computer- und Videospielmesse in Köln. Die IFA findet zwar nur zwei Wochen danach statt, doch die Leitung sieht darin keinen Widerspruch. Viele Geräte auf der Berliner Messe, wie Bildschirme oder Virtual-Reality-Brillen, sind ohnehin für Gaming gedacht und das passe gut zusammen. Tägliche Live-Übertragungen, Spielvorführungen und neue Kooperationen sollen zusätzlich Publikum anziehen.
Erstmals nimmt die IFA auch das Thema Mobilität ins Programm. Es geht aber nicht um Autos, sondern um sogenannte Mikromobilität. Dazu gehören zum Beispiel Segways, E-Roller und E-Fahrräder. Die sollen die Besucher auf einer Teststrecke ausprobieren können. „Das ist jetzt der Anfang, aber da muss mehr passieren“, sagt Lindner. Bisher spielte Mobilität auf der Messe keine Rolle, doch im Ausland sehe er, wie wichtig das Thema geworden ist.
Die IFA will stärker mit Influencern zusammenarbeiten. Die Zahl der Anmeldungen habe sich verdoppelt. Dafür gibt es das „Creator Hub“, das in diesem Jahr wächst. Influencer können dort streamen, Podcasts aufnehmen und direkt mit Marken ins Gespräch kommen. Die IFA erhofft sich, so ein junges Online-Publikum zu erreichen. Zusätzlich setzt die Messe auf fünf eigene „Botschafter“, die während der Messetage in ihren sozialen Netzwerken berichten.
Technische Innovation im Laufe der Zeit
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Am 4. Dezember 1924 öffnet die erste „Große Deutsche Funkausstellung“ am Messedamm in Berlin-Westend ihre Tore. Damals präsentieren 242 Ausstellende die neuesten technischen Innovationen, darunter Detektorgeräte und Röhrenempfänger. Das Radio als Medium für die gesamte Bevölkerung ist damals die neueste Sensation.
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Eng mit der Geschichte der IFA ist auch seine verwoben: Der Berliner Funkturm wird ab 1924 gebaut und 1926 mit einem Essen im Restaurant eingeweiht.
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1928 erfolgt die erste Live-Fernsehübertragung in Deutschland. Die technische Revolution wird auf der Funkausstellung aber eher nüchtern präsentiert – es ist ein Gimmick für wenige. Bis der Fernseher den Weg in die Wohnzimmer der meisten Deutschen findet, vergehen noch Jahrzehnte.
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1930 steht Albert Einstein zur Eröffnung auf der Bühne. Ganz wie es seinem Naturell entspricht, hat der spätere Nobeltreisträger spöttische Worte übrig: „Sollen sich auch alle schämen, die gedankenlos sich der Wunder der Wissenschaft und Technik bedienen und nicht mehr davon geistig erfasst haben, als die Kuh von der Botanik der Pflanzen, die sie mit Wohlbehagen frisst.“ Er ebnet den Weg zu viel Prominenz auf der IFA.
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Nina Hagen etwa erscheint mit ihrem damaligen Ehemann, dem britischen Musiker Iroquois, und ihrer Tochter Cosma Shiva 1987 auf der Funkausstellung. Für Thomas Gottschalk besingen sie ihre eigene „Punkhochzeit“ auf Ibiza.
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Der amerikanische Soulsänger Barry White (im Bild) singt 1989 als Stargast bei der Eröffnungsshow. Und der britische Sänger und House-DJ Boy George gibt im selben Jahr Autogramme. Nicht zu vergessen Kevin Costner: Er hält sich 1995 zur Deutschlandpremiere des Films „Waterworld“ in der Spreemetropole auf und begrüßt seine Fans auf der IFA.
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2009 kommt Lady Gaga. Sie wirbt auf der Funkausstellung für Kopfhörer.
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Nach den Anfangsjahren 1924 bis 1939 findet die Ausstellung zunächst kriegsbedingt gar nicht und dann in anderen deutschen Städten statt. Erst 1961 findet sie wieder ihren Weg nach Berlin: Diesen Stereo-Plattenspieler präsentiert die „Deutsche Rundfunk, Fernseh- und Phono-Ausstellung“ 1961.
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Sechs Jahre später kommt das „trudelsichere“ Tonbandgerät auf den Markt. Das Batterie-Tonbandgerät kann bei Tonaufnahmen wie auch beim Abspielen bewegt werden.
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Am 25. August 1967 heißt es: ab jetzt in Farbe. Bundesaußenminister Willy Brandt löst auf der „Internationalen Funkausstellung“ mit einem Knopfdruck den offiziellen Start des Farbfernsehens in Deutschland aus. Zumindest offiziell, der Techniker ist einen Moment zu früh dran und so wird der Knopf schon kurz vorher rot.
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1971 ist die Fersehkomfort-Liege „Futura 2001“ der neueste Schrei. Das Komfort-Sofa von Philips hat eine Drucktasten-Bedienung für das eingebaute Fernsehgerät, für die schwenkbare Lehne, für eine ausfahrbare Lampe und einen Ventilator.
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1981 stellt der niederländische Philips-Konzern zusammen mit dem japanischen Elektronikriesen Sony im Jahr 1981 erstmals die Compact Disc (CD) der breiten Öffentlichkeit vor. Die CD revolutionierte die Musikindustrie. Sie leitete die Wende zu digitalen Abspieltechnologien ein.
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Dazu passend und revolutionär ist dieses Gerät, das 1985 vorgestellt wird: Ein tragbarer CD-Spieler, kombiniert mit Radiorekorder und abnehmbaren Lautsprechern. Batterien ermöglichen den netzunabhängigen Betrieb. Die Ära des Ghettoblasters erlebt ihren Höhepunkt.
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Vorher sah das Musikhören eher so aus. Diese Damen präsentieren 1963 ein Gerät der Firma Telefunken, das für stereophonischen Rundfunkempfang sorgt.
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1985 können sich Nachbarn von musikbegeisterten Mitbewohnern freuen. Kopfhörer sind bis heute im Trend.
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1991 sind Videokameras – die „Mini-Camcorder“ – beliebt, ihr Gewicht wird mit rund 580 Gramm weniger. Die Anfangsbuchstaben von Camera und Recorder bilden das Wort Camcorder. Auf dem deutschen Markt preisen 36 Anbietende über 280 Modelle an.
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Ab Mitte der 1990er stehen nicht mehr nur Radio- und Fernsehgeräte, sondern zunehmend auch digitale Medien und Geräte im Mittelpunkt der Schau. Wer möchte, kann 1995 erstmals Virtual-Reality-Brillen (VR-Brillen) testen.
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Rund zehn Jahre später wird die Wirkung der 360-Grad-Brille bei flotter Fahrt in einem Karussel verstärkt.
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In den 90er Jahren verpasste die Berliner Messe dann allerdings einen wichtigen Techniktrend: den Mobilfunk. Die ersten beiden digitalen Netze in Deutschland und das erste massentaugliche Mobiltelefon von Nokia wurden 1992 vorgestellt – aber nicht auf der IFA, denn in diesem Jahr gab es gar keine Funkausstellung. Erst 2006 wechselte die Messe auf einen jährlichen Rhythmus. Zu diesem Zeitpunkt war es aber schon zu spät, um Mobilfunkfachmessen wie in Barcelona oder Köln Konkurrenz zu machen.
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Bild: dpa/Florian Schuh
Auch in den vergangenen Jahren hat es die IFA versäumt, Trendthemen wie Elektromobilität oder autonomes Fahren aufzugreifen, wie dies der US-amerikanischen Konkurrenzveranstaltung CES in Las Vegas gelungen ist. 2018 kann man dafür mit den Segway Drifts über die Messe fahren.
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KI ist Thema bei der 100. Ausgabe der Internationale Funkausstellung (IFA). IFA soll ab 2024 aber auch die Abkürzung von „Innovation For All“ bedeuten. 2025 findet die Messe am Funkturm von 5. bis 9. September statt.
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Sendung: rbb24 Abendschau, 05.09.2025, 19:30 Uhr
Seit dem Leitungswechsel befindet sich die IFA im Umbruch, wie Sebastian Klöß vom Digitalverband Bitkom beobachtet. „Die IFA war vorher eher traditionell. Das hat funktioniert, aber konnte nach Corona nicht mehr da anknüpfen.“ Die Besucherzahlen zeigen das deutlich: 2018 kamen mehr als 250.000 Menschen, 2023 waren es noch rund 182.000. Zum 100-jährigen Jubiläum vergangenes Jahr waren es immerhin wieder 215.000 Besucherinnen und Besucher. Diese Zahl will die IFA erneut erreichen.
„Es gibt den Wunsch und auch die Notwendigkeit, mit neuen Themen wieder attraktiver zu werden“, sagt Sebastian Klöß. Gaming ist für ihn ein gutes Beispiel, bei dem es funktioniere, eine junge Zielgruppe anzusprechen.
Künstliche Intelligenz bleibt Leitmotiv
Neben den neuen Formaten zeigt die IFA auch ihre bekannten Schwerpunkte. Seit Jahren gehören Künstliche Intelligenz, Robotik und Smart-Home-Lösungen zu den Themen, die auf der Messe besonders präsent sind. Auch 2025 gilt KI als Top-Thema. Vernetzte Haushaltsgeräte sollen den Alltag erleichtern – vom Kühlschrank, der selbstständig einkauft, bis zum Backofen, der Garprozesse automatisch überwacht.
Spagat zwischen Tradition und Neuausrichtung
Mit mehr als 1.900 Ausstellern aus 138 Ländern bleibt die IFA eine zentrale Plattform für Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte. Besonders stark vertreten seien Aussteller aus China, Japan, Korea, USA und Großbritannien, hieß es.
Neben Technik im Inneren der Messehallen bespielt die IFA dieses Jahr wieder den Sommergarten und will kulturelles Angebot schaffen. Dort treten verschiedene Künstlerinnen und Künstler auf. Ein Highlight soll das Konzert der Berliner Rapperin Ikkimel am Samstag werden. Die Konzerttickets dafür gelten auch als Eintrittskarte für die Messe am selben Tag und soll zusätzliches Publikum locken.
Sendung: rbb24 Inforadio, 03.09.2035, 18:35 Uhr
Beitrag von Tabea Schoser