Ende August sind die Filmnächte auf dem Dach der Bundeskunsthalle gestartet. Jedes Jahr gibt es dort große Blockbuster und überraschende Arthausfilme zu sehen. Was wird diesmal geboten? Ein Überblick auf das Programm:
■ „In die Sonne schauen“: Filmkritiker waren Mitte Mai ein wenig sprachlos. Die zu diesem Zeitpunkt fast unbekannte Regisseurin Mascha Schilinski hatte es mit ihrem erst zweiten Spielfilm auf die Filmfestspiele von Cannes geschafft und den Preis der Jury erhalten. Eine kleine Sensation. Jetzt läuft das Drama „In die Sonne schauen“ bundesweit in den Kinos an. Unkonventionell zeichnet Schilinski eine epochale Familiengeschichte nach, verwebt die Schicksale vier junger Frauen zwischen den 1910er und 2020er Jahren. Auf einem abgeschiedenen Bauernhof erleben sie Leichtigkeit und Liebe, Schmerz und Gewalt. Welches unsagbare Trauma verbindet sie miteinander? (27. August)
■ „Die leisen und die großen Töne“: Mitten in der Orchesterprobe bricht Thibaut zusammen. Gerade noch dirigierte er die Egmont-Ouvertüre von Beethoven, dann liegt er plötzlich am Boden, fasst sich an den Kopf. Es folgt eine schwerwiegende Diagnose: Thibaut hat Leukämie. Auf der Suche nach einem Knochenmarkspender erfährt er, dass er adoptiert ist. Seine Schwester ist nicht seine Schwester, stattdessen hat er einen Bruder im Norden von Frankreich. Regisseur Emmanuel Courcol entspinnt eine bewegende Komödie um zwei unverhoffte Geschwister, die auf den ersten Blick wenig miteinander anfangen können. Wäre da nicht ihre gemeinsame Leidenschaft zur Musik. (28. August)
■ „Emilia Pérez“: Jacques Audiards Musical-Thriller sorgte Anfang des Jahres für Kontroversen. Die einen verehren ihn, andere sprechen vom „schlechtesten Film aller Zeiten“. Hinzu kam die Debatte um rassistische Äußerungen der Hauptdarstellerin Karla Sofía Gascón. Wer sich seine eigene Meinung bilden möchte: „Emilia Pérez“ erzählt die Geschichte eines mexikanischen Drogenbosses, der seine kriminelle Vergangenheit hinter sich lassen und ein neues Leben beginnen möchte. Und zwar als die Frau, die er tief in seinem Innern schon immer gewesen ist. (29. August)
■ „Like A Complete Unknown“: Fünf Jahre lang hat sich Schauspieler Timothée Chalamet auf diesen Film vorbereitet. Mit Erfolg: In der Rolle des jungen Bob Dylan hat er Kritiker und Publikum verzaubert. Regisseur James Mangold rekonstruiert Dylans Aufstieg wunderbar detailverliebt und taucht ins New York der frühen 1960er Jahre ein. Dort etabliert sich der 19-jährige Dylan wie aus dem Nichts in der Folkszene – und wird schon bald zum Sprachrohr einer Generation. (30. August)
■ Kurzfilmabend: Erneut hat das Filmfest Dresden eine Auswahl an Kurzfilmen für die Bonner Kinoreihe kuratiert. Die Mockumentary „Capriccio“ stellt Federwerk-Kameras in den Mittelpunkt, in der Satire „Gender Reveal“ eskaliert eine Party und in „Sylvie en liberté“ muss sich eine frisch entlassene Gefängnisinsassin alten Herausforderungen stellen. (31. August)
■ „Ein Tag ohne Frauen“: Island am 24. Oktober 1975: Als sich 90 Prozent aller Frauen weigern zu arbeiten, steht das Land still – im wahrsten Sinne des Wortes. Männer machen sich über sie lustig, manche beleidigen sie gar. Doch die Isländerinnen lassen sich nicht beirren, fordern vehement Gleichberechtigung ein. In einer klugen, humorvollen Dokumentation rollt Regisseurin Pamela Hogan die Vorgeschichte dieses Streiks auf. (1. September)
■ „Für immer hier“: Eunice und Rubens Pavia führen ein (vermeintlich) unbeschwertes Leben mit ihren fünf Kindern am Strand von Rio de Janeiro. Dann verschwindet Oppositionspolitiker Rubens im Jahr 1971 spurlos. Seine Familie gerät ins Visier der Militärdiktatur, wird überwacht, verhört und bedroht. Regisseur Walter Salles erzählt diese wahre Geschichte mit emotionaler Wucht. Sein Film über politische Gewalt, familiären Zusammenhalt und zivilen Widerstand erhielt einen Oscar. (2. September)
■ „Alice in den Städten“: Nach einer frustrierenden Reise durch die Vereinigten Staaten strandet der Journalist Philip Winter in Amsterdam – mitsamt der neunjährigen Alice, die er kaum kennt, aber zurück zu ihrer Großmutter nach Deutschland bringen soll. Wim Wenders’ Roadmovie aus dem Jahr 1973 ist eine entschleunigte Reise durch ein Westdeutschland voller Leerstellen. (3. September)
■ „Köln 75“: Vera Brandes ist ein Ausnahmetalent in der deutschen Jazzszene, organisiert bereits als Schülerin erste Tourneen für Musiker. 1975 scheint ihr das Unmögliche zu gelingen: Sie engagiert den legendären Pianisten Keith Jarrett für ein Konzert an der Kölner Oper – bis ernsthafte Probleme das Vorhaben gefährden. Die Komödie von Ido Fluk feierte ihre Premiere auf der diesjährigen Berlinale und war für den Deutschen Filmpreis nominiert. Eine Geschichte über Mut, Musik und eine junge Frau, die nicht fragt, ob sie darf – sondern einfach macht. (4. September)
■ „September 5“: München 1972: Palästinensische Terroristen überfallen das Quartier der israelischen Olympia-Mannschaft. Tim Fehlbaums Thriller zeichnet das Attentat nach, nicht aus Täter- oder Opferperspektive, sondern aus Sicht eines US-amerikanischen Fernsehteams. Während die Geiselnahme draußen eskaliert, suchen die Journalisten im Studio nach der richtigen Tonlage. Ein Kammerspiel über Ethik, Eilmeldungen und die Frage: Wie nah darf man ran, wenn Menschenleben in Gefahr sind? (5. September)
■ „Der Brutalist“: László Tóth überlebte den Holocaust, wanderte in die Vereinigten Staaten aus – und baute sich mit Beton und Visionen ein neues Leben. Regisseur Brady Corbet erzählt die fiktive Biografie eines Architekten als monumentales Epos über Macht, Trauma und den Preis des Fortschritts. Adrien Brody brilliert in der Hauptrolle, die Bilder sind gewaltig, der Ton düster. „Der Brutalist“ ist kein leichter Film, aber einer, der lange im Gedächtnis bleibt. (6. September)
■ „Konklave“: Nach dem Tod des Papstes beginnt unverzüglich das Ringen um seine Nachfolge. Hinter verschlossenen Türen entfaltet sich ein Machtspiel aus Intrigen und Eitelkeiten. Edward Berger inszeniert das vatikanische Machtgefüge als dichten Thriller, der mit Ralph Fiennes, Stanley Tucci, John Lithgow sowie Isabella Rossellini herausragend besetzt ist. (7. September)